Null Acht Neun:Der Wunschzettel des Münchner Kindls

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Viele dunkle Wolken ziehen zum Jahreswechsel über München. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Wohnungen für alle, eine brummende Innenstadt, solvente Investoren? München wächst und wächst - aber dabei bleibt vieles auf der Strecke.

Glosse von Laura Kaufmann

Man stelle sich vor, vielleicht im leichten Fieberwahn, der mit Corona oder Grippe oder was auch immer einhergeht, wie sich das Münchner Kindl wohl auf das Christkind gefreut hat. Die Augen leuchteten unter der schwarzen Kapuze - wird es wohl alles bringen, was auf dem Wunschzettel stand? Eine neue, kuschelige Kutte, einen leichten Masskrug, damit der Arm nicht so schnell erschlafft beim Bier hochrecken?

Und für die lustige Spielstadt, die da im Kinderzimmer ausgebreitet ist? Ganz schön vollgestellt hast du die, liebes Kindl. Ordentlich bist du dabei, das muss man dir lassen. Gut, viele Mäuse huschen im Zentrum hin und her, aber irgendwas ist ja immer. Was soll denn das heißen, da auf deinem Wunschzettel - ein Puppenhaus für die kleine Familie, die auf der Straße steht? Eigenbedarfskündigung heißt da vermutlich das böse Zauberwort, Mausi, aber ein Haus, wie sollen die denn das bezahlen? Diese Millionen Figuren, die du da in die Stadt gepackt hast, die wollen ja alle irgendwo unterkommen. Da kann die kleine Familie froh sein, wenn sie überhaupt irgendwas mit freiem Zimmer in deiner Spielstadt findet. Genau, ein bisschen wie in der Weihnachtsgeschichte ist das.

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Und über die Bagger- und Kranphase bist du immer noch nicht hinweg, ja? Da stehen ja überall Bauzäune herum. Wächst sich denn diese Baustellenliebe irgendwann einmal aus?

Einen kleinen Kaufmannsladen wünschst du dir? Ach Schatz, der könnte nie die Miete in deiner vollgepackten Stadt zahlen. Nein, nein, ein paar große Ketten können da einziehen in deine Klötze. Überhaupt, der Hersteller hat früher auch liebevoller Häuschen entworfen, oder nicht? Die neueren wirken ja fast billig produziert mittlerweile, aber der Preis ist ... puh. Macht nichts, die Figürchen sitzen sicher eh zu Hause und arbeiten und bestellen von dort aus. Dann müssen sie die Klötze nicht so oft von außen sehen.

Ist da ein Schild runtergefallen von dem großen Haus da in der Mitte, was stand da, Lovecraft? Ich glaube, das ist kaputt, müssen wir leider wegwerfen. Aber diese kleine Terrasse, die du da auf diesen braunen Klotz gebaut hast - Gasteig? - die ist wirklich sehr hübsch geworden. Schau mal, dieses Loch da in Sendling? Da hätte ein Haus vielleicht noch Platz. Keine Lust? Sag mal, kann es sein, dass du gar nicht mehr so gerne mit der Stadt spielst?

Ja, ja, so habe ich es nicht gemeint. Wir räumen sie schon nicht in den Keller. Könnte dein Neujahrsvorsatz sein, dich wieder mehr zu begeistern. Zur Not schütten wir im neuen Jahr nochmal eine Extraladung Puderzucker-Schnee aus. Kostet nichts und macht diebische Freude. Guten Rutsch, liebes Kindl!

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