Dänemark:"Antidemokratische" Spenden werden gesetzlich verboten

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Dänemarks Integrationsminister Mattias Tesfaye. (Foto: Mads Claus Rasmussen/imago images/Ritzau Scanpix)

Kopenhagen untersagt die Geldannahme von "extremistischen Kräften" und zielt damit auf die Finanzierung von Moscheen aus dem Ausland.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Am Montag wird in Dänemark ein Gesetz in Kraft treten, das offiziell "antidemokratische" Spenden von möglicherweise extremistischen Kräften aus dem Ausland verbietet. Hinter dieser Formulierung steht der Versuch, Spenden muslimischer Organisationen und Regierungen an Moscheeverbände in Dänemark zu unterbinden.

"Es gibt extremistische Kräfte im Ausland, die versuchen, unsere muslimischen Bürger gegen Dänemark aufzubringen und einen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben", erklärte Integrationsminister Mattias Tesfaye. Mehrfach hätten dänische Moscheen Millionenspenden "zum Beispiel aus dem Mittleren Osten" erhalten: "Dagegen unternimmt die Regierung nun etwas."

Die dänische Presse hatte mehrfach über Moscheen im Land berichtet, die offenbar zu einem großen Teil von Ländern wie der Türkei, Saudi-Arabien oder Katar finanziert werden. Zum Bau der großen Moschee in der Rovsingsgade in Kopenhagen etwa steuerte der damalige Emir von Katar dem Kristeligt Dagblad zufolge umgerechnet 20 Millionen Euro bei.

Das am Dienstag verabschiedete Gesetz erlaubt es nun dem Integrationsministerium, schwarze Listen zu erstellen: Auf denen sollen Einzelpersonen und Institutionen stehen, von denen in Zukunft keine Spenden mehr angenommen werden dürfen, wenn diese im Jahr mehr als 10 000 Kronen (umgerechnet knapp 1300 Euro) übersteigen.

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Das Gesetz sei "ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Versuche extremer Islamisten, in Dänemark Fuß zu fassen", erklärte Minister Tesfaye. Das Gesetz wurde von einer großen Mehrheit verabschiedet, in der die Sozialdemokraten mit den bürgerlichen und den rechtspopulistischen Parteien zusammenfanden.

Kritik kam von den kleinen rot-grünen Unterstützerparteien der sozialdemokratischen Minderheitsregierung, aber auch von Kirchengruppen. "Sie haben Bedenken, dass die Politik mit immer mehr Beschränkungen in das religiöse Leben eingreift", schreibt das Kristeligt Dagblad. Die Zeitung zitiert auch die Moscheeforscherin Lene Kühle von der Universität Aarhus, die die Ängste vor der Einflussnahme ausländischer Spender für übertrieben hält.

Es ist nicht das erste Gesetzesvorhaben der Sozialdemokraten, das vornehmlich die Muslime im Land im Visier hat. Auf der Agenda der Regierung steht auch ein Gesetz, das Predigern vorschreiben soll, ihre Predigten nur noch auf Dänisch zu halten oder aber zur gleichen Zeit eine dänische Übersetzung bereitzustellen. Das geplante Gesetz zielt auf Hassprediger in dänischen Moscheen, muss aber, um nicht verfassungswidrig zu sein, so allgemeingültig formuliert werden, dass auch Gemeinden der deutschen Minderheit um ihr Recht fürchteten, auf Deutsch predigen zu dürfen.

Integrationsminister: Probleme "mit Menschen aus dem Mittleren Osten und aus Nordafrika"

Nach Wahlerfolgen der Rechtspopulisten wuchs in Dänemark schon vor Jahren die Bereitschaft der Regierungen, von den Muslimen im Land mehr Anpassung zu verlangen. Die liberale Vorgängerregierung der Sozialdemokraten etwa erließ eine Händeschüttelpflicht bei Einbürgerungszeremonien. Die Sozialdemokraten unter Mette Frederiksen waren bei den jüngsten Wahlen auch deshalb erfolgreich, weil sie große Teile der restriktiven Ausländerpolitik und der Islamkritik der politischen Rechten in ihr Programm übernahmen.

Integrationsminister Tesfaye ist das politische Gesicht der Sozialdemokraten an dieser Front. Im November verursachte er Aufregung in Dänemarks muslimischen Gemeinden, als er die Imame und Führer der Gemeinden aufforderte, sich öffentlich "laut und klar" für das Recht muslimischer Frauen auf vorehelichen Sex einzusetzen.

Einen Monat später erklärte er, die dänische Regierung wolle in Zukunft in Verbrechensstatistiken die Herkunft von Tätern aus vorwiegend muslimischen Ländern gesondert ausweisen. In einem Interview sagte er, man wolle "ehrlichere Zahlen". Seiner Meinung nach würden die neuen Statistiken zeigen, "dass wir in Dänemark nicht wirklich Probleme mit Leuten aus Lateinamerika und dem Fernen Osten haben. Wir haben Probleme mit Menschen aus dem Mittleren Osten und aus Nordafrika."

Premierministerin Mette Frederiksen selbst zeigte sich mehrfach besorgt um den "sozialen Zusammenhalt" in der dänischen Gesellschaft, der bedroht sei, wenn "zu viele Leute in unser Land kommen". Im Januar dieses Jahres sagte sie, Ziel ihrer Politik sei es, "null Asylbewerber" in Dänemark selbst zu sehen. Asylbewerbungen, so das Ziel der Regierung, sollen in Länder außerhalb Europas ausgelagert werden. 2020 war das Jahr mit der niedrigsten Zahl von Asylbewerbern (1547) in Dänemark seit 1998. Integrationsminister Tesfaye führte den Rückgang auch auf Dänemarks neue strikte Politik zurück, die das Land für Einwanderer zunehmend unattraktiv mache.

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