Protest gegen Flüchtlingspolitik:Söder bleibt hart

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Der Helferkreis fühlt sich von der Staatsregierung verraten: Doch der Finanzminister verteidigt beim CSU-Neujahrsempfang die Asylpolitik seiner Partei - mit Obergrenze, Leitkultur und Abschiebungen.

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Die Asylpolitik hat den CSU-Neujahrsempfang im Beuerberger Gasthaus "Zur Mühle" am Sonntag dominiert. Schon im Vorfeld hatte der in Eurasburg lebende evangelische Pfarrer Michael Süßmann die Linie der Partei als unchristlich kritisiert. Während der Veranstaltung übergab Elisabeth Birner vom Eurasburger Flüchtlingshelferkreis Gastredner und Finanzminister Markus Söder einen offenen Brief, in dem sich die ehrenamtlichen Helfer gegen das Arbeitsverbot für Flüchtlinge aussprechen. "Bei solchen Entscheidungen fühlen wir uns verraten", erklärte sie. Söder ging nicht auf die lokale Situation nicht ein, lobte aber die bisherige Flüchtlingspolitik im Freistaat: "Als christlich-soziale Union haben wir uns mehr als anständig verhalten."

Die Helferkreissprecherin Birner gestand zwar zu, dass Bayern die Flüchtlinge gut aufgenommen habe. Sie kritisierte aber, dass dies neuerdings unterlaufen werde. Die Landratsämter seien wohl angewiesen, Flüchtlingen aus einem Land mit nur relativ geringer Bleibeperspektive keine Arbeitsgenehmigung mehr zu erteilen. Beispielhaft verwies sie auf einen pakistanischen Flüchtling in Eurasburg. Der junge Mann habe das Angebot bekommen, sich in einem Münchner Hotel zum Koch ausbilden zu lassen. Das sei aber abgelehnt worden. "Das ist eine menschliche Tragödie", sagte Birner.

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Zu diesem Einzelfall konnte sich Finanzminister Markus Söder nicht äußern, versprach aber, die Sache zu prüfen. Grundsätzlich sei es erlaubt, dass eine Person in einem laufenden Asylverfahren arbeiten dürfe. "Wenn es aber abgeschlossen und abgelehnt ist, macht es keinen Sinn, einen Ausbildungsvertrag zu machen." Das konterkariere den Rechtsstaat. Ausdrücklich bekannte sich Söder dazu, Menschen in Not zu unterstützen, schränkte aber gleichzeitig ein: "Ja zur Hilfe, aber auch Ja zur Begrenzung der Zuwanderung." Denn, so zitierte er den scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck (CDU), der Wunsch zu helfen bleibe grenzenlos, aber die realen Möglichkeiten könnten erschöpft sein. Allein der Freistaat investiere neun Milliarden Euro für die Flüchtlingshilfe, betrachte man die vergangenen beiden und die kommenden zwei Jahre, betonte er.

Unmissverständlich sprach sich Söder dafür aus, die Grenzen stärker zu kontrollieren, um zu wissen, wer überhaupt ins Land komme. Flüchtlinge müssten sich an die Verfassung halten und die deutsche Sprache lernen. Es brauche eine Leitkultur. "Wer zu uns kommt, hat sich unseren Werten und Sitten anzupassen und nicht umgekehrt." Trage jemand Burka oder Niqab, signalisiere dieser Distanz zu Deutschland, grenze sich ab. Söder forderte, sogenannte Gefährder ohne Aufenthaltserlaubnis in ihre Heimat zurückschicken. Zudem sprach er sich gegen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union aus.

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Der CSU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber steuerte die lokalen Themen bei: Söder habe bei der S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried mitgeholfen, den gordischen Knoten in der Frage der Untertunnelung in Wolfratshausen zu durchschlagen. Dagegen forderte ein besorgter Zuhörer vom Finanzminister, sich gegen die geplanten Lockerungen beim Anbindungsgebot für Gewerbegebiete im Landesentwicklungsprogramm zu stellen. Sonst könnten Gewerbegebiete künftig etwa an Autobahnanschlüssen neu gebaut werden. Schon jetzt würde zu viel Fläche verbaut. Vom Argument war Söder nicht überzeugt. "Wir haben in Bayern elf Prozent Fläche versiegelt. Bis 2030 können es bei jetziger Entwicklung maximal zwölf sein." Gemeinden brauchten Entwicklungschancen, sagte er.

Für die Verbesserung der digitalen Infrastruktur In Eurasburg hatte Söder noch einen Förderbescheid über 470 000 Euro für den Breitbandausbau im Gepäck. Er überreichte das Dokument an Bürgermeister Moritz Sappl (GWV). "Die Gemeinde kann nun mit Sieben-Meilen-Stiefeln voranschreiten", sagte Söder.

© SZ vom 23.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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