Wolfratshausen:Helferkreis hofft wieder auf Sicherheitsdienst in Asylunterkünften

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Die Staatsregierung vollführt die nächste Kehrtwende: Die Ehrenamtlichen und Bürgermeister Heilinglechner sind zufrieden.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Der Beschluss der bayerischen Staatsregierung, bei Bedarf in Gemeinschaftsunterkünften (GU) für Asylbewerber doch wieder Sicherheitsdienste einzusetzen, gibt dem Wolfratshauser Helferkreis Anlass zur Hoffnung. "Ich freue mich, dass man jetzt anfängt, darüber nachzudenken", sagt dessen Vorsitzende Ines Lobenstein. Sie hatte einen ständigen Sicherheitsdienst für die beiden Unterkünfte in Wolfratshausen gefordert - "um den sozialen Frieden zu wahren", wie sie sagt.

Nach Übernahme der Einrichtungen durch die Regierung von Oberbayern war ein Sicherheitsdienst dort nicht mehr vorgesehen. In Wolfratshausen gibt es bereits eine GU mit etwa 70 Bewohnern an der Heimgartenstraße, in der nur noch eine Verwaltungsangestellte und ein Hausmeister werktags beschäftigt sind; eine zweite für 120 Flüchtlinge soll nun am Loisachbogen in Betrieb gehen. Um Konflikten unter den Bewohnern vorzubeugen, hatten der Helferkreis und Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) bei der Regierung und beim Sozialministerium einen 24-Stunden-Sicherheitsdienst gefordert.

Kein Sicherheitsdienst
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Sozialministerin Emilia Müller (CSU) hat am Dienstag erklärt, dass künftig bei großen Asylunterkünften mehr private Sicherheitsdienste eingesetzt werden sollen, "wenn die besondere Situation es erfordert". Bislang gab es eine Security nur in Erstaufnahmeeinrichtungen. Kriterien für den Bedarf sollen unter anderem Größe, Belegungsstruktur und Umfeld der Unterkunft sein sowie die Präsenz der Asylsozialberatung. Welche Einrichtungen personell verstärkt werden, ist noch offen. Eine Antwort auf Heilinglechners Schreiben sei bislang noch nicht erfolgt, teilt eine Sprecherin des Sozialministeriums mit - "da die Sachlage nun unter den neuen Voraussetzungen geprüft werden muss". Der Bürgermeister sieht in Müllers Aussage ein "positives Zeichen", die Auslegung sei aber noch offen. Deshalb schicke die Regierung von Oberbayern auch keinen Vertreter zum Informationsabend über die GU am Loisachbogen (Freitag, 10. Februar, 19 Uhr, Hammerschmiedschule). Man habe aber zugesichert, mit ihm in Kontakt zu treten, sobald es nähere Informationen gebe, sagt Heilinglechner.

Laut Ministerin Müller setzt die Staatsregierung für die Sicherheit in Asylunterkünften auf ein "enges Zusammenwirken aller Beteiligten vor Ort". Neben Hausverwaltung und Polizei nennt sie explizit die örtlichen Hilfsorganisationen. Es gebe Einrichtungen, in denen es etwa wegen verschiedener Nationalitäten "vermehrt zu Problemen kommt", erklärte die Ministerin. "Hier müssen wir handeln." Sie stellte jedoch auch fest: "Wir erwarten, dass Menschen, die bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, friedlich miteinander unter einem Dach leben können."

Wolfratshausen/Geretsried
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Von Felicitas Amler und Konstantin Kaip

Lobenstein hält diese Einschätzung indes "für nicht ganz realistisch", wie sie sagt. Schließlich komme es schon in Jugendherbergen mit kleinen Gruppen zu Konflikten. Um Eskalationen zu vermeiden, gebe es dort rund um die Uhr Bezugspersonen. Asylbewerber müssten oft Jahre auf engstem Raum miteinander leben. "Das sind Menschen, keine Roboter", sagt Lobenstein. "Sie sind nicht permanent dankbar, sondern wollen auch eine Zukunftsperspektive."

Die fehlt den Flüchtlingen mit geringen Chancen auf Anerkennung. Dass etwa zahlreiche Afghanen im Landkreis nun keine Arbeitserlaubnis mehr bekommen, erhöht das Konfliktpotenzial. "Jahre oder Monate in irgendwelchen Unterkünften rumzuhocken macht den Menschen kaputt", sagt Reinhold Krämmel, Vorsitzender des Regionalausschusses der Industrie- und Handelskammer (IHK). "Als Restriktion eine Arbeitserlaubnis zu verweigern, um nach außen das Signal zu setzen, kommt nicht nach - das funktioniert nicht", sagt er. Wer vor Krieg oder Elend fliehe und Schleppern seine Ersparnisse gebe, werde sich davon nicht abhalten lassen. Der IHK-Vorsitzende plädiert dafür "allen, die hier sind, Beschäftigung zu geben". Und den Berufseinstieg zu erleichtern, indem man mehr auf "Learning by doing" setzt. Andererseits müssten die Asylverfahren beschleunigt werden. Wer kein Bleiberecht habe, müsse ausgewiesen werden - auch wenn er Arbeit habe. "Das ist die Kehrseite", sagt Reinhold Krämmel. "Dann darf man auch nicht aufschreien, wenn die Abschiebung erfolgt."

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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