Pandemie im Oberland:Roche will Impf-Betrieb werden

Lesezeit: 3 min

Das Penzberger Pharmaunternehmen bemüht sich darum, an einem Modellprojekt des Freistaats teilzunehmen, um seine Angestellten von den Betriebsärzten gegen das Corona-Virus immunisieren zu lassen. Partizipieren sollen auch deren Familienangehörige und Penzberger Bürger.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Der Freistaat möchte die Corona-Impfungen schneller durchziehen. Daher kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor Kurzem eine Lockerung der Priorisierungsregeln an. Noch im April sollen nach Beschluss des Kabinetts Betriebsärzte in zehn bayerischen Unternehmen damit beginnen dürfen, ihre Mitarbeiter zu impfen. Das Roche-Werk in Penzberg möchte an dem Modellprojekt teilnehmen und hat ein Konzept beim bayerischen Gesundheitsministerium eingereicht. Das sieht nicht nur die Impfung der eigenen Mitarbeiter und deren Familienmitgliedern vor. In einem weiteren Schritt plant das Pharmaunternehmen, auch Penzberger Bürger gegen das Corona-Virus zu impfen.

Noch ist nicht entschieden, ob Roche bei dem Modellprojekt zum Zug kommt. Da das Werk ein "systemrelevanter Betrieb" sei, rechnet man sich am Standort im Nonnenwald gute Chancen aus. Bei Roche in Penzberg wird der Corona-Schnelltest "Sars-CoV-2 Rapid Antigen Test" hergestellt. Eine Bewerbung für das Modellprojekt im eigentlichen Sinne habe es nicht gegeben, sagt Unternehmenssprecher Johannes Ritter. Man sei mit einem Konzept "proaktiv" auf das Gesundheitsministerium zugegangen. "Wir sehen darin unseren gesellschaftlichen Beitrag, die Impfungen voranzutreiben", betont Ritter. Ferner gehe es Roche darum sicherzustellen, dass der Betrieb aufrechterhalten werden könne, insbesondere die Produktion der Schnelltests. "Mit einer Impfung erhöht sich der Schutz. Natürlich ist es unseren Mitarbeitern freigestellt, sich impfen zu lassen."

Das Roche-Werk in Penzberg hat ein Konzept eingereicht, um Mitarbeitende und deren Familienmitglieder gegen Corona impfen zu können, später auch Bürger. (Foto: Roche/oh)

Das Konzept für die Impfaktion haben die Ärzte der Medizinischen Dienste bei Roche Penzberg erarbeitet. Deren Leiter, Thorsten Böhme, hofft, im Mai starten zu können - wobei die bayerische Staatsregierung noch im April beginnen möchte. "Eigentlich könnten wir morgen loslegen, aber wir müssen die Entscheidung aus München abwarten", sagt Böhme. Voraussetzung ist nämlich nicht allein, dass Roche für das Modellprojekt ausgewählt wird. Der Freistaat muss vor allem ausreichend Impfdosen zur Verfügung stellen und der Bund die gültige Impfverordnung ändern oder zumindest eine Ausnahmegenehmigung erteilen.

Die Verordnung sieht immer noch eine Priorisierung in Kategorien vor. "Bei uns im Werk sind allerdings weder Personen der Kategorie 1 noch der Kategorie 2 zu finden", erklärt Ritter. Bei Roche könne man von einem Personenkreis ab Kategorie 3 ausgehen, ergänzt der Leiter der Medizinischen Dienste.

Die Hardware, also Verbrauchsmaterialien, ist im Penzberger Werk vorhanden. Zügige Nachbestellungen seien ebenfalls gewährleistet, sagt Böhme. "Das haben wir bereits vergangenen November zu organisieren begonnen." Unterweisungsunterlagen lägen vor, ebenso die Schutzausrüstungen. Wer sich impfen lassen möchte, müsse eingangs seine Hände desinfizieren und den gesamten Vorgang über eine FFP2-Maske tragen.

Thorsten Böhme leitet die Medizinischen Dienste bei Roche. (Foto: Roche/oh)

Eine "Impfstraße" wurde eingerichtet. Die Probanden werden durch fünf Räume mit verschiedenen Stationen etwa für den Dokumentencheck oder die Körpertemperaturmessung geschleust. Über einen separaten Ausgang gelangen die Geimpften in ein Zelt im Außenbereich. Dort werden sie noch zehn bis 15 Minuten nachbetreut.

6800 Mitarbeiter hat Roche im Nonnenwald. Dazu kommen noch die Angestellten von Fremdfirmen, die sich auf dem Werksgelände bewegen. "Insgesamt gehen wir von 8000 Personen am Standort aus", sagt der leitende Werksarzt. "Mal im Trüben gefischt, rechnen wir mit einer Zustimmung von 60 Prozent, was bedeuten würde, dass sich etwa 5000 impfen lassen werden." Binnen drei Wochen möchten die Medizinischen Dienste, bestehend aus fünf hauptamtlichen Ärzten, die Erstimpfung abgeschlossen haben. Etwa 5000 Impfdosen würden im ersten Schritt gebraucht. "Das dann mal zwei", so Böhme. Sollten sich mehr Personen an der Aktion beteiligen, müsse natürlich die Anzahl der Dosen angepasst werden.

In einer "zweiten Welle" sollen die Familienangehörigen der Roche-Mitarbeiter drankommen. Der dritte Schritt sieht die Impfung von Penzberger Bürgern in einer Station außerhalb des Werksgeländes vor. "Sofern der Bedarf besteht", sagt Böhme. Man sei bereits im Gespräch mit der Stadt, die bei der Einrichtung der Infrastruktur mithelfen wolle.

Nun heißt es warten. Angeblich soll kommende Woche eine Entscheidung fallen, welche zehn Betriebe an den Start gehen können. Einen konkreten Termin mag das Gesundheitsministerium auf SZ-Nachfrage nicht nennen. Vielmehr verweist es auf eine Pressemitteilung vom Donnerstag. Darin wird Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wie folgt zitiert: "Wir wollen das Impfangebot schnellstmöglich auch in die bayerischen Unternehmen bringen und entwickeln dazu gemeinsam mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft ein gleitendes Stufenkonzept. Sobald alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, wollen wir möglichst noch im April mit den ersten Modellprojekten beginnen." Sie sollen sich zunächst auf kleine und mittelständische Unternehmen sowie auf kleinere Standorte von Großunternehmen in Hochinzidenz-Regionen konzentrieren.

Die Impfung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fände im Rahmen eines Modellprojekts des Freistaats statt. (Foto: Manfred Neubauer)

Mehr als 300 Betriebe in Bayern möchten an dem Modellprojekt partizipieren, teilt die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft mit. Für die Modellprojekte plant der Freistaat, den Betriebsärzten bis zu 50 000 Impfdosen zur Verfügung zu stellen.

© SZ vom 17.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: