CDU und Gewerkschaften:Ein Abendessen mit dem DGB

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Friedrich Merz und DGB-Chefin Yasmin Fahimi im vergangenen Jahr bei einer Konferenz mit Betriebsräten in der CDU-Zentrale. (Foto: Frederic Kern/Imago)

CDU-Chef Friedrich Merz gilt vielen Wählern eher als Anwalt der Unternehmer als der Beschäftigten. Das soll sich jetzt ändern.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es sind Zahlen, die jedem CDU-Wahlkämpfer den Angstschweiß auf die Stirn treiben müssen. Bei der letzten Bundestagswahl haben nur noch 22 Prozent der Angestellten die Union gewählt. Unter den Arbeitern waren es mit 23 Prozent unwesentlich mehr. Für eine Partei, die so stark werden will, dass sie das Kanzleramt zurückerobern kann, sind das viel zu wenig. Das weiß auch Friedrich Merz.

Aber der CDU-Chef hat ein Problem. Er gilt vielen immer noch eher als Anwalt der Unternehmen denn als Anwalt der Beschäftigten. Merz hat für die Investmentgesellschaft Blackrock gearbeitet. Er war Vizepräsident des CDU-Wirtschaftsrats. Mit dem Arbeitnehmerflügel seiner Partei hatte er dagegen nicht viel zu tun.

Karl-Josef Laumann soll CDU-Vize werden

Doch inzwischen gibt es in der CDU Bewegung. Auf dem Bundesparteitag Anfang Mai soll Karl-Josef Laumann zum stellvertretenden CDU-Chef gewählt werden. Der gelernte Maschinenschlosser gilt als das soziale Gewissen seiner Partei. Er ist schon seit fast 20 Jahren Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) - so heißt der Arbeitnehmerflügel offiziell. Außerdem hat die CDU-Spitze bereits im vergangenen Jahr Betriebsräte zu einer großen Konferenz ins Konrad-Adenauer-Haus geladen. Und an diesem Mittwoch soll es in der Parteizentrale ein Gespräch des CDU-Präsidiums mit DGB-Chefin Yasmin Fahimi und den Spitzen der DGB-Einzelgewerkschaften geben.

Eingeladen zu dem Treffen samt Abendessen hat Merz - es soll um 20 Uhr beginnen. Mit den Gewerkschaften gebe "es mal größere und mal weniger große Übereinstimmungen", hat Merz am vergangenen Wochenende in einer Rundmail geschrieben. Bei dem Treffen am Mittwoch dürfte es aber auch um die Punkte gehen, bei denen es keine Übereinstimmung gibt. Die Gewerkschaften befürchten zum Beispiel Einschränkungen des Streikrechts. Merz hatte im März "Streikexzesse" beklagt.

Bereits verkündbare Ergebnisse werden bei dem Treffen am Mittwochabend nicht erwartet. Im Arbeitnehmerflügel begrüßt man die Entwicklung trotzdem. "Ich freue mich, dass ein Austausch mit den Gewerkschaften auch jenseits der CDA stattfindet", sagt der stellvertretende CDA-Bundesvorsitzende Dennis Radtke. Gerade im Bereich der Industriearbeiter gebe es "eine gewaltige Repräsentationslücke, weil die SPD seit Jahren grüner als die Grünen ist". Diese Lücke müsse die CDU jetzt selbstbewusst besetzen. "Das muss man allerdings auch wollen und etwas dafür tun", verlangt Radtke. Bei den Industriejobs sei man "da inhaltlich auf dem Weg" - in anderen Bereichen sei "die Wegstrecke aktuell noch deutlich länger".

Der Arbeitnehmerflügel fordert einen "Industrial Deal"

Die CDA hat deshalb einen Antrag für den CDU-Bundesparteitag geschrieben, Radtke hatte die Federführung. "Industrieland retten, Arbeitsplätze erhalten, Staatseinnahmen sichern" steht über dem Antrag. Die Facharbeiter und Angestellten in der Industrie würden "als angestellter Mittelstand die arbeitende Mitte" bilden, heißt es in dem Papier. Jeder Industriearbeitsplatz, der verloren gehe, bedeute "eine Schrumpfung der Mittelschicht und damit eine Stärkung populistischer und demokratiefeindlicher Kräfte von Rechts und Links". Deshalb müsse die nächste EU-Kommission ihren "Green Deal" um einen "Industrial Deal" ergänzen. Und deshalb müssten in Deutschland die Energie- und Stromkosten stabilisiert, die Netzentgelte gesenkt, die Infrastruktur verbessert und der Fachkräftebedarf der Industrie gesichert werden. Außerdem dürfe es keine "Hauruckpolitik" mehr geben, die Unternehmen und Gesellschaft überfordere.

Diese Forderungen dürften den Gewerkschaften gefallen. DGB-Chefin Fahimi war im vergangenen Jahr bei der Betriebsrätekonferenz schon einmal in der CDU-Zentrale. Die hohen Energiekosten, die unzureichende Infrastruktur und die fehlenden Fachkräfte, das seien auch Themen, die sie umtreiben, hat Fahimi damals gesagt.

Die DGB-Chefin hat damals allerdings auch klargemacht, dass ihr Vertrauen in die Vernunft und die Fairness von Unternehmern erheblich kleiner ist als das von Merz. Bei der Digitalisierung habe die Unternehmensseite "ganz viel verpennt", sagte Fahimi. Und manche Geschäftsmodelle - etwa in der Fleischindustrie oder bei den Lieferdiensten - hätten nur darauf beruht, dass man billige Arbeitskräfte ausnutzen kann.

Es gibt am Mittwochabend also einiges zu besprechen - zwischen der CDU und den Gewerkschaften.

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