Menschenrechte:Deutschland schränkt laut Bericht Versammlungsfreiheit ein

Eine Klimaschützerin der "Letzten Generation" wird von Polizisten in Berlin von der Straße getragen. (Foto: Hannes P. Albert/dpa)

In einer digitalen Weltkarte rechnet Amnesty International die Bundesrepublik erstmals zu den Ländern, die das Recht auf Protest erschweren. Kritisiert wird unter anderem die Präventivhaft für Klimaaktivisten in Bayern.

Amnesty International beobachtet weltweit eine Zunahme staatlicher Unterdrückung von Protest. Behörden wendeten zunehmend unrechtmäßig Gewalt an und erließen repressive Gesetze, um Proteste niederzuschlagen, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Auf ihrer weltweiten Karte "Protest Map" werde erstmals auch Deutschland aufgeführt als ein Land, in dem die Versammlungsfreiheit eingeschränkt werde.

In mindestens 86 der untersuchten 156 Länder hätten staatliche Stellen im vergangenen Jahr unrechtmäßige Gewalt gegen friedlich Demonstrierende eingesetzt, erklärte Amnesty. In 37 Ländern hätten Sicherheitskräfte sogar tödliche Waffen verwendet. Die Recherchen hätten außerdem gezeigt, dass Protestierende in 79 der untersuchten Länder willkürlich inhaftiert worden seien. Teils seien Demonstrierende schweren Repressionen ausgesetzt, würden gefoltert, misshandelt, verschwänden einfach oder würden getötet.

Deutschland unter anderem wegen Präventivhaft gelistet

Deutschland sei erstmals als Land gelistet, in dem das Recht auf Versammlungsfreiheit zunehmend eingeschränkt werde, hieß es. Angeführt werden Beispiele für Präventivhaft, Schmerzgriffe, repressive Gesetzgebung und Versammlungsverbote. Vor allem Klimaaktivistinnen und -aktivisten seien zurzeit zunehmenden Repressionen ausgesetzt.

So habe die bayerische Polizei seit Oktober 2022 Dutzende Aktivisten für bis zu 30 Tage in Präventivhaft genommen, zuletzt im Zusammenhang mit der Autoausstellung IAA in München. "Obwohl die Präventivhaft ursprünglich zur Verhinderung schwerer Gewaltdelikte gedacht war, wurde sie in den vergangenen Jahren vor allem zu Abschreckungszwecken gegen Klimaaktivistinnen und -aktivisten eingesetzt", sagte Amnesty-Expertin Paula Zimmermann.

In den vergangenen Jahren seien auch Fälle von übermäßiger Polizeigewalt gemeldet worden, insbesondere bei Straßenblockaden, führte Amnesty weiter an. "Wir appellieren an die Bundes- und Landesregierungen, die Versammlungsfreiheit in Deutschland umfassend zu schützen", sagte Zimmermann.

© SZ/epd/laug - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMenschenrechte
:Wo Umweltschutz oft tödlich ist

Im Kampf um Rohstoffe sind allein 2022 weltweit 177 Naturschützer und Angehörige indigener Gemeinschaften ermordet worden, berichten Menschenrechtsaktivisten. Wer sich Wirtschaftsinteressen in den Weg stellt, lebt vor allem in Lateinamerika gefährlich.

Von Thomas Hummel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: