Bonussaison:52 Monatsgehälter extra

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Im März 2021 staunte die ganze Welt darüber, dass ein einziges Containerschiff den Welthandel fast zum Erliegen bringen konnte. Die Reederei hat sich von dem Vorfall prächtig erholt. (Foto: -/AFP)

Die Zeit der Bonuszahlungen ist angebrochen. Früher übertrumpfte meist die Finanzbrache alle anderen, in diesem Jahr verblüfft eine Großreederei mit ihren Überweisungen an die Mitarbeitenden.

Von Meike Schreiber und Kathrin Werner

Nach diesem Fiasko des ganz großen Ausmaßes hätte das Unternehmen vermutlich erst einmal eine Weile auf neue Schlagzeilen verzichten können. Eine Reederei, die eigentlich dafür zuständig ist, den Welthandel am Laufen zu halten, brachte mit einem einzigen Manövrierfehler den Welthandel quasi zum Erliegen. Weltweit beobachteten Menschen mit einer Mischung aus Faszination und Schadenfreude, wie das Containerschiff Ever Given im Suezkanal feststeckte. Plötzlich war das mit der Globalisierung und den globalen Lieferketten ganz anschaulich.

Jetzt gibt es neue Nachrichten um die taiwanische Großreederei Evergreen, die die Ever Given betreibt. Das Unternehmen hat dank eines Booms in der Schifffahrt die Sache mit dem schrägen Schiff gut weggesteckt und teilt die Profite des vergangenen Jahres jetzt mit den Mitarbeitenden, zumindest mit einem Teil von ihnen - den Mitarbeitenden mit den taiwanischen Arbeitsverträgen. Bis zu 52 Monatsgehälter bekamen die Top-Angestellten der Reederei aus Taiwan gerade als Bonus ausgezahlt, berichtet die Zeitung Taipei Times aus Taipeh. 52 (in Worten: zweiundfünfzig) Monatsgehälter sind mehr als vier Jahreseinkommen - mit einer einzigen Zusatzüberweisung. Die meisten Angestellten bekamen zwischen zehn und 45 Monatsgehälter.

Gerade hat die sogenannte Bonussaison begonnen. In der Finanzwelt ist das eine aufregende Zeit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die ein Bonus oft mehr als das fixe Jahreseinkommen ausmacht. Oft warten sie bis zur Auszahlung der Boni, um danach zu kündigen und sich einen neuen Job zu suchen. Es ist also auch eine aufregende Zeit für Arbeitgeber.

Bei den Banken, die oft mit gigantomanischen Boni Schlagzeilen schreiben, sieht es dieses Jahr allerdings eher mau aus. Steigende Zinsen und eine düstere Wirtschaftslage haben ihnen in bestimmten Bereichen ihr schlechtestes Jahr seit 2016 beschert. Das merken auch die, die auf ihre Sonderzahlungen warten. Banker, die bei Fusionen und Übernahmen beraten, werden wahrscheinlich 20 Prozent weniger Bonus bekommen. Not leiden müssen sie aber nicht, denn auch so können viele auf Millionen-Überweisungen hoffen. Ihre Kollegen, die sich um Börsengänge kümmern, werden wahrscheinlich die größten Einbußen hinnehmen müssen, ihre Boni könnten laut Vergütungsberatern um 45 Prozent fallen. Wie viel Geld insgesamt pro Bank für Extrazahlungen zur Verfügung steht, dürfte inzwischen feststehen, aber erst im Februar, März erhalten die Banker ihre Umschläge mit ihrem individuellen Bonus.

In der Schifffahrt läuft das Geschäft besser, viel besser als bei Banken. Reedereien profitieren davon, dass die Corona-Pandemie und ihr Abklingen die Nachfrage nach Konsumgütern angekurbelt und Lieferketten durcheinandergebracht hat. Die Frachtraten, also das Geld, das Unternehmen dafür zahlen, dass ihre Ware in einem Container über die Weltmeere geschifft wird, sind rasant gestiegen. Anfang 2021 kostete es im Durchschnitt mehr als 14 000 Dollar, einen 40-Fuß-Container von Shanghai nach Rotterdam transportieren zu lassen. Inzwischen sind die Raten wieder enorm gesunken, die Boni beziehen sich aber auf die Geschäfte des vergangenen Jahres. Und da hat Evergreen allein in den ersten drei Quartalen einen Gewinn von 304 Milliarden Taiwan-Dollar (9,3 Milliarden Euro) eingefahren, 92 Prozent mehr als im Vorjahr.

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