Herrsching:Kokain im Schrank, Messer unterm Tisch

Lesezeit: 2 min

49-Jährige Frau muss sich wegen Drogenhandels vor dem Münchner Landgericht verantworten.

Von Christian Deussing, Herrsching

Rauschgiftfahnder überraschten die Frau vor einem knappen Jahr in ihrer Herrschinger Wohnung. Sie soll am frühen Morgen dabei gewesen sein, sich eine Linie Kokain im Wohnzimmer zu ziehen. Die Ermittler entdeckten bei ihr im Schrank 21,3 Gramm Kokain und 17,1 Gramm Marihuana, das sie in München gekauft haben will. Zudem fanden die Kripobeamten laut Anklage auf der Ablage unter dem Couchtisch eine Feinwaage, eine Rolle Alufolie und griffbereit ein Klappmesser mit einer acht Zentimeter langen Klinge. Die allein lebende Herrschingerin wurde verhaftet. Sie muss sich seit Dienstag wegen unerlaubten und bewaffneten Handels mit Betäubungsmitteln vor dem Landgericht München II verantworten.

In der Anklage wird der 49-Jährigen auch vorgeworfen, von einem Bekannten in mindestens sieben Fällen jeweils 100 Gramm Amphetamine erworben zu haben, um sie mit Gewinn an eine Vielzahl von Abnehmern weiterzuverkaufen. Das streitet die Angeklagte aber ab, sie räumt lediglich zwei Drogengeschäfte ein, die sich im Herbst 2020 abgespielt hätten. Beim ersten Mal habe der Bekannte 50 statt der vereinbarten 20 Gramm Amphetamine übergeben und beim zweiten Termin etwa 80 Gramm davon geliefert, erzählt die Frau, die sich vor ihrer U-Haft mit 450-Euro-Jobs und Sozialhilfe nur mühselig über Wasser hielt. Einen Kredit über 7000 Euro, so ihre Angaben, habe sie nicht mehr bedienen können und sei dann insolvent gewesen.

"Ich war im psychischen Stress", sagt die Angeklagte im Prozess

Außerdem beteuert die Beschuldigte, Amphetamine und Kokain nur selbst konsumiert zu haben. "Ich war so hilflos, im psychischen Stress und im Sog", erzählt die untersetzte Frau. Zudem habe sie der Bekannte als Lieferant unter Druck gesetzt und sie ausgenutzt. Die 49-Jährige weint, nimmt ihre schwarz umrandete Brille ab und greift zum Taschentuch. Der Kontakt sei nach einem Streit abgebrochen, weil sie wegen ihres kranken Hundes lieber die Tierarztrechnung als die Schulden für den Stoff zahlen wollte. Angst habe sie aber deswegen vor dem Mann nicht gehabt - auch nicht vor dem Baseballschläger in seinem Auto. Denn sie habe 20 Jahre Kampfsport betrieben.

Im Prozess wird auch ihr ehemaliger Lieferant vernommen, der noch auf seinen Prozess wartet. Der 28-jährige Handwerker aus dem Weilheimer Raum belastet die Herrschinger weiterhin und behauptet, dass er mindestens fünf Geschäfte mit der Angeklagten gemacht habe und ihr je 100 Gramm Amphetamine und einmal fünf Gramm Marihuana verkauft habe. Aber nicht alles sei bezahlt worden, 300 bis 600 Euro seien noch offen. Er selbst gibt in der Verhandlung an, damals Crystal Meth konsumiert zu haben.

Das Gericht ist sich noch nicht schlüssig, wie glaubhaft die jeweiligen Aussagen sind. Für Richterin Marion Tischler ist auch das aufgefundene Klappmesser in der Nähe der Drogen ein Knackpunkt. Zudem zweifelt die Staatsanwältin erheblich an der Version der angeklagten Frau, dass die Rolle Alufolie nicht für den Bau von Plomben, sondern für bestellte Burger gedacht gewesen sei. Der Prozess dauert an.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: