Um zehn Uhr meldet sich Bernard Boucault, der Polizeipräfekt von Paris: "Wir stehen kurz vor dem Epilog."
Dammartin-en-Goële ist zu diesem Zeitpunkt abgeriegelt. Im Kurznachrichtendienst Twitter kursieren Fotos vom Gewerbegebiet. Die Bilder zeigen Polizisten in voller Ausrüstung auf einem Parkplatz. Die Grundschule Henri Dunant und ein Kindergarten befinden sich nur rund 300 Meter vom Ort der Geiselnahme entfernt. Kinder und Lehrer dürfen die Gebäude nicht verlassen. Von innen werden die Fenster mit Decken verhängt. Im Kindergarten von Eaubonne, auch nicht weit entfernt, dürfen die Kinder ebenfalls nicht ins Freie.
Eine Erzieherin berichtet France Inter, sie lasse die Kinder Bilder malen, um sie zu beruhigen. Madame Quer, Chefin der Apotheke Quer, rund 150 Meter entfernt vom Ort der Geiselnahme, erzählt Le Monde am Telefon: "Wir haben die Jalousien heruntergelassen und sind oben. Wir kommen nicht runter, es sei denn, Kunden kommen. Wir haben keine Schüsse gehört, aber Helikopter. Wir versuchen, nicht kopflos zu werden. Wir verfolgen alles, was passiert, über das Internet. Aber das geht einem schon durch Mark und Bein."
Bewaffnete Polizisten auf dem Dach des Industriegebäudes in Dammartin-en-Goële, in dem sich die Attentäter stundenlang verschanzt hatten.
(Foto: Michel Spingler/AP)Die Chefin des Carrefour-Supermarktes erzählt: "In unserem Laden sind fünf Kunden. Ich habe sie angewiesen, das Geschäft nicht zu verlassen. Ich mache regelmäßig Durchsagen, um alle zu beruhigen."
Zwei Flüge der Air France müssen umgeleitet werden
Eine halbe Stunde später, um 10.30 Uhr, wird die nördliche Landebahn von Charles de Gaulle aus Sicherheitsgründen gesperrt. Zwei Flüge der Air France (AF 007 aus New York und AF 1695 aus Budapest) müssen laut Flight-Radar umgelenkt werden.
Sie bleiben nicht die einzigen, es kommt zu Verzögerungen im Flugplan.
Um 10.58 Uhr teilt Pascal Gugglielmi, Sprecher der Krankenhauses Sud Francilien in Corbeil-Essonnes, mit: "Wir sowie die Krankenhäuser von Meaux und Marne-la-Vallée wurden von der Polizei in Alarmbereitschaft versetzt." Die Polizei rechnet also mit dem Schlimmsten.
Zur selben Zeit treffen die überlebenden Mitarbeiter von Charlie Hebdo - etwa 30 - in den Redaktionsräumen von Libération ein. Richard Malka, Anwalt und Sprecher der Satirezeitschrift, sagt: "So wenig Kraft uns auch bleibt, wir werden sie in die acht Seiten der nächsten Ausgabe legen." Premierminister Manuel Valls besucht die Redaktion.
In Dammartin-en-Goële bittet die Polizei alle Medienleute, keine Fotos der Operation mehr zu twittern oder zu posten - um die Geiselnehmer nicht zu warnen. Es werde versucht, Verhandlungen mit den Brüdern aufzunehmen, sagt Pierre-Henry Brandet, Sprecher des Innenministers. "Priorität ist, einen Dialog herzustellen. Das kann dauern, vielleicht Stunden."