München:Todesdrohung gegen Organisatorin der pro-israelischen Kundgebung

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Mehr als tausend Menschen sind auf den Odeonsplatz gekommen, um Solidarität mit Israel zu demonstrieren. Auf Schildern fordern sie, die Hamas zu stoppen. (Foto: Stephan Rumpf)

Über Instagram wird die Münchnerin Sophie Griesbacher bedroht, sie erstattet Anzeige. Die Israelitische Kultusgemeinde ruft für Donnerstagabend zum öffentlichen Gedenken und zur "Trauer an der Seite Israels" auf.

Von Martin Bernstein

Eine Direktnachricht auf Instagram, zwei Wörter nur: "Verreck'!" Und das arabische: "Wallah!" ("Ich schwöre bei Gott!") Nach der von ihr organisierten Solidaritätsdemo mit Israel am Montag auf dem Münchner Odeonsplatz ist Sophie Griesbacher, 27, bedroht worden. Eine leere Drohung, wie sie hofft. Anzeige erstattet hat sie dennoch gegen den Account mit dem arabisch klingenden Namen. Es ist nicht die erste Todesdrohung gegen Israel und Juden in diesen Tagen in München. Aber die erste, die sich direkt an eine Person richtet.

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) Bayern, an die Griesbacher sich zunächst gewandt hat, hat sie ermutigt, Anzeige zu erstatten, ebenso die Polizei selbst.

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Seit dem mörderischen Terrorangriff der Hamas hat Rias zahlreiche Vorfälle registriert. So sei während einer Kundgebung von "Palästina spricht" auf dem Marienplatz eine arabische Parole gerufen worden, die in etwa "Oh Märtyrer, ruhe nur, wir werden den Kampf weiterführen" bedeute. Bei derselben Versammlung sei aufgerufen worden, "mit Blut und Seele" für Palästina zu kämpfen. Zwischendurch wurde nach Angaben von Rias Bayern das arabische Lied "Ounadikom" abgespielt, in dem dazu aufgerufen werde, bereit zu sein, für das Land zu sterben: "Ich trug mein Blut auf meinen Handflächen und ließ meine Flaggen nicht auf Halbmast hissen", heißt es dort übersetzt.

Sophie Griesbacher dankt den 150 Polizisten für den Schutz

Gleichzeitig fand, nur wenige hundert Meter entfernt, auf dem Odeonsplatz eine Kundgebung in Solidarität mit Israel statt. Ein Passant rief am Rande der Kundgebung laut Rias auf abschätzige Weise "Israel" und zeigte den Hitlergruß. Zwei Todesdrohungen gegen alle Juden durch in München lebende Iraker hat die Polizei seit Samstag registriert und angezeigt. Auch ein israelisches Restaurant in München wurde telefonisch bedroht.

Sophie Griesbacher hofft, dass die Drohung gegen sie virtuell bleibt "und dass nicht wirklich etwas passiert". Wer sich in einschlägigen Münchner Social-Media-Kanälen umschaut, entdeckt zahlreiche Posts, die die Terrortaten der Hamas relativieren oder sogar feiern. Täter-Opfer-Umkehr wird immer wieder betrieben. Das reicht von der Schlagzeile "Gaza schlägt zurück" auf pro-palästinensischen Accounts bis zur Verschwörungserzählung auf Kanälen der Münchner Querdenker-Szene, der 1200-fache Mord an jüdischen Kindern, Frauen und Männer sei möglicherweise nichts anderes als eine israelische "False-Flag-Aktion" gewesen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung beugen sich Münchner Staatsanwälte derzeit intensiv über öffentliche Wortmeldungen, die den Straftatbestand der Billigung von Verbrechen erfüllen könnten.

Das städtische Kreisverwaltungsreferat (KVR) hat auf Nachfrage angekündigt: "Sollten sich (...) im Nachgang strafrechtliche Konsequenzen aus der (pro-palästinensischen - Anm. d. Red.) Versammlung ergeben, berücksichtigt dies das KVR selbstverständlich für zukünftige ähnliche Versammlungen." Beschränkungen wären dann grundsätzlich möglich, müssten aber "rechtlich zulässig, notwendig und verhältnismäßig" sein. Für die kommenden Tage sind zwei weitere pro-palästinensische Versammlungen angemeldet, am Freitag und am Samstag. Ob und in welcher Form sie stattfinden dürfen, wird derzeit vom KVR geprüft.

Jüdisches Museum nimmt nicht an Langer Nacht der Museen teil - aus Sicherheitsgründen

Sophie Griesbacher ist froh über den Schutz durch die Münchner Polizei. Die hatte am Montagabend mehr als 150 Beamte im Einsatz. Das und die Anwesenheit zahlreicher Personenschützer von beteiligten Rednerinnen und Rednern habe dazu beigetragen, dass sie sich auf der Bühne sicher gefühlt habe, sagt Griesbacher.

Auch am Donnerstagabend wird die Münchner Polizei wieder mit einem Großaufgebot im Einsatz sein. Ein Gedenken unter dem Titel "Trauer an der Seite Israels" wird die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) auf dem Münchner Jakobsplatz direkt neben der Synagoge abhalten. Beginn ist um 18.30 Uhr. Erwartet werden mindestens 500 Teilnehmer, der Aufruf richtet sich an die gesamte Stadtgesellschaft.

Neben IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch sind Ministerpräsident Markus Söder, Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter, Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Talya Lador-Fresher, Generalkonsulin des Staates Israel, der katholische Münchner Erzbischof Reinhard Marx, und der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Heinrich Bedford-Strohm als Redner angekündigt.

Aus Sicherheitsgründen abgesagt wird hingegen eine Veranstaltung im Jüdischen Museum. "Wir haben heute beschlossen, dass wir am Samstag nicht an der Langen Nacht der Museen teilnehmen", sagte dessen Direktor Bernhard Purin der SZ. Bei der Museumsnacht kämen immer 2000 bis 2500 Besucher. "Das ist sicherheitstechnisch nicht mehr zu meistern unter den Voraussetzungen." Ansonsten sei das Jüdische Museum aber normal geöffnet.

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