Als einer der "Getreuen der ersten Stunde" hatte Hermann Esser den Aufstieg Adolf Hitlers vom Agitator in Münchner Bierkellern zum Führer des Deutschen Reiches nicht nur begleitet, sondern nach Kräften gefördert und mitgestaltet. Nach dessen Untergang kam er gleichwohl mit einem milden Urteil davon.
Der in Röhrmoos bei Dachau geborene Sohn eines Eisenbahndirektors war als 17-Jähriger freiwillig in den Krieg gezogen und hatte nach dessen Ende erst ein Notabitur und dann ein kurzes Volontariat bei der Allgäuer Volkswacht absolviert. Er war gerade einmal 19 Jahre alt, als er in München auf den elf Jahre älteren Hitler traf. Beide waren in der Propagandaabteilung der Reichswehr aktiv, die das preußische Kriegsministerium nach dem Ende der Räteregierung in München geschaffen hatte, um kommunistischen Umtrieben unter den Soldaten entgegenzuwirken.
Von Anfang an verband die beiden Duzfreunde ihr glühender Antisemitismus und ihr Talent als Redner. Nachdem Benito Mussolini im Oktober 1922 mit dem Marsch auf Rom in Italien an die Macht gekommen war, forderte Esser, in Deutschland ebenfalls eine "nationale Diktatur" zu errichten. "Den Mussolini Italiens haben auch wir", rief er den Zuhörern im Hofbräuhaus zu, "er heißt Adolf Hitler". Nach Wiedergründung der NSDAP erhielt Esser im Jahre 1925 die Mitgliedsnummer 2. Fast gleichzeitig mit Hitlers "Mein Kampf" schrieb er seine Hetzschrift "Die jüdische Weltpest", die 1927 erschien.
Während der nationalsozialistischen Herrschaft war Esser regelmäßiger Gast an der Mittagstafel in der Berliner Reichskanzlei und auf dem Obersalzberg. Gleichwohl gab er bei der Zeugenbefragung in Nürnberg an, nach 1935 nicht mehr "am politischen Leben teilgenommen" zu haben. Von "Grausamkeiten in Konzentrationslagern" habe er erstmals "im Januar 1945 gehört". Eine Spruchkammer stufte ihn als Hauptschuldigen ein. Doch da war Esser schon untergetaucht. Als er 1949 wieder auftauchte, musste er von seiner fünfjährigen Strafe noch ein Jahr verbüßen. Die Behörden waren ihm auf die Spur gekommen, weil er die Autorentätigkeit wieder aufgenommen hatte. Die Illustrierte Revue hatte eine Serie schwülstiger Artikel aus seiner Feder veröffentlicht. Titel: "Der große Liebhaber Adolf Hitler".