Offener Brief an Bundespolitiker:Jugendsiedlung in Not

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Der Trägerverein der Bildungseinrichtung in Königsdorf bittet die  Politik um eine Verlängerung der Kurzarbeit, um das Überleben während der fortdauernden Pandemie zu sichern.

Von Claudia Koestler, Königsdorf

Es ist ein dringender Hilferuf, den die Jugendsiedlung Hochland in Form eines offenen Briefes an die Politik richtet: Darin fordert der Trägerverein der Königsdorfer Einrichtung eine Verlängerung der Kurzarbeit über 24 Monate hinaus, um das Überleben der Bildungseinrichtung zu sichern. Nachdem das Kultusministerium jetzt alle Schulen ausdrücklich darum gebeten hat, sämtliche mehrtägigen Schülerfahrten bis Ostern abzusagen, sieht sich die Jugendbildungsstätte täglich mit Stornierungs-E-Mails konfrontiert. Zudem endet mit dem Februar für sie auch die Möglichkeit, Kurzarbeitergeld zu beantragen. Und die sogenannte "Überbrückungshilfe" 4 als staatliches Programm gibt es von März an auch nicht mehr. Damit tut sich für das Haus eine große Finanzierungslücke auf, die aus eigener Kraft nicht zu schließen ist.

In dem Schreiben, das der Trägerverein der Jugendsiedlung an die Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan (CSU), Karl Bär (Bündnis 90/Die Grünen), Sebastian Roloff (SPD) und Sandra Bubendorfer-Licht (FDP) richtet, bittet der Vorsitzende Klaus Schultz die Politiker nun, nach Möglichkeiten zu suchen, Einrichtungen wie jener in Königsdorf das Überleben zu sichern: "Es wäre sehr bedauerlich, wenn uns auf den letzten Metern der Pandemie die Luft ausgehen würde", schreibt Schultz.

"Wir sind ein kleiner unabhängiger gemeinnütziger Trägerverein, der diese Einrichtung seit nun über 70 Jahren verantwortet", so Schultz. "Wir sorgen für die Rahmenbedingungen, damit jährlich bis zu 55 000 Übernachtungen für Kinder, Jugendliche und Familien möglich werden."

Neben diesen Übernachtungen im Haus, in Blockhäusern, im Hüttendorf oder in Zeltlagern auf 30 Hektar im Landschaftsschutzgebiet bietet die Jugendsiedlung unter anderem auch Seminare und Fortbildungen für Schulklassen, Familien, Firmen oder Ehrenamtliche an. Zudem verfügt sie über eine Umweltstation und eine "Demokratiewerkstatt", wo demokratische Werte mittels Archiv, Ausstellung und pädagogischen Angeboten vermittelt werden sollen. Durch unterschiedliche staatliche Förderungen sei die Bildungsstätte bisher gut durch die Pandemie gekommen, berichtet Schultz. "Das Überleben hat uns, neben diesen staatlichen Förderungen, vor allem das Kurzarbeitergeld für die 27 Mitarbeitenden ermöglicht, die alle aus dem direkten regionalen Umkreis kommen, zuzüglich sechs Freiwilligendienstleistende." Betroffen sei aber auch eine große Anzahl an freiberuflichen Referenten.

Im Sommer und Herbst 2021 habe die Einrichtung zwar die Kurzarbeit stark reduzieren können, als sich die Belegung wieder auf ein Niveau vor der Pandemie annäherte, erklärt der Vorsitzende des Trägervereins. Doch zum März werde die Jugendsiedlung nach 24 Monaten Kurzarbeit aus diesem Fördersystem fallen und mindestens drei Monate überbrücken müssen, bis wieder ein neuer Antrag gestellt werden kann. Verschärft wird die prekäre Situation nun vor allem dadurch, dass Schulen in der vergangenen Woche vom Kultusministerium angesichts der pandemischen Entwicklung gebeten wurden, alle Schulfahrten bis Ostern abzusagen. "Dies bedeutet für uns als Beherbergungsbetrieb, der von sechs Nächten je Woche vier Nächte durch Schulfahrten belegt hat, einen entsprechenden Arbeitsausfall." Wegen der Pandemie sei es auch nicht möglich, diese massiven Stornierungen durch andere Belegungen zu kompensieren oder abzufedern. "Dadurch werden wir sehr schnell an unsere finanziellen Grenzen geraten, eventuell auch in eine Situation kommen, die Einrichtung ganz zu schließen", befürchtet der Vorsitzende. Dann würde ein zentrales Angebot für Kinder, Jugendliche und Familien in der Region und in Oberbayern nicht mehr zur Verfügung stehen. Obwohl sie "für die Region, den Bezirk Oberbayern und für die Entwicklung in unserem zunehmend komplizierteren Gemeinwesen aus meiner Sicht eine große Bedeutung hat".

Seine Hoffnungen setzt Schultz in eine Fortführung der Kurzarbeit. Die Verlängerung über 24 Monate hinaus ist allerdings eine Entscheidung, die nur die Bundespolitik regeln kann. "Mit Ihrem Mandat im Deutschen Bundestag können Sie eine Verlängerung anstoßen, die uns wirklich helfen würde, wenn eine Öffnung beziehungsweise eine reduzierte Öffnung unserer Einrichtung durch die Pandemie nicht möglich ist", schreibt Schultz an die Bundestagsabgeordneten.

© SZ vom 13.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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