Fahrrad:Alle Lücken im Routennetz des Fünfseenlands

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Diese 23 Trassen fehlen laut Landratsamt. Sie zu bauen, würde Millionen kosten und Jahre dauern.

Von Sabine Bader, Ute Pröttel und Otto Fritscher, Starnberg

Ein Netz von Radwegen erstreckt sich vom Würmtal und dem Starnberger See bis hinüber zum Ammersee. Doch es weist viele Lücken auf. Die Verkehrsmanagerin im Landratsamt will das ändern und hat mit dem Staatlichen Bauamt Weilheim und einem Planungsbüro ein durchgängiges Konzept erstellt. Damit soll das Radeln sicherer und attraktiver werden. Nur so ist zu erreichen, dass nicht nur Ausflügler am Wochenende mit dem Fahrrad das Fünfseenland erkunden, sondern auch im Alltag das Auto in der Garageleibt und das Fahrrad für die Wege zum Einkaufen, zur Arbeit oder zur S-Bahn genutzt wird. "Wir sind der einzige Landkreis in Oberbayern, der ein fertiges Konzept für Alltagsradrouten vorweisen kann", sagt die Verkehrsmanagerin Susanne Münster. Bis es umgesetzt wird, werden aber noch Jahre vergehen. Die Experten haben den fehlenden Teilen unterschiedliche Prioritäten zugeordne; Kriterien sind dabei die Verkehrssicherheit, der Umfang des Vorhabens und seine Bedeutung für das Wegenetz. Neun ist die höchste Priorität.

Starnberger See

1 Wer am Ostufer des Starnberger Sees nach Starnberg radelt, der kann ein zwei Kilometer langes Stück zwischen Münsing und Allmannshausen sicher auf einem neuen Radweg neben der Staatsstraße zurücklegen. Der Weg endet allerdings in Weipertshausen; danach beginnt der Zuständigkeitsbereich der Gemeinde Berg. Es fehlt das Stück bis Allmannshausen, wo es dann wieder einen durchgängigen Weg nach Percha gibt. Damit der Lückenschluss schneller zu realisieren ist, wären die Berger sogar bereit, einen Teil der Kosten zunächst selbst zu übernehmen. Kommunale Sonderbaulast, heißt das im Fachjargon. Das bedeutet: Die Gemeinde bezahlt erst selbst und erhält dann einen Großteil der Kosten vom Freistaat erstattet. Allerdings muss der Radweg zeitgleich mit der Erneuerung des Staatsstraße gebaut werden, und die plant das Staatliche Bauamt Weilheim erst im Jahr 2021. Darum ist die 1,2 Kilometer lange Etappe in der Prioritätenliste nicht allzu hoch bewertet. Bergs Bürgermeister Rupert Monn nennt es jammervoll, wie dieses Projekt immer wieder aufgeschoben wurde. Dabei ist in einer Auflistung des Landratsamts die Rede von den schlechten Sichtverhältnissen auf der engen Staatsstraße und davon, dass schon wegen der Steigung ein eigener Radweg nötig wäre. Priorität: vier, Kosten: 254 000 Euro.

2 Eine kleine Lücke weist die Verbindung am See auch in Percha kurz vor Starnberg auf. Zwischen dem Bucentaurweg bis zum Schiffbauerweg fehlt ein separater Weg für die Radfahrer. Dort müssen Radler entweder auf den Bürgersteig ausweichen, was sie offiziell nicht dürfen oder auf der Straße fahren. Wer aber den Verkehr in Percha kennt, der weiß, wie eng es dort vor allem bei schönem Wetter werden kann. Priorität: sieben, Kosten: 25 000 Euro.

3 Auch am Westufer des Starnberger Sees klaffen noch mehrere Lücken. So gibt es noch keinen Radweg entlang der Staatsstraße zwischen Bernried und Unterzeismering, obwohl der Weg von vielen Bürgern gewünscht wird, da die alternative Route über den Höhenrieder Weg nicht alltagstauglich ist, haben die Verkehrsexperten festgestellt. Priorität: neun, Kosten: 316 000 Euro.

4 Der Weg zwischen dem Abzweig Lindemannstraße und dem Ortsschild von Unterzeismering ist bislang ein reiner Fußweg. Damit ihn Radfahrer mitbenutzen können, müssen die Straßenbauer ordentlich Geld in die Hand nehmen. Priorität: sechs, Kosten: 214 000 Euro.

5 Auch fehlt noch ein etwa 380 Meter langes Teilstück an der Straße zwischen dem neuen Radweg Richtung Kampberg und dem Ortseingang von Tutzing. Etwa 1800 Autos sind dort pro Tag unterwegs. Dass die Gemeinde Geld vorstreckt, ist für die Tutzinger Bürgermeisterin Marlene Greinwald keine Alternative, um die drei Projekte in ihrer Gemeinde zeitlich etwas zu beschleunigen. "Das ist bei unserer Finanzlage einfach nicht drin", sagt sie zur SZ. Dennoch sei der Bau von Radwegen absolut wünschenswert. Darum will Greinwald sich zumindest um eine bessere Beschilderung in ihrer Gemeinde kümmern. Priorität: sieben, Kosten: 114 000 Euro.

6 In Feldafing soll der Weg an der Staatsstraße zwischen der Abzweigung in Richtung Traubing und der Siemensstraße aufgeweitet und fahrradtauglich gemacht werden. Nach Ansicht von Bürgermeister Bernhard Sontheim ist dieses Vorhaben aber nicht so wichtig wie eine durchgehende Radwegverbindung von Starnberg bis Feldafing. Priorität: sechs, Kosten: 163 000.

7 Besonders wichtig ist den Verkehrsexperten ein Radweg zwischen Possenhofen und Feldafing. Darin stimmen sie auch mit Bürgermeister Sontheim überein. "Das hat für mich höchste Priorität, das Radeln auf der Staatsstraße ist lebensgefährlich", sagt der Feldafinger Bürgermeister. Es sei schon immer wieder über den Ausbau diskutiert worden, "aber nun muss gehandelt werden", meint er. Noch gar nicht im Ausbauplan ist laut Sontheim ein Teilstück, das auf der Seite des Golfclubs vom Hotel Kaiserin Elisabeth "über die gefährliche Kuppe" bis zum Anfang des Radwegs nach Garatshausen führt. "Da muss ich mal mit den Grundeigentümern reden", sagt der Rathauschef. Doch jetzt geht es erst einmal um die Verbindung von Possenhofen nach Feldafing. Priorität neun, Kosten: 215 000 Euro.

8 Vor allem bei schönem Wetter fahren viele Autofahrer am Westufer des Starnberger Sees zwischen Possenhofen und Niederpöcking. Laut Landratsamt befahren die Strecke durchschnittlich 7 700 Autos pro Tag. Ein Radweg an der mehr als zwei Kilometer langen und stark befahrenen Straße wäre daher dringend notwendig. Anfang Mai wollen sich Verkehrsmanagerin Münster, Bürgermeister und Vertreter des Staatlichen Bauamts treffen und nach Lösungen suchen. Die Prioritäten: neun und sieben. Kosten: 634 000 Euro.

Würmtal

Viele Schulkinder nutzen den Schotterweg entlang der S-Bahnstrecke zwischen Stockdorf und Gauting (Foto: Arlet Ulfers)

9 Weiter geht es im Würmtal. Einen Geh- und Radweg zwischen dem Schloßhölzl in Starnberg und Petersbrunn gibt es bereits. Er führt entlang der Staatsstraße, auf der täglich etwa 9500 Fahrzeuge unterwegs sind. Allerdings ist der mehr als einen Kilometer lange Radweg nicht breit genug. Die Verbindung soll im Zuge der Machbarkeitsstudie für Radschnellwege untersucht werden, die der Landkreis und die Landeshauptstadt München in Auftrag gegeben haben. Priorität: vier. Kosten: 172 000Euro.

10 Der unbefestigte Forstweg neben der S-Bahntrasse zwischen dem Mühltal und Königswiesen ist zweieinhalb Kilometer lang. Auch er wird nach Angaben des Starnberger Landratsamts als Korridor 11 in der Potenzialanalyse der Landeshauptstadt überprüft. Die Gemeinde Gauting hat einen Ausbau des Wegs auf ihre Kosten als zu teuer verworfen. Priorität: fünf, Kosten: 10, 11: 13, 35 Millionen Euro.

11 Als besonders vordringlich erachteten die Behörden die mehr als zweieinhalb Kilometer lange Verbindung zwischen Gauting und Stockdorf westlich der S-Bahngleise. Dort sind morgens und am Mittag sehr viele Schüler untrewegs. Auch diese Trasse wird im Rahmen der Machbarkeitsstudie für eine Radschnellwege untersucht. Priorität neun.

Richtung Ammersee

12 Etwa 2700 Fahrzeuge sind täglich auf der Verbindungsstraße zwischen Gauting und Weßling unterwegs. Zwischen Gauting und Unterbrunn gibt es bereits einen Radweg entlang der Staatsstraße. Wer aber weiter in Richtung Oberpfaffenhofen fahren möchte, dem bleibt derzeit nichts anderes übrig, als auf der Straße zu fahren, auf der auch viele Kieslaster unterwegs sind. Das soll sich ändern, wenn es nach der Verkehrsmanagerin Münster geht. Zwar ist die vier Kilometer lange Straße schon jetzt ins Bauprogramm des Freistaats zum Radwegeneubau entlang von Bundes- und Staatsstraßen aufgenommen, Münster will aber erreichen, dass das Projekt eine höhere Priorität in der Programmfortschreibung erhält. Priorität: sieben, Kosten: 292 000 Euro.

13 Im Hinterkopf hat die Starnberger Verkehrsmanagerin auch weiterhin den Bau eines Radweges von Frohnloh bis zum Kreisverkehr in Argelsried. Der ist nach ihrem Dafürhalten aber nicht schnell zu realisieren. Dafür gibt es jetzt eine Ausweichroute durch den Wald (siehe 14).

14 Freizeitradler kennen sie längst, die unbefestigte Forststraße im Unterbrunner Holz, über die man von Frohnloh in Richtung Gilching fährt. Die Strecke ist gut zwei Kilometer lang. Ertüchtigen heißt in diesem Fall das Zauberwort, damit der Weg bei jeder Witterung für Radler befahrbar und damit alltagstauglich wird. Priorität: sieben, Kosten: nicht ausgewiesen.

15 Gut drei Kilometer lang ist auch das Radwegestück, das zwischen Seefeld und Perchting noch fehlt. Etwa 2300 Autofahrer benutzten diese kurvige und schmale Strecke mit schlechten Sichtverhältnissen täglich. Ein Radlweg wäre dort auch nach Ansicht der Verkehrsexperten sinnvoll. Priorität: fünf, Kosten: 967 000 Euro.

16 Wenn der Bus von Tutzing in Richtung Andechs kommt, dann wird es für Radfahrer richtig eng auf der mehr als zwei Kilometer langen Strecke zwischen Traubing und Machtlfing. Landschaftlich ist sie ein Traum, aufgrund des hügelig und moorigen Geländes ist die Trassenführung aber eine Herausforderung für die Planer. Priorität: sechs, Kosten 692 000 Euro.

17 Es gibt noch eine kleine Lücke zwischen dem Radweg von Herrsching bis zum Badegeländen Aidenried und von dort zum Radweg nach Fischen. Die Lücke ist nur gut 300 Meter lang. Momentan radeln die Ausflgügler durch das dortige Erholungsgebiet. Dass dieses Projekt dieselbe Priorität hat, wie der Weg zwischen Andechs und Herrsching, stößt im Andechser Rathaus auf Verwunderung. Durch das Erholungsgelände bei Wartaweil bestehe ein problemlos befahrbarer Weg, heißt es dort. Dennoch: Der straßenbegleitende Radweg würde auch dort den schnellen Anschluss an die Radwege des Nachbarlandkreises bedeuten. Priorität: acht, Kosten: 119 000 Euro

„Achtung Radfahrer“, besagt das Warnschild, das an der Staatsstraße zwischen Andechs und Herrsching steht (Foto: Arlet Ulfers)

18 Auf einem fast drei Kilometer langen Radweg gelangen nicht nur die Andechser schnell zur S-Bahn nach Herrsching, er schafft auch eine Verbindung zwischen Starnberger See und Ammersee. Natürlich geht es dem Landkreis mit seinem Konzept vorwiegend um die Alltagsradler. Und wenn das neue Gymnasium in Herrsching fertig ist, wird die Strecke auch von Schulkindern genutzt. Eine besondere Herausforderung stellt die Topographie Geländes dar. Laut dem Andechser Bauamtsleiter Michael Kuch steigt das Rathaus jetzt verstärkt in die Planung ein. Priorität: acht. Kosten: 868 000 Euro.

19 Aufgrund der Topografie ist es auch schwierig, am östlichen Ufer des Pilsensees einen Radweg parallel zur Staatsstraße zu bauen. Darum geben die Experten dem Vorhaben lediglich die Priorität vier. Und weil die 3,2 Kilometer lange Streckenführung ihre Tücken hat, wollen die Verkehrsexperten erst einmal den parallel zur S-Bahn verlaufenden Weg am westlichen Pilsenseeufer instandsetzen. Mit welchem Aufwand dies möglich ist, wird derzeit geprüft. Priorität: vier, Kosten: 986 000.

20 Zeitnah wollen die Verkehrsplaner die vier Kilometer Radweg bauen, der zwischen Herrsching und Breitbrunn noch fehlen. Die Gemeinde Herrsching plant ihn bereits konkret und verhandelt auch über den dafür nötigen Grunderwerb. Sollten die Flächen bald zur Verfügung stehen, will man ein förmliches Verfahren einleiten. Priorität: acht, Kosten: 1 212 000 Euro.

21 Fast 5000 Autofahrer sind täglich auf der Strecke zwischen Breitbrunn und Inning unterwegs. Der geplante Radweg dort würde zwei Kilometer lang und wird von den Verkehrsexperten als besonders wichtig erachtet: Priorität: neun, Kosten: 634 000 Euro.

22 Dreieinhalb Kilometer misst die Strecke zwischen Inning und Schlagenhofen entlang der Staatsstraße, auf der auch noch eine Lücke im Alltagsradnetz klafft. Allerdings wird sie wohl nicht so bald geschlossen und erst dann gebaut, wenn auch die Straße zwischen Schlagenhofen und dem Badegelände Oberndorf, auf der täglich fast 4000 Fahrzeuge unterwegs sind, ausgebaut wird. Priorität: sechs, Kosten: eine Million Euro.

23 Ihn gibt es bereits Radweg, den Radweg entlang der Eichenallee, der bis nach Weßling führt. Das freut die Radler, die hier täglich unterwegs sind. Was sie weniger freut, ist allerdings die Tatsache, dass die 400 Meter lange Strecke zwischen Meiling und Delling zahlreiche schadhafte Stellen aufweist. Diese sollen so schnell wie möglich beseitigt werden. Priorität: vier. Kosten: nicht ausgewiesen.

© SZ vom 06.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Verkehr
:Wo Radfahrer an Starnberger See und Ammersee ausgebremst werden

Im Radwegenetz des Fünfseenlandes klaffen 23 teilweise kilometerlange und gefährliche Lücken entlang von Staatsstraßen. Nur eine davon will das Staatliche Bauamt in diesem Jahr schließen.

Von Ute Pröttel

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