Starnberger See:Wo sich Prominente kurieren lassen

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Von der Dachterrasse der P3 Klinik blicken Patienten auf den Starnberger See, die Lounge ist gediegen. (Foto: oh)

Neue Tutzinger Klinik für Menschen mit Burnout, Ängsten und Suchtproblemen will bereits erweitern. Mitgesellschafter ist der bekannte Fußballtrainer Felix Magath .

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Wenn Münchner Prominente unter Burnout, Ängsten oder Suchtproblemen litten und sich diskret behandeln lassen wollten, musste sie der renommierte Münchner Internist, Infektiologe, Suchtmediziner und Psychotherapeut Professor Markus Backmund, 58, häufig in die Schweiz schicken. Seit Mai behandelt er Patienten in der P3 Klinik in Tutzing. P3 steht für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Der Zulauf zur exklusiven Privatklinik, die mit Blick auf den Starnberger See wirbt, über Bibliothek und Wellnessbereich verfügt, und zu deren Therapieprogramm auch Golf gehört, ist offenbar groß. Die 19 Einzelzimmer und drei Suiten im keilförmigen "Tortenbau" der neuen Tutzinger Business Area an der Bräuhausstraße will die P3 Klinik GmbH jedenfalls um ein ganzes Gebäude nebenan erweitern. Die Baugenehmigung auf dem ehemaligen Roche-Gelände in Tutzings neuem Zentrum ist so gut wie durch.

Den Klinikneubau mit 90 Betten in 65 Zimmern unterstützt als Mitgesellschafter einer der bekanntesten deutschen Fußballer: Felix Magath, 67. Der Fußball-Star, der sowohl als aktiver Spieler wie auch als Trainer den Meistertitel holte, erlebte selbst auch die Niederungen einer erfolgreichen Karriere. "Wahrscheinlich war ich im Frühjahr 2011 als Trainer tatsächlich am Rande einer Depression", berichtete Magath in der Zeitschrift Bunte offen über seine Beweggründe, sich an der Klinik am Starnberger See zu beteiligen. Er habe ein halbes Jahr auf Schalke hinter sich gehabt, sei ständig öffentlich kritisiert worden und habe alle negativen Emotionen abbekommen. "Das hat mir stark zugesetzt - das muss ich heute gestehen", sagt Magath, der als harter Hund galt. Bei einem damals besseren Verständnis hätte er wahrscheinlich mit psychologischer Betreuung die Situation anders verarbeiten können, wie er weiter ausführt. Als Schalke sich von ihm trennte, habe er nach nur einer Woche einen neuen Vertrag beim VfL Wolfsburg unterschrieben, "im Bewusstsein, dass ich eigentlich dringend eine Pause gebraucht hätte". Seine damalige Situation beschreibt Magath so: "Ich bin morgens aufgewacht und dachte: ,Heute stehst du nicht auf und bleibst liegen.' Mir war alles einfach zu viel. Damals habe ich einen tiefen Abgrund gesehen und um ein Haar wäre ich hineingefallen." Er sei überzeugt, dass ihn einzig seine Familie davor bewahrt habe, krank zu werden. Warum er sich keine professionelle Hilfe geholt habe, erklärt Magath in der Bunten damit, dass "psychisch krank" in der Zeit, in der er Fußball gespielt habe, als "Makel" gegolten habe. Heute sei er überzeugt, "dass wir Menschen helfen können".

Fußball-Star Felix Magath weiß, wie wichtig professionelle Hilfe sein kann. (Foto: Stephan Rumpf)

Wie der Kontakt mit Felix Magath zustande kam, erläutert Professor Backmund auf SZ-Anfrage. Ein Arztkollege, der mit Magath seit dessen Zeit beim FC Bayern bekannt gewesen sei, habe ihn hergestellt. Nach einem informellen Gespräch habe sich Magath nicht nur interessiert gezeigt, sondern ihm auch sehr anschaulich geschildert, "dass auch ihm im Verlauf einer langen Berufskarriere die Problemfelder Depression und Sucht im Profisport des Öfteren begegnet sind". Über dieses sehr offene Gespräch sei man schließlich in gemeinsamem Engagement zusammengekommen.

Professor Markus Backmund sieht im schönen Ambiente einen Heilfaktor. (Foto: Thomas Pfohl/oh)

Zu 80 Prozent behandelt die Tutzinger Klinik derzeit Backmund zufolge Patienten und Patientinnen mit Depressionen und Suchtkrankheiten. "Krankschreibungen wegen Depressionen liegen nach Rückenbeschwerden inzwischen an zweiter Stelle, obwohl sie wahrscheinlich noch erheblich unterdiagnostiziert sind", verweist der Mediziner auf die große Verbreitung dieses Krankheitsbildes in der Bevölkerung. Betroffen seien alle Schichten und Generationen. In die P3 Klinik kämen Studenten, Beamte, sogar Ärztekollegen, aktuell auch der Leiter eines Familienunternehmens, der seit Corona nicht wisse, ob er die drohende Pleite abwehren könne. Aktuell beschäftigt die Einrichtung laut Betreiber etwa 40 Mitarbeiter, darunter "fachkompetente Mediziner, Betreuer und Pflegepersonal mit großem Einfühlungsvermögen". Den Patienten steht ein eigenen Restaurant mit gut geschultem Service zur Verfügung. "Gute und richtige Ernährung spielt für den Genesungsprozess eine sehr wichtige Rolle", ist Backmund überzeugt. Zudem helfe eine schöne Umgebung und das richtige Ambiente. "Der Blick von unserer Terrasse auf den See, die Zugspitze, den Himmel - das entspannt und heilt. Und es erdet."

Wer es lieber diskret mag, speist auf dem Zimmer. (Foto: oh)

Tutzings Sozialreferentin Caroline Krug sieht die Privatklinik und deren massive Erweiterung hingegen kritisch. "Es ist bedauerlich, dass wir immer mehr Zweiklassenmedizin kriegen", so der Einwand der ÖDP-Gemeinderätin kürzlich in der Sitzung, in der es um die Baugenehmigung ging. Backmund widerspricht: "Wir sind nicht abgehoben oder elitär, wer Hilfe benötigt, kann zu uns kommen." Gesetzliche Kassen zahlten auf Antrag die Pflegepauschale, die für ein Vergleichskrankenhaus wie etwa die Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Münchner Nußbaumstraße fällig wäre. Aktuell kämen etwa 40 Prozent der Patienten aus der gesetzlichen Krankenversicherung.

© SZ vom 19.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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