Extremismus:„Vereinte Patrioten“: Festnahme im Kreis Mettmann

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"Vereinte Patrioten" ist während eines Pressestatements auf einem Bildschirm zu lesen. (Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa/Archiv)

Sie wollten wohl Bundesgesundheitsminister Lauterbach entführen und einen bundesweiten Stromausfall herbeiführen. In Koblenz stehen Angehörige einer „Reichsbürger“-Gruppe vor Gericht. In Nordrhein-Westfalen gab es eine Festnahme.

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Mettmann (dpa/lnw) - Mit einer Festnahme im Kreis Mettmann hat die Polizei am Dienstag die bundesweiten Ermittlungen gegen die mutmaßliche Terrorgruppe „Vereinte Patrioten“ fortgesetzt. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf wurde gegen einen 49-Jährigen ein Haftbefehl vollstreckt. Der Beschuldigte sollte eine regionale Führungsrolle in der Gruppe bei der Umsetzung der geplanten Anschläge auf Energieversorger in Deutschland oder bei der ersten Sitzung einer neuen Regierung einnehmen.

Dem 49-Jährigen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und die Vorbereitung von Hochverrat vorgeworfen. Den genauen Ort der Festnahme sowie einer Wohnungsdurchsuchung wollte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft nicht nennen.

Innenminister Herbert Reul (CDU) äußerte sich erleichtert über die Festnahme. „Staatsstreiche orchestrieren und Anschlagspläne ausklamüsern ist nichts, was in unserer Republik unbehelligt funktionieren kann. Was da herbeigeträumt wurde und sich im Kern gegen den Staat und seine Vertreter richtete, ist ungeheuerlich“, sagte Reul der dpa. „Ich bin froh, dass der Mann seine vermeintliche Führungsrolle los ist und ein Demokratiefeind weniger auf unseren Straßen unterwegs ist.“

Die Polizei durchsuchte am Dienstag in mehreren Bundesländern Wohnungen sogenannter Reichsbürger, die dem Umfeld der Gruppe zugerechnet werden, und nahm Verdächtige fest. Mehrere Haftbefehle wurden vollstreckt.

Die Generalstaatsanwaltschaft München teilte mit, ein nun in Wolfratshausen festgenommener Beschuldigter habe sich bereit erklärt, sich an der von der Gruppe geplanten Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu beteiligen und dafür in Kroatien Schusswaffen zu besorgen.

In Baden-Württemberg durchsuchten Beamte die Wohnung eines Menschen, der im Verdacht steht, der Vereinigung einen Server für konspirative Kommunikation zur Verfügung gestellt zu haben. Außerdem soll er sich nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart an der Verwaltung einer geschlossenen Chatgruppe beteiligt haben.

Ein weiterer Beschuldigter soll Mitglieder der Gruppe bei einem Treffen in die Bedienung von Funkgeräten eingewiesen haben. Außerdem werfen ihm die Ermittler vor, er habe in Chatgruppen zur Teilnahme an Zusammenkünften der Vereinigung aufgerufen.

Wegen eines geplanten Umsturzes in Deutschland und der beabsichtigten Entführung von Lauterbach sind bereits vier Männer im Alter zwischen 44 und 56 Jahren und eine 76-Jährige vor dem Oberlandesgericht Koblenz angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben oder darin Mitglied gewesen zu sein. Die Gruppe namens „Vereinte Patrioten“ soll einen politischen Umsturz und eine neue Verfassung nach dem Vorbild des Deutschen Kaiserreichs 1871 geplant haben.

„Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ 2022 deutschlandweit etwa 23.000 Menschen zu, 2000 mehr als im Vorjahr.

© dpa-infocom, dpa:231010-99-510429/7

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