Einsatz gegen prorussische Aktivisten:Kiews Militäraktion in Ostukraine stockt

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Bis zu sechs Kampfflieger vom Typ Eurofighter sollen sich von September an vier Monate lang an der Luftraumüberwachung über dem Baltikum beteiligen (im Bild ein Eurofighter der deutschen Luftwaffe auf einer Flugshow in den Niederlanden) (Foto: dpa)

+++ Die ukrainische Armee verliert mehrere Panzerfahrzeuge +++ Gewaltsame Zusammenstöße in südöstlicher Hafenstadt Mariupol +++ USA befürworten Truppenverstärkung der Nato +++ Westen bereitet offenbar weitere Sanktionen gegen Russland vor +++

  • Kiew verliert Kontrolle: Separatisten übernehmen in der Ostukraine Panzer der ukrainischen Armee
  • Gewaltsame Zusammenstöße in der südöstlichen Hafenstadt Mariupol
  • USA befürworten Truppenverstärkung der Nato, Berlin schickt Schiff und Flugzeuge.

Kiew entgleitet die Kontrolle: Der Einsatz der ukrainischen Armee gegen prorussische Separatisten in der Ostukraine gerät ins Stocken. Sechs gepanzerte Wagen der ukrainischen Armee sind in der Stadt Kramatorsk zunächst von Anwohnern blockiert und dann von prorussischen Aktivisten übernommen worden, gibt das ukrainische Verteidigungsministerium am Abend zu. Die Besatzung, die eigentlich den Aufstand in der Stadt niederschlagen sollte, soll zu den Separatisten übergelaufen sein. Vieles deutet darauf hin, dass Kiew den Überblick verloren hat und der Regierung die Kontrolle im Osten des Landes entgleitet.

Auseinandersetzungen in Mariupol: In der südöstlichen Hafenstadt Mariupol ist es offenbar zu Kämpfen um einen Militärstützpunkt gekommen, wie verschiedene Medien berichten. Örtliche Medien berichten von Schusswechseln, es ist von einem Toten und zwölf Verletzten die Rede. Diese Informationen wurden aber bislang nicht bestätigt. Etwa 500 zum Teil maskierte prorussische Aktivisten hätten die Kaserne umstellt, heißt es. Die Angreifer forderten die Soldaten demnach auf, ihnen alle Waffen auszuhändigen. Bewaffnete Männer haben zudem das Rathaus in der Großstadt Donezk übernommen. In mehreren Orten der Ostukraine halten moskautreue Separatisten seit Tagen Verwaltungsgebäude besetzt.

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USA unterstützen Nato-Maßnahmen im Osten: Die USA stehen "voll und ganz" hinter der von der Nato angekündigten Truppenverstärkung an den Ostgrenzen, sagte US-Regierungssprecher Jay Carney. Deutschland wird sich mit einem Schiff und sechs Kampffliegern an der Verstärkung der Nato-Präsenz in den östlichen Bündnisstaaten beteiligen. Der Tender "Elbe" mit etwa 45 Soldaten Besatzung soll von Ende Mai bis Anfang ein Minenräum-Manöver in der Ostsee leiten, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Bis zu sechs Kampfflieger vom Typ Eurofighter sollen sich von September an vier Monate lang an der Luftraumüberwachung über dem Baltikum beteiligen. Zuvor hatte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel angekündigt, die "militärische Sichtbarkeit" der Allianz in Osteuropa zu erhöhen. Es sei aber keine Entscheidung über die Errichtung von dauerhaften Stützpunkten in osteuropäischen Nato-Ländern gefallen.

Ein gepanzertes Fahrzeug mit russischer Flagge, auf dem bewaffnete Männer sitzen, fährt durch Kramatorsk. (Foto: AFP)

Obama warnt Russland vor Konsequenzen: Russland sucht nach Angaben von US-Präsident Barack Obama im Streit um die Ukraine keinen Militärkonflikt mit den Vereinigten Staaten. "Sie (die Russen) sind nicht an einer militärischen Auseinandersetzung mit uns interessiert; wir brauchen keinen Krieg", sagte Obama in einem Interview des TV-Senders CBS, der einen Teil des Gesprächs online veröffentlichte. "Was wir brauchen, ist, dass Länder wie die Ukraine Beziehungen mit ihren Nachbarn haben können." Es sei "absolut klar", dass Russland die territoriale Souveränität seines Nachbarlandes verletzt habe und "nicht-staatliche Milizen" im Süden und Osten der Ukraine unterstütze. Dies werde Konsequenzen haben.

Westen bereitet härtere Sanktionen vor: Kurz vor der geplanten Vierer-Konferenz in Genf mit den Außenministern der USA, der Ukraine und Russlands sowie der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton denkt der Westen über eine weitere Stufe von Sanktionen gegen Russland nach. Der Nachrichtenagentur AFP zufolge informiert die EU-Kommission die 28 Mitgliedsstaaten aktuell über die möglichen Folgen von Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Jedes Mitgliedsland habe eine spezifische Analyse erhalten, hieß es aus Brüssel. Die Kommission erwarte nun bis zum Dienstag Stellungnahmen aus den Hauptstädten, so ein EU-Diplomat. Auch die USA ziehen neue Strafmaßnahmen in Erwägung: US-Regierungssprecher Jay Carney sagte, die USA bereiteten bereits "aktiv" Sanktionen gegen Russland vor.

Russland denkt über Verfahren gegen USA bei WTO nach: Wegen der Sanktionen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise erwägt Moskau eine Klage gegen die USA. Es sei darüber gesprochen worden, bei der Welthandelsorganisation (WTO) ein Verfahren gegen die USA einzuleiten, zitieren Nachrichtenagenturen den russischen Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew. Als Vergeltung für die Eingliederung der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland haben die USA die Bank Rossija sowie ihren Chef und größten Anteilseigner Juri Kowaltschuk mit Sanktionen belegt. Indirekt ist auch die russische Bank SMP betroffen, deren Miteigentümer Boris und Arkadi Rotenberg ebenfalls auf der Sanktionsliste stehen.

Jazenjuk wirft Putin Bau einer "neuen Berliner Mauer" vor: Der ukrainische Regierungschef hält Russland vor, eine "Rückkehr zum Kalten Krieg" zu wollen. Die derzeitige Lage sei eine "Gefahr für Europa und die EU" und Russland exportiere "außer Öl und Gas" auch Terror in die Ukraine, so Jazenjuk in Kiew. Er fordert Moskau auf, das Vorgehen der Aktivisten in der Ostukraine als "Terrorakte" anzuerkennen. Jazenjuks Äußerungen heizen die angespannte Lage am Tag vor den geplanten Vierer-Gesprächen in Genf weiter an. Daran sollen die Außenminister der Ukraine, Russlands und der USA sowie die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton teilnehmen.

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© Süddeutsche.de/AFP/Reuters/dpa/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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