Karlsruhe:Beschimpfung als „frecher Juden-Funktionär“: Verurteilung

Das Bundesverfassungsgericht konkretisiert seine Rechtsprechung zu antisemitischen Äußerungen. Demnach kann auch die Verbreitung rechtsradikalen oder...

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Karlsruhe/Bielefeld (dpa/lnw) - Das Bundesverfassungsgericht konkretisiert seine Rechtsprechung zu antisemitischen Äußerungen. Demnach kann auch die Verbreitung rechtsradikalen oder nationalsozialistischen Gedankenguts von der Meinungsfreiheit geschützt sein. Beschränkungen seien aber gerechtfertigt, „wenn Äußerungen die Schwelle zu einer Verletzung oder konkreten Gefährdung von Rechtsgütern überschreiten“, teilte das Gericht in Karlsruhe am Freitag mit. (Az. 1 BvR 479/20)

Die Richter wiesen eine Verfassungsbeschwerde des heutigen Bundesvorsitzenden der Partei Die Rechte, Sascha Krolzig, ab. Er hatte im Sommer 2016 auf seiner Internetseite den Vorsitzenden einer jüdischen Gemeinde aus Ostwestfalen als „frechen Juden-Funktionär“ bezeichnet. Außerdem schrieb er damals, seine Partei würde „den Einfluss jüdischer Lobbyorganisationen auf die deutsche Politik in allerkürzester Zeit auf genau Null reduzieren“ und „sämtliche staatliche Unterstützung für jüdische Gemeinden streichen“.

Strafgerichte in Nordrhein-Westfalen hatten Krolzig, der schon mehrfach vorbestraft war, deshalb wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.

Diese Verurteilung war verfassungsmäßig. Jede Äußerung sei nach ihrer konkreten Wirkung im jeweiligen Kontext zu beurteilen, betonen die Karlsruher Richter. Angesichts der deutschen Geschichte sei in diesem Fall besondere Sensibilität geboten. In einer Äußerung, die auf Stimmungsmache gegen die jüdische Bevölkerung abziele, könne „eine menschenverachtende Art der hetzerischen Stigmatisierung von Juden und damit implizit verbunden auch eine Aufforderung an andere liegen, sie zu diskriminieren und zu schikanieren“.

Die innere Haltung des Klägers und die ideologische Ausrichtung seiner Partei darf bei der Beurteilung dagegen keine Rolle spielen. Maßgeblich sei immer nur die Äußerung selbst, heißt es in dem Beschluss. Daran hätten sich die Strafgerichte aber gehalten.

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