Egling:Netze gegen den Biber

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Die Dämme am Mühltalkanal sind durch die Nagetiere gefährdet, sie müssen geschützt werden. Der Kraftwerk-Betreiber lässt sich das 400 000 Euro kosten

Von Konstantin Kaip, Egling

Franz Xaver Schweiger kennt sich aus mit dem größten Nagetier Europas. "Wir beschäftigen uns viel mit dem Biber", sagt der Bauleiter der aus dem Stromerzeuger Eon hervorgegangenen Uniper Kraftwerke GmbH. Im Ickinger Eisweiher gibt es zwei Biberburgen, und auch am Mühltal-Kraftwerk leben die geschützten Tiere Schweiger zufolge seit mehr als vier Jahren. Neu ist allerdings die Präsenz einer Biberfamilie am Kanal unweit des Kraftwerks, die man an dem kunstvoll aufgeschichteten Bau und den zahlreichen an- und umgenagten Bäumen am Ufer erkennt. Als Schweiger und seine Kollegen Mitte Januar Biberspuren im Schnee beim Damm am Ickinger Wehr fanden, wussten sie, dass es Zeit ist, zu handeln.

Der Biber könnte die Dämme zum Einstürzen bringen

"Unsere Angst ist, dass sich die Jungtiere ein neues Revier suchen, und dass ihr Ziel unser Damm sein könnte", erklärt Schweiger. Der hat nämlich im fraglichen Bereich am Mühltalkanal seit 1923 eine so genannte Naturdichtung, ist also ein Erddamm mit einer dichtenden Lehmschicht. Und der könnte, anders als mit Beton oder Bitumen abgedichtete Dämme, dem Nagetier als Behausung dienen. Denn der Biber ist zwar ein fleißiger Baumeister, aber eben auch ein Pragmatiker, der vorhandene Gegebenheiten gerne annimmt. Um zu verhindern, dass die Tiere den Damm des für das Kraftwerk wichtigen Kanals beschädigen und zum Einsturz bringen, hat sich das Unternehmen dazu entschlossen, die Uferböschungen am Kanal gegen den Biber zu schützen.

Dazu wird der Damm auf beiden Seiten des Kanals, je in einer Länge von etwa 2,2 Kilometern, mit einem Maschendraht gesichert. Eine aufwändige Prozedur, denn der 2,8 Millimeter starke verzinkte Draht muss aus Einzelteilen zu einer lückenlosen Endlosrolle verbunden werden. Der Drahtstreifen wird so angebracht, dass er 50 Zentimeter über das Wasser ragt und 4,50 Meter unter Wasser fixiert wird. Aufgrund der Schräge des Damms reichen die sechs Zentimeter großen Maschen bis in eine Wassertiefe von zweieinhalb Metern, wie Schweiger erklärt. Genug Puffer also für den Biber, der die Eingänge zu seinen Burgen gewöhnlich etwa einen Meter unter dem Wasserspiegel anlegt.

Am Kanal in der Nähe des Mühltal-Wehrs ist die Anwesenheit des Bibers unübersehbar. (Foto: Hartmut Pöstges)

Taucher befestigen den Draht mit Erdnägeln

Bereits seit 14 Tagen ist eine Spezialfirma damit beschäftigt, den Draht auf dem Damm zu befestigen. Das geschieht mit Hilfe von 90 Zentimeter langen verzinkten Erdnägeln, die unter Wasser von den Tauchern der Uniper GmbH befestigt werden. "Alles in Handarbeit", wie Taucheinsatzleiter Stephan Resch erklärt. Noch etwa vier Wochen werden die Arbeiten dauern. Die Gesamtkosten beziffert Schweiger mit etwa 400 000 Euro.

Anders als Land-, Forst- und Teichwirte erhalten Stromerzeuger keine Ausgleichszahlungen von den Naturschutzbehörden, erklärt Schweiger., "Normalerweise könnte man an Triebwerkskanälen den Biber entnehmen lassen", sagt er. Weil es sich am Mühltalkanal aber um ein FFH-Gebiet handelt, sei das nur mit einem sehr aufwendigen Genehmigungsverfahren möglich. Außerdem hätte ein Abschuss auch nur einen vorübergehenden Effekt, glaubt Schweiger. Denn schließlich kämen neue Jungbiber nach. "Der Siedlungsdruck ist einfach zu groß."

Der Kraftwerkbetreiber, der laut Schweiger jährlich etwa 200 000 Euro an laufenden Unterhaltskosten für Biberschutz ausgibt, habe sich also für die langfristige Wirkung entschieden. Zumal der Draht auch ideal für die Pflanzen sei, die durch ihn hindurchwachsen könnten. Die gleichen Schutzmaßnahmen sollen demnächst auch am Isar-Loisach-Kanal getroffen werden. Auch dort seien die Großnager schon heimisch, sagt Schweiger. "Wir leben mit dem Biber."

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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