Der Streit darüber, was AfD-Chef Tino Chrupalla am 4. Oktober in Ingolstadt widerfahren ist, geht in eine neue Runde. Der AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzende stellte am Mittwoch in Berlin seine Sicht der Dinge dar und präsentierte Dokumente, die untermauern sollen, dass es sich um einen Anschlag auf ihn gehandelt habe. In dem Arztbericht des Ingolstädter Klinikums, in dem Chrupalla behandelt worden war, und den die SZ einsehen konnte, ist ein "Einstich" in den Oberarm festgehalten. Zudem ist die Rede von einer "Injektion mit einer unbekannten Substanz".
Chrupalla hatte am Mittwoch vergangener Woche vor einem Wahlkampfauftritt in Ingolstadt über gesundheitliche Probleme geklagt und war daraufhin mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden. Die näheren Umstände sind weiterhin unklar. AfD-Politiker sprachen noch am selben Tag von einem Anschlag, von einem Nadelstich in den Oberarm war die Rede. Die Ermittler bestätigten die Behauptung von einem Angriff nach wie vor ausdrücklich nicht. Toxikologische Untersuchungen bei Chrupalla verliefen unauffällig.
AfD:"Sehr wohl eine Einstichstelle"
Nach seinem medizinischen Notfall in Ingolstadt spricht nun auch Parteichef Tino Chrupalla von einem Anschlag auf ihn und erhebt Vorwürfe gegen die Ermittler. Doch die bestätigen seine Darstellung nach wie vor nicht.
Der Vorfall hatte insbesondere bei AfD-Anhängern große Empörung hervorgerufen und wird dort gewertet als Ergebnis der Ausgrenzung der in Teilen rechtsextremen Partei. Kritiker werfen der AfD dagegen vor, den Vorfall für ihre Zwecke im Wahlkampf genutzt zu haben und mit unbelegten Behauptungen zu arbeiten.
Chrupalla bestätigt, dass in seinen Blutproben kein Gift gefunden wurden
Chrupalla sagte am Mittwoch, gleich nach dem Vorfall sei an seiner Kleidung ein Blutfleck festgestellt worden. Dies hätten drei Beamte des für seinen Schutz zuständigen Bundeskriminalamts den Ermittlern bestätigt. Die Beamten hätten der Polizei in Ingolstadt außerdem mitgeteilt, dass es sich beim Ort des Vorfalls um einen Tatort handele. Zudem legte Chrupalla den Bericht eines weiteren Arztes vor, zu dem er sich nach dem Aufenthalt in Ingolstadt begeben hatte. Darin schreiben die Ärzte von einem "Einstich/Stichkanal (mindestens 4 mm)". Zugleich bestätigte Chrupalla allerdings, dass bisher in seinen Blutproben keine Gifte gefunden wurden.
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Dass im ersten Arztbericht des Klinikums Ingolstadt von einem "Nadelstich re. Oberarm" die Rede war, hatte die Staatsanwaltschaft Ingolstadt bereits am Freitag bekannt gegeben. Da hieß es allerdings noch, die Wortwahl beruhe auf Chrupallas Beschreibung, nicht auf der ärztlichen Diagnose. Die Ärzte hätten eine "oberflächliche Rötung bzw. Schwellung" festgestellt. Am Mittwoch allerdings sprach dann auch die Staatsanwaltschaft von einer "Einstichverletzung". Die Ermittler bestätigen, dass das Blut an Chrupallas Kleidung von ihm stammt. Wie und wann genau er verletzt wurde, ist demnach aber weiterhin unklar. Es würden weitere Zeugen vernommen und Videoaufzeichnungen gesichtet. Die Ermittlungen dauern laut Staatsanwaltschaft an. Es gebe auch keinen Anfangsverdacht gegen konkrete Personen.
Der AfD-Vorsitzende sagte zum Hergang in Ingolstadt selbst, er habe keinen Einstich gemerkt. Wenige Minuten, nachdem er in einer Gruppe von Leuten gestanden und Selfies gemacht habe, sei er mit Schwindel und Brechreiz "zu Boden gegangen". Inzwischen fühle er sich wieder "bei 70 Prozent" seiner Kräfte.