Krieg im Gazastreifen:Baerbock verschärft die Kritik an Israel

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Außenministerin Annalena Baerbock landet auf dem Weg ins ostafrikanische Dschibuti in Dschidda, Saudi-Arabien. (Foto: Michael Kappeler/DPA)

Die Bundesaußenministerin verlangt eine humanitäre Feuerpause und besseren Schutz für Zivilisten bei den israelischen Angriffen auf Chan Yunis. Dort sind erneut Krankenhäuser von den Kämpfen bedroht.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat sich während ihrer Ostafrikareise "äußerst besorgt" wegen der Lage der Menschen in Chan Yunis gezeigt.

An Israel gerichtet erklärte sie: "Auch beim Recht auf Selbstverteidigung gibt es Regeln, und auch beim Kampf gegen Terroristen gilt das humanitäre Völkerrecht." Diese müsse "Israel genauso einhalten wie alle anderen Staaten auf der Welt". Das gelte auch in einem schwierigen Umfeld, in dem die Hamas alle Regeln breche und Menschen als Schutzschilde missbrauche.

Die Grünen-Politikerin bekräftigte, Israel müsse dringend mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen lassen und seine Operationsführung anpassen. Ähnlich hatte sie sich schon Anfang Januar bei einer Nahostreise geäußert, bei der sie Rafah besuchte, den Grenzübergang von Ägypten in das Palästinensergebiet. Auch US-Außenminister Tony Blinken hat von Israel bereits verlangt, mehr Hilfsgüter für die mehr als zwei Millionen Menschen in den Gazastreifen zu lassen.

Israel hat im Norden eine Offensive begonnen, um Führungskader der Hamas zu töten

Baerbock kritisierte vor allem das Vorgehen der israelischen Armee im Zentrum und Süden des Gazastreifens. Viele Hunderttausend Menschen hätten dort auf israelische Anweisungen hin Schutz gesucht vor der Militäroperation im Norden, gerade auch in UN-Einrichtungen und an anderen Orten, sagte Baerbock. "Sie können sich nicht einfach in Luft auflösen. Deswegen reicht ein Aufruf zum Verlassen dieser Orte nicht, sondern es braucht endlich eine humanitäre Feuerpause - auch damit endlich alle Geiseln freigelassen werden."

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Das israelische Militär teilte am Freitag mit, es führe nach wie vor schwere Gefechte im Zentrum von Chan Yunis, der größten Stadt im südlichen Teil des Gazastreifens. Es hatte dort Anfang der Woche eine Offensive begonnen, um Führungskader der Hamas zu töten und militärische Einrichtungen in Gebieten zu zerstören, in die israelische Truppen zuvor noch nicht vorgedrungen waren.

In Chan Yunis wohnte unter anderem der Hamas-Führer Jahia Sinwar, der als führender Kopf hinter dem Terrorangriff des 7. Oktober mit mehr als 1200 Toten in Israel gilt.

Zu schweren Kämpfen kam es dabei auch in der Umgebung von zwei Krankenhäusern. Das Amal-Krankenhaus sei vollständig von israelischen Truppen umstellt, berichteten palästinensische Quellen aus dem Gebiet. Rettungskräfte und Hilfesuchende könnten es nicht mehr erreichen. Die Angaben ließen sich unabhängig nicht überprüfen, decken sich aber offenkundig mit Erkenntnissen westlicher Regierungen.

Auch rund um das Nasser-Krankenhaus seien israelische Soldaten auf dem Vormarsch, hieß es weiter. Tausende Menschen versuchten, sich in Sicherheit zu bringen.

Erste Entscheidung im Verfahren wegen Völkermords gegen Israel erwartet

Freitagmittag wird eine erste Entscheidung in dem von Südafrika angestrengten Verfahren wegen Völkermords gegen Israel erwartet, das vor dem Internationalen Gerichtshofs in Den Haag stattfindet. Dabei geht es nicht um ein Urteil in der Hauptsache, sondern um einen Eilantrag zu Schutzmaßnahmen für die Palästinenser.

Demnach sollen die UN-Richter anordnen, dass Israel die militärischen Kampfhandlungen im Gazastreifen sofort einstellt. Entscheidungen des Gerichtshofs sind bindend, er hat aber keine Mittel, diese durchzusetzen. Zumindest würde aber der internationale politische Druck auf die Regierung von Premier Benjamin Netanjahu weiter steigen.

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Baerbock will ihre Vermittlungsbemühungen im Nahen Osten nochmals verstärken und schließt an ihre Afrikareise noch einen Zwischenstopp in Jordanien an. Sie wird dort erneut mit ihrem jordanischen Kollegen Ayman Safadi zusammenkommen, mit dem sie schon am Montag am Rande des Außenministerrates in Brüssel beraten hatte.

Im Zentrum der Gespräche dürften die humanitäre Lage im Gazastreifen stehen, aber auch Überlegungen arabischer Staaten, wie eine politische Lösung nach einem Ende der Kampfhandlungen im Gazastreifen aussehen könnte.

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