Fünf für München:Von schiefen Tönen und Schinkenspezialisten

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Uh-Seok Han. (Foto: Manuel Nieberle)

Uh-Seok Han veranstaltet Karaoke-Clubnächte, C. Bernd Sucher berichtet vom deutschen Judentum und Künstlerinnen und Künstler begleiten LGBTIQ-Seniorinnen und Senioren - die Münchnerinnen und Münchner der Woche.

Von Sabine Buchwald und Stefanie Witterauf

Karaoke in Bayern

Vier Freundinnen und Freunde haben in München einen kulturellen Missstand gefunden: Die Stadt hatte ihrer Meinung nach kein gescheites Karaoke, also das Live-Singen bekannter Lieder zu Instrumental-Playback, meint Uh-Seok Han. "Also abseits des Guiness-getränkten 3-Promille-Wonderwall-Gegröhles in Irish Pubs oder verschämten 6-Tequila-Sunrise-intus-Einlagen von Sweet Caroline in Thai-Restaurants", sagt der 31-Jährige. Deswegen veranstaltet Han zusammen mit Robert Lohmeyer, Sarah Löscher und Elena Pabst seit Februar 2023 "Karaoke Bayern" im Nachtclub "Goldener Reiter" im Glockenbachviertel. Dort soll am 31. Oktober die vierte Ausgabe stattfinden.

Besonders wichtig war Han die pädagogische Seite. "Singen ist eine der schönsten und zugänglichsten Formen menschlichen Ausdrucks und Kommunikation", sagt Han. Musik sei für ihn ein Medium, um Geschichten zu erzählen und Gefühle mitzuteilen, auf eine Art, zu der Worte allein manchmal nicht fähig seien. Allerdings würden nicht mehr viele Erwachsene laut in der Öffentlichkeit singen. Warum? Dazu hat Han eine Theorie. Er glaubt, ihnen sei in jüngeren Jahren gesagt worden, dass sie nicht gut singen könnten, sie sich daher schlicht nicht mehr trauten. "Und wenn, dann eben nur ironisch und stockbesoffen, damit man sich auch ja nicht emotional angreifbar macht, falls sich doch wieder jemand lustig machen sollte", führt Han aus.

Genau solchen Menschen will er mit seiner Veranstaltungsreihe einen sicheren Ort verschaffen, an dem sie alles rauslassen können - auch schiefe Töne. Bisher habe das - bis auf die Technik, schränkt er ein - gut geklappt.

Feinkost in Brunnthal

Brigitte Behler. (Foto: Feinkost Käfer)

Die italienische Region Emilia-Romagna ist für Parmaschinken berühmt. Die Hinterkeule vom Schwein wird mit Meersalz eingerieben und reift mindestens vierzehn Monate. Vergangenes Jahr wurden rund acht Millionen dieser Parmaschinken hergestellt. Etwa ein Drittel wird exportiert. 363 000 Stück wurden nach Deutschland geliefert und dort unter anderem von der Brunnthaler Feinkosthändlerin Brigitte Behler verkauft. Der Verband der Parmaschinken-Hersteller Consorzio del Prosciutto di Parma hat sie nun zum vierten Mal zur Parmaschinken-Spezialistin ausgezeichnet. Die Jury hob ihre Kundenberatung hervor.

Queer im Alter

Bei dem interdisziplinären Projekt "Mit euren Spuren" haben sechs Fotografinnen und Fotografen aus München queere Seniorinnen und Senioren getroffen, ein Jahr begleitet und immer wieder fotografiert. Entstanden sind Videos und Fotografien, die schon teilweise in der Pinakothek der Moderne im Rahmen der Ausstellung "Hey Alter" präsentiert worden sind. Die Künstlerinnen und Künstler Stella Deborah Traub, Francesco Giordano, Mara Fischer, Florian Tenk, Joseph Wolfgang Ohlert und Teo Ana Apostolescu haben gerade eine Crowdfunding-Kampagne am Laufen, um einen Bildband zu finanzieren. Das Projekt soll dazu beitragen, Barrieren abzubauen, Wissen zu teilen und das queere Erbe in München und Bayern zu bewahren. Außerdem soll es eine Plattform schaffen für Dialog, Empowerment und Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Generationen und Interessengruppen. "Wir arbeiten mit dem politischen Erbe, dem Weg, den ihr uns geebnet habt. Wir gehen nicht immer auf euren Spuren, aber dank eurem Mut mit euren Spuren."

Juden in Deutschland

C. Bernd Sucher. (Foto: Stephan Rumpf)

Wie sieht der Alltag von Jüdinnen und Juden in Deutschland aus? Fühlen sie sich sicher? Hat sich heute, fast 80 Jahre nach der Shoah, jenseits des Erinnerns, wieder eine jüdisch-deutsche Kultur etabliert? Der Autor, Journalist und Professor C. Bernd Sucher hat sich auf eine Spurensuche in die Vergangenheit begeben und die Gegenwart überprüft. Seine Erkenntnisse hat er in dem Buch "Unsichere Heimat" zusammengetragen, in dem er ein Bild des deutschen Judentums skizziert, freilich noch ohne die aktuellen Ereignisse in Israel berücksichtigen zu können.

Es ist ein Bild zwischen Erinnerungskultur und Identitätssuche, wieder aufflammendem Antisemitismus und dem Wunsch nach Akzeptanz in einer multikulturellen deutschen Gesellschaft. "Nichts wünschen sich deutsche Jüdinnen und Juden mehr als eine sichere Heimat", sagt Sucher. Ungefähr 95 000 Menschen in Deutschland gehören heute einer jüdischen Gemeinde an. Im Vergleich: In Deutschland leben mehr als fünf Millionen Musliminnen und Muslime.

Sucher, 74, ist seit 1996 Professor an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) und leitete an der Theaterakademie August Everding den Studiengang Theater-, Film- und Fernsehkritik. Mit der Veranstaltungsreihe "Suchers Leidenschaften" wurde er weithin im deutschsprachigem Raum bekannt. Viele Jahre war Sucher Theaterkritiker für die Süddeutsche Zeitung und Die Zeit und hat zahlreiche Bücher verfasst. "Unsichere Heimat", das am 2. November im Piper Verlag erscheint, stellt er am 5. November, 11 Uhr, an der VHS in Garching, am 7. November, 20 Uhr, im Residenztheater und am 28. November, 19 Uhr, im Jüdischen Museum vor.

Frauen im Theater

Paula-Irene Villa Braslavsky. (Foto: Catherina Hess)

Nicht-Mutter-Sein, Transfrau-Sein, Kinder haben oder nicht haben, die Beziehung zu der eigenen Mutter, Schwangerschaft, Abtreibung. Das Doku-Zuhörtheater ist ein kollektives Rechercheprojekt von den Macherinnen Theresa "Bimän" Bittermann, Sara Dec, Marie Gimpel, Barbara Horvath, Lisa Stiegler und Friedrike Meisel. Sie bringen Fragen nach Frau-Sein und Mutterschaft auf die Bühne. Nach der Vorstellung am Dienstag, 31. Oktober, findet ein Publikumsgespräch mit der deutsch-argentinischen Soziologin Paula-Irene Villa Braslavsky statt. Sie hat einen Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie und Gender Studies am Institut für Soziologie der LMU München und ist Trägerin des Helge-Pross-Preises 2022.

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Von Stefanie Witterauf

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