Whistleblower:Australien sieht Bewegung im Fall Assange

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Bei einer Auslieferung an die USA könnten Julian Assange bis zu 175 Jahre Haft drohen. (Foto: Matt Dunham/DPA)

Premier Albanese fordert die Freilassung seines Landsmanns und hält eine Aussage von US-Präsident Biden für "ermutigend".

Von Thomas Kirchner

In den Fall des australischen Wikileaks-Gründers Julian Assange kommt möglicherweise etwas Bewegung. Auf die Frage eines Journalisten, was er von der Bitte Australiens halte, die Vorwürfe gegen den gebürtigen Australier fallen zu lassen, sagte US-Präsident Joe Biden am Mittwoch: "Wir beschäftigen uns damit." Biden wurde angesprochen, während er einen Staatsgast, den japanischen Ministerpräsidenten Fumio Kishida, ins Weiße Haus geleitete. Man könnte seine Worte ("We're considering it") auch so übersetzen, dass er eine Prüfung der Bitte "erwäge".

Eher falsch dürfte die Version einer Nachrichtenagentur sein, dass Biden erwäge, auf eine Strafverfolgung zu verzichten. Das wäre nicht nur eine Kehrtwende der Position der amerikanischen Regierung, sondern auch ein fragwürdiger Eingriff in die US-Justiz. Insofern muss offenbleiben, ob Bidens Aussage mehr war als eine höfliche, aber nichtssagende Floskel.

Die australische Regierung interpretierte Bidens Reaktion naheliegenderweise sehr positiv. Sie sei "ermutigend", erklärte Premierminister Anthony Albanese am Donnerstag. Er sei der festen Überzeugung, dass die Inhaftierung Assanges nichts bringe und zu einem Abschluss gebracht werden müsse, betonte Albanese. "Mr. Assange hat bereits einen erheblichen Preis bezahlt - und genug ist genug."

Assanges Anwälte weisen auf seine schlechte psychische Verfassung hin

Die USA werfen dem Australier Assange vor, zusammen mit der US-Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Unter anderem ging es auch um die bis dahin unbekannte Zahl ziviler Opfer dieser Einsätze. Mit der Publikation soll Assange das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht haben. Er wurde am 11. April 2019, vor genau fünf Jahren, festgenommen; zuvor hatte er sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London Zuflucht gesucht. Dem 52-Jährigen drohen bei einer Auslieferung an die USA theoretisch bis zu 175 Jahre Haft. Das wäre die Haftlänge, wenn er für jeden einzelnen der 18 Anklagepunkte die maximale Strafe bekäme. Amerikanische Juristen erwarten laut US-Medien aber eher, dass Assange in den USA zu vier bis sechs Jahren Gefängnis verurteilt würde.

Assange selbst und eine breite weltweite Unterstützerbewegung halten die Vorwürfe für politisch motiviert. Er müsse als Journalist betrachtet werden, der sich auf die Pressefreiheit berufen könne. Seine Anwälte haben auf die schlechte psychische Verfassung Assanges verwiesen, der in einem Londoner Gefängnis einsitzt. Es bestehe die Gefahr, dass er sich bei einer Auslieferung an die USA das Leben nehme. Die Auslieferung ist politisch und juristisch genehmigt, allerdings strebt Assange noch ein Berufungsverfahren an. Darüber will der Londoner High Court im Mai entscheiden.

Albanese hat sich seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren immer wieder für eine Freilassung Assanges eingesetzt. Bei einem Staatsbesuch in den USA hatte er Biden im Oktober nach eigenen Angaben direkt auf seine Besorgnis um den Landsmann angesprochen. Im Februar verabschiedete das australische Parlament einen Vorstoß, in dem die USA und Großbritannien gebeten werden, Assange freizulassen.

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