Stefanie Heinzmann in München:Mit Rachmaninoff und Hasselhoff

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Jedes Mal verzaubert: Stefanie Heinzmann und Miki Kenkenj (li.) mit Mikis Takeover Ensemble. (Foto: Mikis Takeover)

Die Schweizer Soul-Sensation Stefanie Heinzmann entdeckt ihre Songs mit dem "Mikis Takeover Ensemble" im Klassik-Gewand völlig neu.

Von Michael Zirnstein

Ein paar dieser besonderen Konzerte gab es bereits, aber immer noch wird Stefanie Heinzmann selbst überrascht von der Magie: "Auch wenn es kitschig klingt: Ich werde jeden Abend verzaubert." Es gibt diese Momente bei ihren Auftritten mit Mikis Takeover Ensemble; da vergisst die Schweizer Soul-Sensation fast, dass sie ja eigentlich die Stimme und das Gesicht dieser Tournee ist. Da ist sie von ihrem eigenen Song im neuen Kleid so hypnotisiert, dass sie zur Zuhörerin ihrer eigenen Schöpfung wird.

Einer dieser Momente war bei einigen der Auftritte allerdings geplant. Programm-Punkt: "Hidden Banana". Wer unter seinem Sitz eine zuvor versteckte Banane fand, musste mit Heinzmann den Platz tauschen. Der Gast also auf der Bühne, sie im Publikum. Wobei sie von dort aus dann doch selber sang: "Do Your Thing".

Aber zum Beispiel bei der neuen Version von ihrem "A Little Universe". Das war eine der Nummern, die sie in der gemeinsamen Dropbox mit Miki Kenkenj fand, anhörte und "innerlich einen Salto machte". Das tat sie bei vielen Arrangements, die der Braunschweiger Geiger und Konzertmeister auf die von ihr ausgewählten Lieblingsstücke maßgeschneidert hatte. Bei diesem "Universe" musste sie heulen, sagt sie. Und auch später auf der Bühne, wenn zunächst Rachmaninoffs Klaviertrio den Song einleitet, umgeschrieben für das sechsköpfige Ensemble ohne Pianisten. Da ist Stefanie Heinzmann - die daheim gerne Klassik-Playlists durchlaufen lässt, weil ihr das "Ruhe schenkt" - jedes Mal kurz verloren: "Da vergesse ich, dass ich anfangen sollte zu singen." Was Kenkenj im gemeinsamen Telefon-Interview mit den beiden bestätigt: "Das ist die Stelle, wo ich immer unruhig zu dir schaue ..."

"Sie ist ein Sonnenschein", sagt Miki Kenkenj über Stefanie Heinzmann. (Foto: Maximilian König)

Die beiden harmonieren prima. Vor einem Jahr kannten sie sich noch gar nicht persönlich, nur ihre Legenden. Mikis Kekenj hatte als 15-Jähriger zwei Leben. Das eine als Geigen-Wunderkind, in dem er später Konzertmeister der Bergischen Symphoniker wurde. Und das andere als Hip-Hop-Musiker, mit dem er altersgerecht gegen die Eltern rebellierte. Gegen die Verknüpfung der Stile sträubte sich etwas in dem Teenager: Die Geige war heilig, andererseits "nicht cool genug" für den Hip-Hop. Erst mit Anfangs 20 verband er seine Talente - mit bald großem Erfolg.

Für eines seiner ersten Klassik-Pop-Konzerte fragte er draufgängerisch Aloe Blacc ("I need a Dollar") an; der US-Star sagte zu, und sie spielten vor 200 Gästen - darunter Max Herre und Xavier Naidoo. So sprach sich das herum, es folgten Kooperationen von der Frankfurter Oper bis zur Elbphilharmonie mit Neo-Soul-Diva Erykah Badou, mit Rappern wie Curse und Megaloh, Electro-Granden wie Marc Romboy und Moonbootica und dem deutschen Soul-Adel von Max Herre über Joy Denalane bis Max Mutzke.

Dann guckte er sich die allseits willkommene einstige Stefan-Raab-Castingshow-Siegerin Stefanie Heinzmann aus, weil: "Sie ist ein Sonnenschein." Sie hörte sich ein paar Ergebnisse seiner Arbeit an, unter anderem "Free" von Mutzke und dem Takeover Ensemble. Sie "zerbrach in tausend Stücke". Das machte sie mehr als neugierig. Projekt und Tour waren vereinbart noch vor dem ersten Treffen.

Magische Momente: Miki Kenkenj, Stefanie Heinzmann und Gesangspartnerin Leslie Jost (v.l.) auf der Bühne. (Foto: Mikis Takeover)

Mikis Kekenjs Takeover ist eine freundliche Übernahme. "Ich will die Songs nicht verbessern, nur verwandeln", sagt er. Manchmal geht er sehr weit. Etwa bei "Best Life". Er spürte hinein, fand vor allem eine "unglaubliche Energie", die wollte er resonieren lassen, wohl wissend um die Stärken und Grenzen seines Kammerensembles. Das spielt nur klassische Instrumente wie Geige, Cello, Bratsche, Klarinette und Hackbrett, kein Rock-Equipment: "Wir sind keine Band, es wäre affig, wenn die Streicher versuchen, groovy zu spielen." In typische Klassik-Rock-Zucker-Fallen tappt er nicht. Und er bedient sich bei den Besten: Das rasende "Best Life" erinnerte ihn an Beethoven, also fängt er es bedächtig an mit dessen 1. Symphonie, dann gibt das Ensemble Gas. Apropos: Heinzmanns jüngeren Song "Labyrinth" startet er rasant mit einem David-Hasselhoff-Serien-Hit, der "Knight Rider Melodie".

Das war einer der Momente, der die Sängerin beim ersten Hören nicht wegträumen ließ, sondern aufbrausen: "Ich musste so lachen, ich wusste gar nicht, wo ich da hinein sollte mit meiner Stimme." Inzwischen hat sie alles verinnerlicht, liebt es, ganz in dem Ensemble aufzugehen, auch ihrer Gesangspartnerin Leslie Jost Raum zu geben, sich in deren Stimme zu legen "wie in eine warme Badewanne". Manchmal muss sie dann so grinsen auf der Bühne, dass es wiederum Kenkenj verwirrt und der, wie er schon auf der Bühne zugab, fast vergaß, was er spielen muss.

Stefanie Heinzmann und Mikis Takeover Ensemble, Freitag, 22. März, München, Prinzregententheater

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