Was das Wetter betrifft, schlug der Sommer bisher so einige Kapriolen: Der vergangene Juli gilt global als heißester Monat seit Beginn der Messungen. Auf die anfängliche Hitzewelle folgten in vielen Teilen Europas niederschlagsreiche Episoden. Starkregen überflutete Keller und Straßen, Hagel prasselte auf Ackerböden, Stürme deckten Dächer ab. Damit könnte diese Periode einen Vorgeschmack auf die Folgen der Erderwärmung geben, denn für die Zukunft rechnen Klimaforscher mit einer Zunahme an Starkwetterereignissen.
Die Landwirtschaft ist in diese Veränderungen doppelt involviert: Einerseits werden vor allem in der Viehhaltung und Düngung Methan und Kohlenstoffdioxid ausgestoßen, etwa sieben Prozent der CO₂ -Emissionen gehen in Deutschland auf die Landwirtschaft zurück. Andererseits sind die Betriebe auch unmittelbar von Wetterextremen betroffen, die die Erträge bedrohen.
Die meisten Höfe im Landkreis betreiben Grünlandwirtschaft
Für landwirtschaftliche Betriebe im Landkreis bedeutet dies, dass Vieh und Feldfrucht vor Hagel und Hitze besser geschützt werden müssen. Besonders im Ackerbau bereite Starkregen große Probleme, erzählt Kreisbauer Peter Fichtner. Der aktuellsten Erhebung des Bayerischen Landesamts für Statistik aus dem Jahre 2016 zufolge betreiben von den 1032 Betrieben im Landkreis nur 279 Ackerbau - also etwas mehr als ein Viertel. Im Gegensatz dazu bewirtschaften 1023 Höfe Grünland. Verglichen mit dem Ackerbau, der meist nur einmal im Jahr eine Ernte abwirft, lassen sich Grünlandflächen bis zu fünfmal im Jahr nutzen: Abwechselnd wird hier gemäht, dann weidet Vieh auf den Wiesen. "Wenn da einmal ein schwerer Regen kommt, ist nur eine dieser Nutzungen betroffen", sagt Fichtner. Ein einmaliger Hagel könnte auf einem Acker hingegen die Ernte einer ganzen Saison zerstören.
Eine vorbeugende Maßnahme, um Äcker vor Starkregen zu schützen, gibt es Fichtner zufolge noch nicht. Derzeit ließe sich Saatgut über Zuchtverfahren unempfindlicher gegenüber Trockenheit und Pilzen designen, aber Kulturen, die Starkregen und Hagel abkönnen, "dahin führt noch kein Weg."
Die einzige Möglichkeit zur Prävention besteht für Fichtner darin, dass Versicherungen durch den Klimawandel verursachte Schäden abdecken. Während Hagelversicherungen in der Landwirtschaft schon Gang und Gäbe seien, würden Mehrfachgefahrenversicherungen, die auch Sturm- und Starkregenschäden einbeziehen, heutzutage mehr und mehr empfohlen.
Mehr Wasser und Weidevieh für die Almen
Auch das Almvieh ist durch die Zunahme von Starkregen und Sturm erhöhter Gefahr ausgesetzt. Erst kürzlich sind in der Jachenau zwischen Jocheralm und Jochberg vier Rinder getötet worden, weil ein Blitz in den Baum einschlug, unter dem sie Schutz gesucht hatten. Solche Vorfälle passieren allerdings nach wie vor äußert selten, und lassen sich Fichtner zufolge nicht verhindern. "Ich kann nicht jedes Mal, wenn ein Gewitter kommt, zu den Viechern schauen und sie wegfahren", sagt er. Auch hier gibt es für Fichtner einzig Versicherungen, die im Nachhinein greifen.
Nikolaus Kohlauf, stellvertretender Kreisalmbauer, sieht bei Schäden durch Starkregen und Sturm ebenfalls kaum Möglichkeiten, vorzubeugen. Anders bei extremer Trockenheit: Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat berechnet, dass die Vegetation auf den Almen durch den Klimawandel in den vergangenen Jahren etwa drei bis vier Wochen früher ergrünt ist. "Wir passen uns an und treiben das Almvieh früher auf", sagt Kohlauf. In Trockenperioden müsste man sich zudem mehr um die Wasserversorgung der Tiere auf den Almen kümmern. "Man muss auch mal ein Wasserfass hinauffahren können." Und: wenngleich Kuh und Co nicht sonderlich hitzeempfindlich sind, müssen Almen so umzäunt sein, dass das Vieh Schatten im Übergangsbereich zwischen Weide und Wald aufsuchen kann.
Ein weiterer Punkt ist die Beweidung: Dem LfL zufolge wächst durch die verfrühte Vegetation auch mehr Biomasse auf den Almen, und die Tiere finden mehr Futter. Wird die Weide nicht durch Koppeln gelenkt, grasen Kühe allerdings nur die schmackhaftesten Inseln ab, weniger beliebte Standorte wachsen zu und verbuschen. "Man macht sich schon Gedanken, ob man die Bestoßzeiten erhöht, damit der Aufwuchs gescheit abgefressen werden kann," sagt Kohlauf und meint damit: Mehr Weidevieh, das das Mehr an Futterangebot frisst und die Weideflächen erhält. Ob es tatsächlich mehr Aufwuchs auf den Almen gibt, hängt jedoch auch von niederschlagsreichen Perioden ab, sagt Kohlauf. "Es lässt sich nie verallgemeinern."
Ein lockerer Boden und Dämme für Gemüsepflanzen
Aufsichtsrätin Ella von der Haide von der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) Isartal setzt auf langfristige Prävention. Seit zwei Jahren bestellt das genossenschaftlich organisierte Projekt einen etwa drei Hektar großen Gemüseacker zwischen Münsing und Degerndorf. Damit der Boden mehr Wasser für Trockenperioden aufnehmen und speichern kann, fördert die Solawi den Humusanteil in der Erde, derzeit liegt er bei 3,3 Prozent. Dafür mulchen die Genossinnen und Genossen den Boden regelmäßig und decken die Oberfläche etwa mit Kleegras ab. "So kann Starkregen die Erde nicht auswaschen", erklärt von der Haide.
Weil der Boden, den die Solawi gepachtet hat, bis vor wenigen Jahren konventionell bewirtschaftet wurde, ist noch eine recht dichte Pflugsohle erhalten. "Wir pflanzen da Kulturen, die den Boden durchstoßen und ihn durchlässig machen", sagt die Aufsichtsrätin. Deshalb setzt die Solawi auf tiefwurzelnde Pflanzen und hat dieses Jahr auch Apfelbäume gesetzt, deren Wurzeln die Erde lockern sollen.
Auch für Starkregen hat die Solawi eine Strategie entwickelt: Die Gemüsesorten werden auf den Spitzen von 30 Zentimeter hohen Dämmen angepflanzt. Bei großem Niederschlag verschlammt das Wasser die Dämme so nicht, die Spitze bleibt unberührt. Im Mai hätten sich die Gemüsepflänzchen beim ersten Starkregen bewiesen, erzählt Ella von der Haide: "Einerseits hat das gut geklappt, aber es hat gerade dann stark geregnet, als wir den Ackerboden bearbeitet haben und er offen war." Im kommenden Jahr will die Solawi deshalb kleinere Abschnitte in Abfolge bearbeiten.