Natur im Oberland:Streit über Umgang mit dem Wolf

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Wölfe im Bayerischen Wald. Im Altmühltal wollen die Bauern jetzt einen Rüden abschießen lassen. (Foto: Imago/imagebroker)

Der Kreistag folgt einem Antrag von CSU und Freien Wählern, sich für eine Herabsetzung des Schutzstatus und einen Abschuss des Tieres einzusetzen. In der letzten Sitzung vor der Sommerpause führt das Thema zu heftigen Debatten.

Von Celine Chorus, Bad Tölz

Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wächst die Nervosität, seit der Wolf in der Region Garmisch-Partenkirchen umherstreift. Nun haben sich auch die Mitglieder des Kreistages mit dem Thema befasst. Sie wollen sich für eine Herabsetzung des Schutzstatus und für ein staatliches Wolfsmanagement einsetzen. In seiner Sitzung am Montag hat sich das Gremium nach heftigen Debatten einem entsprechenden Antrag von CSU und Freien Wählern (FW) angeschlossen.

Die beiden Fraktionen hatten den Kreistag aufgefordert, die Entscheider auf Bundes- und europäischer Ebene zu bitten, "die Tatsache der Nicht-Schützbarkeit vieler Weideflächen und die zwangsläufigen und fatalen landeskulturellen Folgen zur Kenntnis zu nehmen und daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen". Der Kreistag unterstützt zudem den Antrag des Landkreises Garmisch-Partenkirchen auf Wolfsentnahme, sprich: Abschuss, und Einrichtung eines Weideschutzgebietes, den dieser Anfang März gestellt hat.

"Die Biodiversität und der Schutz bedrohter Arten soll nicht infrage gestellt werden", hatten die beiden Fraktionen in ihrem Antrag betont. Dennoch dürfe der nach wie vor geltende strenge Schutz, den der Wolf in Deutschland genießt, dem Schutz des Menschen, dem Bestandsschutz von Nutztieren und der Stärkung der Biodiversität in Flora und Fauna nicht zuwiderlaufen. "Der Schutz des Wolfes darf nicht über allen anderen Zielen und Notwendigkeiten unserer Gesellschaft stehen."

Goymann: Herdenschutz auch mit einer Abschussgenehmigung nicht gegeben

Für ihre Forderungen ernteten die Kreisräte Thomas Holz (CSU) und Hubert Oberhauser, Fraktionssprecher der Freien Wähler, viel Zuspruch aus den eigenen Reihen. Der Bürgermeister von Jachenau, Nikolaus Rauchenberger (CSU), betonte, dass Schutzmaßnahmen gegen den Wolf nicht möglich seien. Im Gelände gestalte sich der Herdenschutz sehr viel aufwendiger als in der Ebene. Kreisbäuerin Ursula Fiechtner (FW) erklärte, dass sie ihre Landwirtschaft aufgeben werde, wenn sie ihre Tiere dem Wolf ausliefern müsse.

Der Jachenauer Bürgermeister Klaus Rauchenberger wünscht sich Hinweisschilder auf der B 13, wenn die mautpflichtige Süduferstraße am Walchensee gesperrt wird. (Foto: Manfred Neubauer)

Es gab aber auch Kritik. "Ich finde diese Diskussion sehr frustrierend, weil sie einfach nichts bringt", erklärte Landwirtin Maria Urban - und stellte sich damit gegen ihre CSU-Kollegen. Der Wolf sei ein Fleischfresser und reiße eben, was er gerade findet. Auch Edmund Häner (FDP) hinterfragte die Relevanz dieses Antrages. "Man darf darüber diskutieren, vor allem auch vor den Wahlen", betonte er. "Vielleicht bringt es mehr Menschen an die Wahlurne."

Biologe Wolfgang Goymann (Grüne) entgegnete, dass auch mit einer Abschussgenehmigung der Herdenschutz nicht gegeben sei. Er bemängelte die Daten, die für den Antrag herangezogen wurden: Etwa die Hälfte der Risse sei auf Hunde zurückzuführen. Zudem zeigten Wölfe nur zu Beginn ein exponentielles Wachstum, danach sei mit einem stabilen Wachstum zu rechnen. Klaus Barthel (SPD) äußerte ebenfalls Bedenken: Wer glaube, dass Herden durch den erhöhten Abschuss besser geschützt würden, glaube auch, dass es einen Zaun zwischen Deutschland und Österreich gebe.

Einen Herdenschutz gegen den Wolf gibt es für den Biologen und Grünen-Kreisrat Wolfgang Goymann auch mit einer Abschussgenehmigung nicht. (Foto: privat/oh)

Der Wolf gilt durch die Berner Konvention als besonders geschützt. Aus diesem Grund sind einem Abschuss enge Grenzen gesetzt: Nach Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetzes ist es verboten, Wölfe zu fangen, zu verletzen oder zu töten. In Einzelfällen kann jedoch eine Abschussgenehmigung erteilt werden - etwa, wenn vom Wolf eine Gefahr für den Menschen oder die natürliche Tier- und Pflanzenwelt ausgeht.

"Mein Eindruck ist, dass der Wolf zurzeit als Wahlkampfthema herhalten muss."

Bundesländer wie Bayern versuchen, den strengen Schutzstatus des Wolfes zu umgehen. Am 1. Mai ist eine neue Verordnung in Kraft getreten, die den Abschuss der Beutegreifer erleichtert. Sie lässt sich unter dem Motto "Ein Riss reicht" zusammenfassen: Tötet ein Wolf ein Weidetier, darf er geschossen werden. Zudem können Wölfe gejagt werden, wenn sie sich zum Beispiel "mehrfach Menschen außerhalb von Fahrzeugen auf unter 30 Metern nähern".

Es ist umstritten, ob die bayerische Wolfsverordnung rechtlich zulässig ist. Ein Gutachten des Bundestags zeigt, dass sie in mehrfacher Hinsicht im Widerspruch zu deutschem und europäischem Recht steht. Der Bund Naturschutz (BN) klagt bereits dagegen. Kreisvorsitzender Friedl Krönauer warnt bei dem Thema vor Populismus: "Mein Eindruck ist, dass der Wolf zurzeit als Wahlkampfthema herhalten muss", sagte er Anfang April im SZ-Interview: "Freie Wähler und CSU haben ihre Klientel eben unter den Bauern."

Im November hatte bereits das EU-Parlament gefordert, den Schutzstatus von Wölfen abzuschwächen. Hintergrund waren Klagen von Landwirten, dass die Raubtiere vermehrt Nutztiere wie Schafe rissen. Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und elf ihrer EU-Kollegen haben den Forderungen jedoch eine Absage erteilt.

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