SZ-Kolumne "Mitten in ...":I don't kehr

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(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Der SZ-Korrespondent in Stuttgart tut als Bayer alles, um sich zu integrieren - und scheitert am Unterschied von klein und groß. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... Stuttgart

Als ich nach Stuttgart zog, warnte mich mein Vermieter: Im Haus gelte die Kehrwoche, eine schwäbische Praxis des kollektiven Gebäudereinigens. Also fegte ich ab und zu das Treppenhaus, um nicht als Integrationsverweigerer aufzufallen. Allzu ernst nahm ich die Sache aber nicht - bis eine Nachbarin klingelte, mit ernster Miene und dem Tonfall einer "Tatort"-Kommissarin. Sie habe mich beobachtet, sagte sie. Es gebe auch Zeugenberichte: "Sie schwänzen die Kehrwoche!" Schweigen im Flur. Als ich auf meine Kehrarbeiten im Treppenhaus verwies, schüttelte sie den Kopf. Das Treppenhaus stelle lediglich die "kleine Kehrwoche" dar. Der Außenbereich sei die "große Kehrwoche". Ich muss erschüttert ausgesehen haben, denn die Frau klang nun versöhnlicher: Ich hätte das Konzept wohl missverstanden. Sie wolle mir noch eine Chance geben. Max Ferstl

Mitten in ... Galle

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Sri Lanka, Badeurlaub mit Freunden. Einer geht schnorcheln. Eine Strömung zieht ihn unter Wasser, er stirbt fast. Es folgen bange Tage auf der Intensivstation im Krankenhaus der Stadt Galle. Er hängt am Beatmungsgerät, es ist nicht sicher, ob er überleben wird. Der Rest der Gruppe kann nur warten und hoffen. Die Menschen dort sind fantastisch, jeder bietet Hilfe an, die Ärzte sind Profis. Endlich bessern sich die Werte des Patienten, nach vier Tagen wird er auf die Normalstation verlegt. Beim Krankenbesuch blickt eine Freundin auf ihr Handy. Angesichts der vielen Nachrichten von Angehörigen, Kollegen und Freunden stöhnt sie: "Hilfe, ich ertrinke." Da offenbart sich, dass die Ärzte nicht nur die Gesundheit des Patienten retten konnten, sondern offensichtlich auch seinen Sinn für Humor. Er erwidert trocken: "Das hab' ich schon hinter mir, ist nicht so schlimm." Florian Müller

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Mitten in ... Neustadt an der Weinstraße

Mateo kaut am liebsten auf meinen flauschigen Socken herum. Der Hund meiner Mitbewohnerin tapst in mein Zimmer, schnüffelt, schnappt sich Socken vom Sofa und beißt Löcher rein. So kam es, dass ich kurz vor Weihnachten nur noch ein Paar Wollsocken hatte, aus dem Ferse und Zehen nicht ins Kalte schauen. Kein Problem, dachte ich, auf dem Weg nach Rheinland-Pfalz zu meinen Eltern, im Wissen, dass sie mir eigentlich jedes Jahr Socken zu Weihnachten schenken. Doch ausgerechnet dieses Jahr gab's keine. Stattdessen, etwas verspätet, am 26. Dezember, eine unerwünschte Gabe: einen riesigen Haufen Kot mitten in der Küche, von Amy, der senilen Hündin meiner Eltern, die nicht mehr weiß, wo draußen und drinnen ist. Ich sehe es zu spät und rutsche darauf aus, mit meinen einzigen Wollsocken. Weihnachten, diesmal ging es echt vor die Hunde. Paul Lütge

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