Die Forderung von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), den Abtreibungsparagrafen 218 abzuschaffen, hat eine Kontroverse über die Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen ausgelöst. Insbesondere aus der Union kam scharfe Kritik an der Grünen-Politikerin. Der Vorstoß der Familienministerin sei ein Dammbruch, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Dorothee Bär (CSU), in Berlin. Es gehe eben nicht nur einseitig um die reproduktive Selbstbestimmung und das Recht der Frauen auf Abtreibung, das auch die Union nicht infrage stelle. Auch das ungeborene Kind habe ein grundrechtlich geschütztes Lebensrecht, sagte die CSU-Politikerin.
Der Lebensschutz für Haselmäuse und Krötenkolonien "hat bei dieser Koalition offenbar einen höheren Wert, als Schutz ungeborenen menschlichen Lebens", schrieb der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Dennis Radtke (CDU), auf Twitter.
Das Recht von Frauen, über ihren Körper zu entscheiden
Paus hatte in einem Interview der Zeitungen der Funke-Mediengruppe erneut auf die Abschaffung des Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch gedrängt. Dem Paragrafen 218 zufolge ist ein Schwangerschaftsabbruch zwar grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt aber auf Grundlage der sogenannten Beratungsregelung unter bestimmten Bedingungen straffrei, unter anderem nach einer vorgeschriebenen Beratung durch eine staatlich anerkannte Stelle. Außerdem ist ein Schwangerschaftsabbruch auf Grundlage einer medizinischen oder einer kriminologischen Indikation möglich.
Paus hatte argumentiert, es gehe um das Menschenrecht auf reproduktive Selbstbestimmung und um das Recht von Frauen, über ihren Körper zu entscheiden. Für sie sei das Strafgesetzbuch "nicht der richtige Ort, das zu regeln".
Die Ampelpartner hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, eine Kommission einzusetzen, die "Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches" prüfen soll. Bislang gibt es eine solche Kommission nicht.
Eine Sprecherin von Justizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte auf Anfrage, dem Minister sei "besonders wichtig", dass die Kommission "ohne Vorfestlegung ihren Auftrag erfüllen kann". Deshalb habe er sich dafür ausgesprochen, die Ergebnisse der Kommission zu Regelungsmöglichkeiten außerhalb des Strafgesetzbuchs zunächst abzuwarten.