Bundesregierung:Minister-Veto

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Leitungsvorbehalt: Familienministerin Lisa Paus hat einen Gesetzentwurf von Finanzminister Christian Lindner mit ihrem Veto im Kabinett vorerst gestoppt. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Was es bedeutet, wenn eine Ministerin oder ein Minister im Bundeskabinett einen "Leitungsvorbehalt" geltend macht.

Von Reymer Klüver

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hat den am vergangenen Mittwoch geplanten Kabinettsbeschluss zu dem von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgelegten Wachstumschancengesetz mit einem sogenannten Leitungsvorbehalt gestoppt. Das kommt einem Veto auf Zeit gleich. Es bedeutet, dass die Leitungen der beteiligten Ministerien - in der Praxis meist die Staatssekretäre - sich noch einmal über das Gesetz beugen sollen, um einen Kompromiss auszuhandeln. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Streitparteien dafür zwei Wochen Zeit gegeben - bis zur Kabinettsklausur Ende August in Meseberg.

Ein Leitungsvorbehalt ist sozusagen die schärfste Waffe, mit der Kabinettsmitglieder ein Gesetz aufhalten können, das ihnen nicht passt. Sie verhindern damit, dass ein Gesetzentwurf überhaupt auf die Tagesordnung des Kabinetts kommt. Interessanterweise taucht der Begriff in der Geschäftsordnung der Bundesregierung gar nicht auf. Wohl aber ist dort unmissverständlich geregelt, wer das letzte Wort hat. Gleich in Paragraf eins ist die Rede davon, dass "in Zweifelsfällen" die Entscheidung des Bundeskanzlers "einzuholen" ist - was gemeinhin als "Machtwort" firmiert.

Doch ehe es dazu kommt, sieht die Geschäftsordnung ein paar Zwischenschritte vor. Von Streit zwischen den Ministerien ist als Erster der Kanzleramtsminister zu unterrichten. Danach ist bei weiter bestehenden "Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern" ein "persönlicher Verständigungsversuch" der Beteiligten vorgesehen. Scheitert auch der, kann der Kanzler zu einer "Ministerbesprechung" laden - was in diesem Fall offenbar ohne Einigung geblieben ist. Danach kommt nur noch der Leitungsvorbehalt, um eine weitere Verhandlungsrunde zu erzwingen. Führt die zu keinem Erfolg, bleibt als ultima ratio nur Paragraf 1 der Geschäftsordnung - eben das "Machtwort" des Kanzlers. So weit wollten es die Ampelparteien eigentlich aber nie kommen lassen. Im Koalitionsvertrag heißt es fast treuherzig: "Im Kabinett werden Entscheidungen einvernehmlich getroffen, kein Koalitionspartner wird überstimmt."

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