An den ersten drei September-Tagen geht das 1. "Queer Literatur Festival München" über die Bühne des Saals X im Kulturzentrum Gasteig HP8. Bei dieser Premiere steht am Samstagnachmittag auch eine Kinderlesung auf dem Programm. Vorgetragen werden "Geschichten über das Anderssein, Geschichten über das Selbstsein und Geschichten über das Sein an sich", heißt es in der Ankündigung. Das Ganze findet in einer kleineren Halle statt, hinein kommen bloß Familien mit Kindern, und das auch nur nach schriftlicher Anmeldung. "Wir sind uns bewusst, dass es Probleme geben könnte", sagt der Festivalleiter Korbinian Häutle.
Als die Münchner Stadtbibliothek während der sogenannten Pride Weeks für die LGBTIQ-Szene im Juni eine Drag-Lesung für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren anbot, geriet das zum Politikum. Die CSU forderte, dass Kinder "nicht mit woker Frühsexualisierung indoktriniert" werden, die Freien Wähler fürchteten "Kindswohlgefährdung". Am Tag der Lesung schützte ein großes Polizeiaufgebot die Stadtbibliothek in Bogenhausen, davor demonstrierten AfD und einige Kleingruppen gegen die Veranstaltung und weitaus mehr Menschen dafür; der Verein "München ist bunt" hatte dazu aufgerufen. Anhänger der rechtsgerichteten "Identitären Bewegung" versuchten, ins Gebäude einzudringen und die Lesung zu stören. Angesichts der vorangegangenen Aufregung stellte sich die dann als recht harmlos heraus.
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Häutle ist zuversichtlich, dass die von ihm verantwortete Kinder-Lesung ungehindert verläuft. Der Ärger im Frühsommer hatte sich ja am Künstlernamen des beteiligten Drag-Kings entzündet - "Eric Big Clit", große Klitoris. Diesmal liest die Geschichten kein Verkleidungskünstler unter womöglich anstößigem Pseudonym, sondern der Bühnenschauspieler Mario Högemann. Die Kinderbuchhandlung Kuckuck hat bei der Auswahl der Bücher mitgewirkt: "Alles rosa" von Maurizio Onano, "Hundemüde und hellwach" von Lawrence Schimel und Elina Braslina sowie "Schmetterlingskind" von Marc Majeweski. Darin geht es um Geschlechterklischees, Regenbogenfamilien und eigene Persönlichkeiten. Von potenziellen Kritikern hat der Festivalchef Korbinian Häutle noch nichts gehört. "Bisher ist es relativ ruhig", sagt er. "Wir sind guter Dinge."