Gauting bis Tutzing:Anwohner klagen über Lärm: Bahn schleift neue Gleise nach

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Ein Schleifzug (wie hier auf dem Bild) hat zwischen Tutzing und Gauting Schienen bearbeitet, um den Zuglärm zu reduzieren. (Foto: Max Lautenschläger/Bahn AG)

Der Krach soll nach der millionenteuren Erneuerung sogar noch schlimmer geworden sein. Nun hat der Konzern reagiert und nachts einen Spezialzug geschickt.

Von Christian Deussing, Tutzing

Anja Behringer aus Tutzing wird nicht mehr aus dem Schlaf gerissen, wenn nachts Züge mit Getöse über die Schweißnähte rumpeln. Die 66-Jährige wohnt in der Nähe der Gleise am Bahnweg der Traubinger Straße. Sie litt seit Jahren unter dem Lärm der Züge, der nach dem zweimaligen Austausch von Schienen nördlich des Tutzinger Bahnhofs drastisch zugenommen haben soll. Nun aber erlöste vor wenigen Tagen ein lang ersehnter Schleifzug die Anwohnerin und viele Nachbarn von dem Geratter entlang der 200 Meter langen Strecke mitten im Ort. Der spezielle Arbeitswagen der Bahn war kurz zuvor auch weiter nördlich auf der Strecke bis Gauting eingesetzt worden, um Unebenheiten auf ausgewechselten Schienen zu beseitigen, wie ein Bahnsprecher mitteilt.

"Die Züge surren jetzt schnell vorbei, das Geräusch ist wieder gut erträglich", sagt Behringer erleichtert. Auch Anlieger südlich des Starnberger Bahnhofs See und bei Königswiesen zwischen Gauting und Starnberg können aufatmen. Denn auch dort gab es Beschwerden über Vibrationen und das Dröhnen von Zügen, nachdem im Vorjahr Schienen erneuert und das Gleisbett teilweise umgebaut worden waren. Zum letzten Mal ist Behringer in der Nacht zum 16. April aufgeschreckt: "Ich hörte auf den Gleisen einen Höllenlärm", erzählt die Tutzingerin. Doch schon am nächsten Morgen habe sie bemerkt, dass vor allem die Regionalbahnen viel leiser an ihrem Haus vorbeifuhren. Seit Herbst 2018 habe sie auf diesen Schleifzug gewartet und die Bahn immer wieder auf die unerträgliche Lärmbelästigung hingewiesen. Von dem Unternehmen hatte sich die Tutzingerin aber schlecht informiert, vertröstet und hingehalten gefühlt.

Jetzt verstehe sie wieder "ihr eigenes Wort in Gesprächen mit ihrem Mann im Wohnzimmer oder in der Küche", sagt die Anliegerin. Auch im Keller seien die Vibrationen nicht mehr zu spüren, wenn Züge mit zwei Lokomotiven vorbeirauschten. Ähnliches berichteten vor einigen Monaten Familien südlich von Gauting. Sie hatten gehofft, dass nach dem 13 Millionen Euro teuren Austausch der Schienen die Züge geräuschloser an ihren Anwesen vorbeifahren würden. Allerdings sei das Gegenteil eingetreten, denn das Abrollgeräusch der Bahn sei "viel härter und dröhnender geworden", klagten damals Anwohner in Königswiesen. Nun seien die Züge aber deutlich leiser, berichtet ein älteres Ehepaar, "und auch die Erschütterungen und das Dröhnen im Haus sind zum Glück vorbei." In ihrem Bereich sei vor wenigen Wochen auch das Gleisbett mit Schotter nachverdichtet worden, was wohl zusätzlich den Lärm reduziert haben könnte, vermuten die Eheleute.

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Doch entscheidend dürfte jetzt der Einsatz des Schleifzuges gewesen sein. Dabei würden die Oberflächen der Schienen geschliffen, um Unebenheiten zu entfernen, die durch das Abrollen von Drehgestellen der Züge auf den Gleisen entstanden seien, erläutert der Bahnsprecher. Diese Züge besitzen mehrere Schleifköpfe und bearbeiteten den Schienenkopf in verschiedenen Winkeln , um wieder die "ideale Kontaktfläche zwischen Schiene und Radkranz herzustellen", so der Sprecher.

Dass sie durch den lauten Schleifzug nachts geweckt worden ist, hat Anja Behringer gern in Kauf genommen. Denn nun sei es in ihrem Haus und Garten endlich ruhiger geworden.

© SZ vom 21.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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