Schüler ertrinkt im Starnberger See:Rudertrainer wegen fahrlässiger Tötung angeklagt

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In der Bucht vor dem Münchener Ruder-Club in Starnberg hatten etwa 20 Schüler bei böigem Wind und Wellengang ihr Training begonnen - von dem Leo nicht wiederkam. (Foto: Georgine Treybal)

Sechs Jahre nach dem Tod des 13-jährigen Leo muss das Amtsgericht den Fall erstmals aufarbeiten. Zum Prozess sind zehn Zeugen geladen.

Von Christian Deussing, Starnberg

Sechs Jahre nach dem Tod des 13-jährigen Ruderschülers Leo im Starnberger See wird das Unglück jetzt doch noch in einem Prozess vor dem Amtsgericht Starnberg aufgearbeitet. Die Verhandlungen sind für 21. Juni und 12. Juli angesetzt, geladen sind zehn Zeugen, darunter ein Rechtsmediziner. Angeklagt sind zwei damalige Übungsleiter wegen "fahrlässiger Tötung durch Unterlassen".

Die heute 54 und 72 Jahre alten Betreuer sollen laut Staatsanwaltschaft am 19. April 2015 ihre Aufsichtspflichten verletzt haben, was ein Gutachten belege. Die Eltern von Leo treten als Nebenkläger auf. Sie hoffe, dass in dem öffentlichen Prozess die Schuldfrage geklärt werde, sagt Magda-Lia Bloos, die bei dem Rudertraining ihr einziges Kind verloren hat. Das Unglück sei vermeidbar und Leos Tod "kein Schicksal" gewesen, sagt die 51-jährige Dolmetscherin.

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Die Angeklagten hatten vor sechs Jahren eine Schülergruppe des Münchner Wilhelmsgymnasiums betreut und gegen 18 Uhr mit dem Training begonnen. Der 13-jährige Leo hatte ohne Rettungsweste und Handy in einem Einerboot gesessen. Der Schüler war bei böigem Wind in der Starnberger Bucht offenbar unbemerkt von den Trainern nach Westen abgetrieben und ins Wasser gefallen. Leo ertrank im acht Grad kalten Wasser. Er wurde erst sechs Tage später aus 35 Metern Tiefe geborgen - etwa 1350 Meter vom Münchener Ruder-Club (MRC) entfernt. Dem Vernehmen nach sollen damals auch zwei Mädchen aus Angst davor, bei dem widrigen Wetter in ihrem Zweierboot zu kentern, die Übung vorzeitig abgebrochen haben.

Die Anklage war bereits im November 2015 vor dem Landgericht München II erhoben worden, das den Fall aber erst drei Jahre später wegen Überlastung dem Amtsgericht zuwies. Dort entschied vor 14 Monaten die zuständige Richterin, das Verfahren ohne Verhandlung gegen Geldauflagen von 50 000 und 12 000 Euro einzustellen. Es bestehe zwar "nach der Aktenlage ein hinreichender Tatverdacht", hieß es seitens des Amtsgerichts. Es sei aber nicht davon auszugehen, dass die Betreuer eine derart schwere Schuld treffe, dass diese einer Einstellung des Verfahrens entgegenstehen würde.

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Dagegen legten die Staatsanwaltschaft München II und Leos Eltern Beschwerde ein. Das Landgericht München II hob daraufhin den Beschluss des Starnberger Gerichts auf. Zuvor hatte das Amtsgericht Befangenheitsanträge gegen seine Richterin abgelehnt.

Trotzdem wird jetzt mit Karin Beuting eine andere Amtsrichterin die Hauptverhandlung am 21. Juni eröffnen. Die vorherige Richterin habe sich nach dem "langen Hin und Her nicht mehr Lage gesehen, diesen Prozess zu führen", sagt Ralf Jehle, Sprecher des Amtsgerichts in Starnberg. Und deswegen habe sie das Verfahren selbst abgegeben.

Den Eltern von Leo geht es im Prozess nach eigenen Worten nicht um Sühne, sondern um Aufklärung und generelle Prävention, damit sich die aus ihrer Sicht erwiesenen Regelverstöße bei dem Rudertraining vom 19. April 2015 nie wiederholen. Die erfahrenen Betreuer sollen dabei auch interne Vorschriften des Vereins missachtet haben, so ein Gutachter.

© SZ vom 18.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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