Weiten Teilen Deutschlands steht am Freitag die in diesem Jahr bislang schwerste Gewitterlage bevor. Angetrieben wird diese unter anderem von Hoch Yannes über dem Südosten Europas, das mit seiner Drehung im Uhrzeigersinn konstant feuchte, warme Luft aus Süden und Südwesten nach Deutschland strömen lässt, was Unwettern zusätzlichen Schwung verleiht. Schon am Donnerstagnachmittag gab es einzelne, heftige Gewitter.
Vielerorts verdunkelte sich schlagartig der Himmel. Es gab lokal heftige Regenfälle, Donner und Blitze vor allem im Westen des Landes. In Duisburg wurde ein Mann auf einem Frachter durch einen Blitzeinschlag schwer verletzt. Am Niederrhein und im Münsterland haben ein halbes Dutzend umgestürzter Bäume Bahnstrecken blockiert. Zwischen Düsseldorf und Leverkusen stürzte ein Baum auf die Nord-Süd-Hauptstrecke. Der Düsseldorfer Flughafen stellte seinen Betrieb für rund 30 Minuten ein.

Naturkatastrophen:Ein teures Katastrophenjahr
Stürme und Fluten haben im vergangenen Jahr deutlich höhere Schäden verursacht als im Vorjahr, berichtet der Rückversicherer Munich Re. Prägende Ereignisse waren der Hurrikan "Ida" und das Juli-Hochwasser in Deutschland.
Auch im Norden kam es zu heftigen Niederschlägen. In Hamburg musste eine vollgelaufene Tiefgarage abgepumpt werden. Auch in Baden-Württemberg im Landkreis Ludwigsburg musste die Feuerwehr Keller von Wasser befreien und mit Schlamm bedeckte Straßen räumen. In der Nacht auf Freitag gab es vor allem in Franken noch einzelne, teils kräftige Gewitter mit Starkregen, kleinerem Hagel und Sturmböen mit bis zu 80 Stundenkilometer. Allerdings war das Unwetter insgesamt weniger stark als zunächst befürchtet.
Wesentlich unangenehmer dürfte es von Freitagmittag an werden. Dann kommt zur warmen Süd- oder Südwestströmung ein kleines, aber starkes Gewittertief, das von der Benelux-Region Richtung Nordosten über Deutschland zieht. "Das ist ein explosives Gemisch", sagt DWD-Meteorologe Jens Bonewitz. Weil am Boden Südwind und in der Höhe eher Westwind weht, gibt es eine sogenannte Windscherung, die rotierende Aufwinde produziert. Hinzu kommen starke Temperaturgegensätze. Das sind alle Zutaten für die Entstehung sogenannter Superzellen, großer und gefährlicher Gewittersysteme. In dieser Lage sind immer auch Tornados wahrscheinlich.
Der Starkregen trifft auf trockene Böden und gestresste Wälder
Solche Luftsäulen, auch Windhosen oder Großtromben genannt, können Durchmesser bis zu einem Kilometer und Windgeschwindigkeiten von mehreren Hundert Kilometern pro Stunde erreichen. Vor allem in häufig betroffenen Gebieten wie der sogenannten "Tornado Alley" im Mittleren Westen der USA hinterlassen sie immer wieder eine Schneise der Zerstörung. In Deutschland sind die Bedingungen allerdings meist anders, sodass eher kleinere, lokal begrenzte Tornados auftreten, von denen die meisten Menschen wenig merken.

Auch für diesen Freitag sind die Tornados nicht die größte Sorge der Meteorologen. "Die Voraussetzungen für Tornados sind da, aber in der Fläche dürfte es eher Schäden durch Wind, Hagel und Starkregen geben", sagt Bonewitz. Rechnen muss man mit heftigem Starkregen, großen Hagelkörnern und Orkanböen in einem breiten Streifen von Südwest nach Nordost, wobei auch in Bayern oder im Nordwesten Gewitter auftreten dürften.
Hinzu kommt, dass Wind und Regen auf sehr trockene Böden und gestresste Wälder treffen. Dadurch können die erwarteten Niederschlagsmengen nicht versickern und produzieren schnell Überschwemmungen, Bäume werden eher entwurzelt, Äste brechen leichter ab. In der Nacht zum Samstag dürfte das Tief sich Richtung Ostsee entfernen, dann entspannt sich die Lage zumindest für das Wochenende.