Wolfratshausen:WG für junge geflüchtete Azubis gesucht

Lesezeit: 3 min

Die Betreiber der betreuten Unterkunft für Minderjährige in Wolfratshausen wollen eine Wohngemeinschaft für volljährige Flüchtlinge gründen, die eine Ausbildung machen. Doch sie finden einfach keine Immobilie dafür.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Es geht voran für die drei jungen Männer, die im Garten der Sozialpädagogischen Wohngruppe für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge am Wolfratshauser Obermarkt sitzen: Sie haben gerade den Mittelschulabschluss hinter sich gebracht, im Herbst fangen sie eine Ausbildung an. Aboubacar Camara, 18, startet im September bei einer Autolackiererei in Wolfratshausen. Der 19-jährige Alseny Bangoura, der wie Camara vor zweieinhalb Jahren aus Guinea nach Deutschland kam, fängt eine Kochlehre beim Landhotel Huber am See in Münsing an. Und Mohamed Jimcaale, ebenfalls 19, der vor zweieinhalb Jahren aus Somalia kam, beginnt im Herbst mit einer Ausbildung zum Krankenpflegerhelfer in München.

Sie erzählen mit einem Lächeln von dem neuen Lebensabschnitt, den sie bald beginnen, in einem Land, das ihnen vor Kurzem noch völlig fremd war. Doch etwas trübt ihre Zukunftsaussichten: Die Wohngruppe der Jonas Better Place Stiftung gGmbH, in der sie leben, ist eine Einrichtung mit Vollzeitbetreuung für Minderjährige.

Zwar hätten alle drei vom Jugendamt eine Verlängerung für den Ausbildungsstart bekommen, sagt ihre Betreuerin Lisa Grünbeck. Bald aber müssten sie wohl gehen. "Das Problem ist, dass es hier eine Betreuung rund um die Uhr mit Fachpersonal gibt, und das ist sehr teuer." Beim nächsten halbjährlich stattfindenden Hilfeplangespräch könne der Bedarf heruntergestuft werden. "Bei ihrem Asylstatus müssten alle in eine Gemeinschaftsunterkunft." Die Situation dort in Mehrbettzimmern auf engstem Raum mit anderen Flüchtlingen sei nicht gerade förderlich für ihre Ausbildung, fürchtet Grünbeck, und könne die Jungen in ihrem vielversprechenden Lebensweg zurückwerfen.

Seit drei Monaten sei Betreuerin Lisa Grünbeck auf Wohnungssuche, aber "es klappt nicht"

Die Betreiber wollen daher eine teilbetreute Wohngruppe für junge geflüchtete Azubis gründen - "damit diese Jugendlichen, die so einen vorbildlichen Weg gegangen sind, weiter unterstützt werden", sagt die Geschäftsführerin der Stiftung Sabine Faber. Die Gründung einer WG, für andere junge Leute in ihrer Situation ganz normal, ist jedoch nicht einfach. Seit drei Monaten sei sie auf Wohnungssuche, sagt Betreuerin Grünbeck. "Aber es klappt nicht."

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Sie habe über klassische Portale gesucht, bei Kommunen wie Wolfratshausen, Geretsried und Bad Tölz angefragt, auch beim Vermieter der ehemaligen Polizei am Obermarkt, wo die Wohngruppe seit bald sechs Jahren residiert, und bei den Fußballtrainern und Vormunden der Jungen. Niemand habe helfen können. "Der Wohnungsmarkt hier ist ja schon für eine Durchschnittsfamilie ein hartes Pflaster", sagt Grünbeck. "Wenn man da sagt: Es ist für junge Erwachsene mit Migrationshintergrund, sind alle Türen geschlossen. Wir finden einfach nichts."

Dabei sei das Jugendamt "sehr gewillt", die WG zu unterstützen, erklärt Faber. Und auch die Regierung von Oberbayern, deren Heimaufsicht die Betriebserlaubnis erteilen müsse, sei bereits über den Plan informiert. "Es scheitert bislang einfach an der Immobilie." Die Azubis bräuchten eine Drei- bis Fünf-Zimmer-Wohnung, entweder mit Wohnküche oder mit Küche und Aufenthaltsraum. Bedingung sei ein guter Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr, am besten an die S-Bahn, sagt Grünbeck. Wolfratshausen sei die erste Wahl, auch "weil die Jugendlichen hier sozial eingebunden und integriert sind" - Camara spielt etwa Fußball beim BCF, Jimcaale beim TSV. "Die Vermieter müssten keine Sorgen haben", betont Faber. Es gebe einen gewerblichen Mietvertrag mit der Jonas Better Place-Stiftung, welche die Miete zahle und sie über die Tagessätze des Jugendamts abrechne.

Auch wenn die Wohnungssuche frustrierend ist, wollen sie die beiden Frauen nicht aufgeben. "Es hängt auch unser Herz dran", sagt Faber. "Wir kennen die Jugendlichen vom ersten Tag und wissen, was sie geschafft haben." Die Azubis müssten aufgrund ihrer Residenzpflicht im Landkreis wohnen bleiben, die WG biete ihnen die besten Bedingungen für ihren weiteren Lebensweg, den die Sozialpädagogen unterstützend begleiten könnten. Dass sie gute Untermieter sind, machen die jungen Männer klar: "Ich habe viel gelernt und viel geschafft", sagt Mohamed Jimcaale. "Ich bin selbständig geworden." Er habe mittlerweile auch eine eigene E-Mail-Adresse und könne Termine selbst vereinbaren. "Wir kennen die Regeln von Deutschland", sagt Alseny Bangoura und lächelt. "Wir haben einen Putzplan, mal habe ich Küchendienst und mal Treppendienst. Wenn ich das machen muss, mache ich es richtig."

Wer eine passende Wohnung hat oder vermitteln kann, möge sich an Sabine Faber wenden, entweder per Telefon unter 0170/2085535 oder per E-Mail an sabine.faber@jonasbetterplace.com

© SZ vom 05.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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