Verschuldete Münchner:Am Limit

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Hohe Mietkosten und gesteigerter Konsum: Acht Prozent der Münchner sind so verschuldet, dass sie ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen können. Das sind 2000 Überschuldete mehr als vergangenes Jahr. Eine Untersuchung zeigt jetzt, in welchen Stadtteilen das Problem besonders akut ist.

Von Michael Tibudd

In München gibt es aktuell mehr überschuldete Menschen als vor einem Jahr: Fast 93.000 Bürger über 18 Jahren haben derzeit so viele Ratenkredite, Mietausgaben und sonstige Lebenshaltungskosten zu stemmen, dass es ihre Einnahmen übersteigt. Das sind rund acht Prozent der Bevölkerung.

Vor einem Jahr waren es noch 2000 Überschuldete weniger. Die Betroffenen dürften "in absehbarer Zeit" ihre Zahlungsverpflichtungen nicht begleichen können, hieß es - kein Wunder bei einer durchschnittlichen Schuldenhöhe von 33 000 Euro. Das ist das Ergebnis einer Auswertung aus den Datenbeständen der Inkassofirma Creditreform, die das Unternehmen am Dienstag gemeinsam mit der Schuldnerberatung der Stadt München vorstellte.

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Verblüffend sind dabei Details der Untersuchung, die die Entwicklung in den Stadtvierteln beschreiben. Demnach ist die Schuldnerquote in der Ludwigsvorstadt mit 2,2 Prozent am stärksten gestiegen, gefolgt von der Altstadt (1,7 Prozent) und dem Lehel (plus 1,4).

Die Ludwigsvorstadt, zu der auch das Bahnhofsviertel gehört, liegt damit auf Rang drei der Stadtbezirke mit den höchsten Schuldnerquoten. Vorne liegt das Hasenbergl (15,1 Prozent) vor Berg am Laim (14 Prozent); die Ludwigsvorstadt kommt auf 13,4 Prozent. Am anderen Ende der Skala liegen Harlaching (5,3), Solln (5,1) und Obermenzing (4,9).

Alleinstehende treffen die hohen Mieten besonders schwer

Wie der übermäßig starke Anstieg in den Innenstadtvierteln zu erklären ist, darüber können die Fachleute von Creditreform wie auch der Stadt München nur mutmaßen. "Die Mieten sind in diesem Bereich besonders hoch", sagt die Leiterin der städtischen Schuldnerberaterin Erika Schilz. In vielen Fällen sei das "ein Killer" für die Finanzierung des Lebensunterhaltes - insbesondere für allein lebende Menschen, die Miete, Heiz- und Stromkosten auch allein tragen müssten. Klaus Hofmeister, zuständiger Abteilungsleiter im Sozialreferat, weist darauf hin, dass es in diesen Vierteln besonders viele Pensionen für Obdachlose gibt - dass diese Geldprobleme haben, ist wenig überraschend.

Die Ursachen für die Überschuldung sind dabei mehr und mehr auf das Konsumverhalten der Menschen zurückzuführen. "Das wird ein immer stärkerer Teil bei den Schulden", sagt der Münchner Creditreform-Chef Philipp Ganzmüller. Waren im Jahr 2005 noch ganze 11 Prozent vor allem wegen eines überzogenen Einkaufsverhaltens überschuldet, sind es aktuell immerhin 14 Prozent.

Im gleichen Zeitraum ging hingegen Überschuldung in Folge von gescheiterter Selbständigkeit von 12 auf 7 Prozent zurück. Am weitesten verbreitete Ursache ist allerdings immer noch Arbeitslosigkeit, auch wenn ihr Anteil im vergangenen Jahr um 20 Prozent auf einen Wert von 26 Prozent zurückging.

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Sowohl Philipp Ganzmüller von Creditreform als auch die Vertreter der Stadt betonen, dass nicht alle Details aus der Erhebung schlüssig erklärbar sind - warum etwa die Überschuldung infolge von Krankheit zwischen 2005 und 2012 um 122 Prozent nach oben schoss, lässt die Fachleute rätseln. Die Stadt plant allerdings eine längerfristige Kooperation mit dem Inkassounternehmen: "Auf diese Weise erhalten wir Daten, die wir selber nicht erheben können", sagt Klaus Hofmeister. So könne die Stadt etwa das Beratungsangebot an den Bedarf anpassen.

© SZ vom 27.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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