Palästinenser-Demo in München:Hetze gegen Israel: Polizei und Staatsanwälte ermitteln

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Auf Plakaten wie diesem wurde Israel als "Apartheid"-Staat delegitimiert. (Foto: Sachelle Babbar/Imago)

Parolen auf der Münchner Palästinenser-Demo vom Montagabend richten sich gegen das Existenzrecht des jüdischen Staates. Die Münchner Polizei nimmt zwei Männer wegen antisemitischer Drohungen fest.

Von Martin Bernstein

Nach der Palästina-Demo vom Montagabend mit bis zu 350 Teilnehmern auf dem Münchner Marienplatz ermitteln jetzt Polizei und Staatsanwaltschaft. Ein 25-jähriger Iraker soll einen Passanten massiv antisemitisch beschimpft und erklärt haben, man müsse "alle Juden töten". Außerdem geht es um die strafrechtliche Prüfung von Slogans und Plakaten, die das Existenzrecht Israels bestreiten. Die Polizei, die mit 250 Beamten im Einsatz war, hat mehrere derartige Transparente dokumentiert. Das Billigen von Straftaten wie den Terrorangriffen auf Israel kann mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden.

"From the River to the Sea ..." - vom Jordan bis zum Mittelmeer müsse ein freies Palästina reichen, forderten die Demonstrantinnen und Demonstranten in Sprechchören und auf großen Plakaten. Auf einem weiteren Schild, dokumentiert von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) Bayern, wurde die Gründung Israels im Jahr 1948 als Beginn der "Besetzung" bezeichnet. Andere Teilnehmer delegitimierten Israel als "Apartheid"-Staat, "Terrorregime" und Kolonialmacht oder verharmlosten Terror als "Widerstand". Ein Redner sprach vom "sogenannten Israel".

"Für einen jüdischen Staat bliebe da kein Platz", analysiert Rias Bayern den Spruch. "Die Parole ist also als Wunsch nach dem Ende Israels zu verstehen." Auch die Landkarte, die das Gebiet zeigt, war mehrfach zu sehen - in den Farben der palästinensischen Flagge. Das bedeute, so die Fachleute von Rias: "Ganz Palästina" solle von "den Zionisten" befreit werden, Israel solle aufhören zu existieren: "Denjenigen, die diese Parole rufen, geht es also nicht um eine Zwei-Staaten-Lösung, sondern um eine Kein-Staat-Israel-Lösung." Auch diese Forderung war am Montagabend zu hören.

"From the River to the Sea...": Hinter dieser Parole steckt der Wunsch, dass Israel aufhört zu existieren. (Foto: Stephan Rumpf)

Obwohl das städtische Kreisverwaltungsreferat (KVR) ausdrücklich untersagt hatte, die Kundgebung zu einer "Feier der Angriffe auf Israel" zu machen, rief ein Redner, dies sei ein "Tag der Kraft, der Stärke". Ein Redner sagte: "Wir stehen daher heute hier in voller Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand in seiner kompletten Vielfalt: (...) Und auch dem bewaffneten Widerstand." Immer wieder skandierten die Teilnehmer den Ruf "Allahu Akbar!" Ein Redner deutete auf die israelische Flagge, die die Stadt als Zeichen der Solidarität an die Rathausfassade hatte projizieren lassen, und forderte dazu auf, sich von diesem "falschen Symbol" nicht "provozieren" zu lassen.

"Unerträglich" findet Ludwig Spaenle derartige Szenen. Der CSU-Politiker ist Beauftragter der bayerischen Staatsregierung gegen Antisemitismus. Am Montagabend sprach er ein paar Hundert Meter vom Marienplatz entfernt auf einer überparteilichen Solidaritätskundgebung für Israel auf dem Odeonsplatz. Dass auf Kundgebungen Mord und Terror als "Befreiungskampf" verklärt würden, könne man in einer Demokratie indes nur verbieten, wenn strafrechtliche Grenzen überschritten würden. Er sei überzeugt, dass die Strafverfolgungsbehörden da sehr wachsam seien. Spaenle plädierte dafür, "die Straße zu nutzen", um selbst Stellung für das angegriffene Israel zu beziehen.

Kritik an der räumlichen Nähe der Palästinenser-Demo zur proisraelischen Kundgebung

Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, kann nicht nachvollziehen, dass die Kundgebung "zu dieser Zeit und in dieser Nähe zu einer proisraelischen Demonstration" habe stattfinden dürfen: "Noch während in Israel Zivilisten ermordet werden, bekommt der Israelhass in Deutschland eine Bühne", schreibt sie auf Anfrage. "Wenn das das letzte Wort sein soll, dann kann man sich all die großen Reden im Kampf gegen Antisemitismus sparen." Hier müsse der Rechtsstaat zeigen, wozu er in der Lage sei - "oder eben nicht".

Die Versammlung auf dem Marienplatz war vom Münchner Ableger von "Palästina spricht" organisiert worden. Die Gruppierung beschreibt sich selbst als "politische, demokratische und antirassistische Bewegung" und steht der vom Bundestag - und vom Münchner Stadtrat - als antisemitisch eingestuften BDS-Bewegung nahe. In ihrem Instagram-Account rechtfertigte die Gruppierung am Montag die Terrorangriffe der Hamas auf israelische Zivilisten als Selbstverteidigung. In ihrem Aufruf zur Kundgebung auf dem Marienplatz hieß es: "Wir werden nicht stillschweigend zuschauen, wie die israelische Brutalität die Menschen in Gaza niedermetzelt!"

Bereits am Samstagnachmittag hatte die Polizei einen ersten Einsatz, der möglicherweise im Zusammenhang mit dem Terror gegen Israel steht. Von einem Balkon im Stadtteil Berg am Laim aus beschimpfte ein Mann Passanten und Autofahrer antisemitisch. "Die Juden", schrie er, "sollen verrecken." Auf der Flucht ging der 45-jährige Iraker auf Polizisten los und nannte sie "deutsche Sklaven".

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