Ungleiche Chancen:Großraumzulage spaltet den Landkreis

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Zusätzliche finanzielle Anreize ermöglicht der kommunale Arbeitgeberverband nur im Norden. Die südlicheren Gemeinden bleiben bislang außen vor. Für den Königsdorfer Bürgermeister ist das "Wahnsinn"

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Großraumzulage soll es den Städten und Gemeinden rund um München erleichtern, Beschäftigte zu gewinnen. Doch im Landkreis könnte das Instrument den Personalwettbewerb unter den Rathäusern verschärfen. Denn der Kommunale Arbeitgeberverband Bayern (KAV) hat den Geltungsbereich der Zulage zwar erweitert. Er gilt aber nur für sechs nördliche Kommunen im Landkreis. Münsing hat den Finanzbonus für seine Beschäftigten vergangene Woche bereits beschlossen. Die Kommunen südlich von Eurasburg und Dietramszell gehen aber in jedem Fall leer aus.

Der Königsdorfer Bürgermeister Anton Demmel (CSU) fühlt sich dadurch massiv benachteiligt. "Das ist ein Wahnsinn und für uns der Knaller", sagt er am Montag. Warum Königsdorf außen vor bleibe, könne er nicht verstehen. Denn seine Kommune gehöre sogar zum Gebiet des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV). Künftig könnte es für Königsdorf schwierig werden, noch Personal zu bekommen, wenn der Landkreis bei der Großraumzulage zweigeteilt sei.

Im Landkreis haben zusätzlich zu Münsing die beiden Städte Wolfratshausen und Geretsried sowie die Gemeinden Eurasburg, Dietramszell und Egling die Möglichkeit, den Zusatzbonus einzuführen. Bis zu 270 Euro monatlich können die Kommunen je nach tariflicher Eingruppierung den Beschäftigten auf das Gehalt aufschlagen, für jedes Kind sind weitere bis zu 50 Euro möglich. Für Azubis und Praktikanten sind bis zu 140 Euro drin. Das gilt jedoch nur für Beschäftigte, nicht für Beamte. Ohne Großraumzulage sieht Bürgermeister Demmel in Königsdorf die einzige Chance in einem guten Betriebsklima. Nur darüber lasse sich Personal halten und auch gewinnen, sagt er. Für besonders umworbene Beschäftigtengruppen können allerdings alle Kommunen im Einzelfall eine Arbeitsmarktzulage zahlen.

Zunehmend schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden, wird es etwa für Eurasburg. Seit Schuljahresbeginn im September hatten im kommunalen Kindergarten teils zwei Mitarbeiter gefehlt. "Wir haben gezittert, das besetzen zu können", sagt Rathaus-Geschäftsleiter Günter Eidenschink. Erst kürzlich sei es gelungen, die Personallücke zu schließen. Derzeit seien alle Stellen in der Verwaltung besetzt - ein "Riesenglück", wie Eidenschink sagt. Auf die jüngsten Stellenausschreibungen im Bauamt und an der Kasse im Rathaus habe sich nur je eine Person beworben.

Um gerade junge Leute für eine Verwaltungstätigkeit zu gewinnen, sind für Eidenschink finanzielle Anreize "dringend notwendig". Im Januar wird der Gemeinderat deshalb über die Großraumzulage für die Eurasburger Verwaltungsmitarbeiter entscheiden. Darüber hinaus sei aber das Betriebsklima ausschlaggebend, um die Menschen von der Attraktivität eines Arbeitsplatzes zu überzeugen. "Das spricht sich rum", sagt Eidenschink. Heute beschäftigte die Eurasburger Kommunalverwaltung wesentlich mehr Teilzeitkräfte als früher. Das biete auch Müttern die Chance, flexibel nur für ein paar Stunden am Tag berufstätig zu sein.

Der Personalmarkt wird selbst für die Stadt Geretsried mit ihren 147 Mitarbeitern herausfordernder. Die Konkurrenz zu anderen Einrichtungen und zur freien Wirtschaft sei spürbar, sagt Pressesprecher Thomas Loibl. Mit Gleitzeit und anderen Anreizen versuche man, neue Wege zu gehen. Mit einer möglichen Zulage für Geretsried wird sich der Stadtrat laut Loibl Anfang kommenden Jahres beschäftigen.

Im ungleich kleineren Wackersberg im südlichen Landkreis ist die Stimmung gelassen. Bürgermeister Alois Bauer fürchtet kaum, dass Rathausmitarbeiter ohne Großraumzulage abwandern. Die Beschäftigten in Wackersberg hätten ein qualitativ hochwertiges Arbeitsgebiet mit Verantwortung für jeweils mehrere Aufgaben gleichzeitig. Dass jemand die Verwaltung nur verlasse, weil anderswo die Großraumzulage gezahlt werde, glaube er schon wegen der zusätzlichen Pendelei nicht. "Die Zulage allein macht es nicht aus."

© SZ vom 17.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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