Planungen für Großprojekte:Stadtrat stellt Weichen für neuen Verkehrsknoten

Lesezeit: 3 min

Den Regionalbahnhof Poccistraße sollen mindestens 7700 Menschen täglich nutzen - allerdings nach einer alten Schätzung. Zwischenzeitlich gibt es Pläne für Hunderte neue Wohnungen in der Nachbarschaft. (Foto: Florian Peljak)

In Sendling sollen ein neuer U-Bahnhof für die geplante U9 und ein Bahnhof für Regionalzüge entstehen. Bis die Bagger rollen, dauert es noch, doch schon jetzt sichert sich die Stadt die nötigen Flächen.

Von Ulrike Steinbacher

Ein doppelstöckiger U-Bahnhof, an dem eine neue Linie startet, die das bestehende U-Bahn-Netz entlastet, einen zweiten Zugang zur Wiesn schafft und Hauptbahnhof und Fußballarena direkt miteinander verknüpft. Dazu eine Verbindung zum ebenfalls neuen Südbahnhof, an dem die Regionalzügige aus Rosenheim und Mühldorf halten werden, was wiederum Haupt- und Ostbahnhof entlastet - so sieht sie aus, die Vision von einer Verkehrsdrehscheibe in Sendling. In knapp 20 Jahren soll sie verwirklicht sein, die Weichen dafür werden gerade gestellt.

Damit dieses Infrastruktur-Großprojekt nicht schon im Ansatz an Platzmangel scheitert, hat der Planungsausschuss des Stadtrats am Mittwoch einstimmig beschlossen, den Neubau eines dreistöckigen Supermarkts samt Tiefgarage an der Implerstraße 17 zu verhindern, der dem Bahnhofsgebäude im Weg stehen würde. Eingereicht hatte den Bauantrag Anfang März die Edeka-Gruppe, die gegenwärtig dort bereits einen Markt betreibt und über ihre Tochter Alueda Südbayern GmbH auch Eigentümerin des Geländes ist.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Die Stadträte verhängten für das knapp 9500 Quadratmeter große Grundstück jetzt eine Veränderungssperre und beschlossen, einen Bebauungsplan aufzustellen, um die 2,5 Hektar Fläche zwischen Kappellenweg, Gleisharfe und Implerstraße für den U-Bahnhof zu sichern. Weil das für das Supermarkt-Grundstück eine Wertminderung bedeutet, steht dem Eigentümer "mit großer Wahrscheinlichkeit" eine Entschädigung zu, erklärt das Planungsreferat. Dennoch soll die U-Bahn Vorrang haben.

Die geplante Verkehrsdrehscheibe in Sendling besteht aus zwei ambitionierten Teilprojekten, die barrierefrei miteinander verbunden werden sollen. Bauherrin des einen Teils ist die Deutsche Bahn, verantwortlich für den anderen die Stadt München. Sie plant eine U-Bahn-Spange zwischen Impler- und Dietlindenstraße, die sogenannte U9. Dafür soll in den 2030er Jahren in Sendling ein neuer U-Bahnhof mit Aufgängen an Kapellenweg und Impler-/Schmied-Kochel-Straße entstehen. Der Bahnhof ersetzt die beiden vorhandenen Stationen Impler- und Poccistraße, die nur gut 600 Meter voneinander entfernt liegen.

Anders als am Scheidplatz oder dem Innsbrucker Ring werden in der neuen Station die vier Gleise aber nicht nebeneinander angeordnet, sondern doppelstöckig auf zwei Ebenen - knapp 30 Meter unter der Erde die Trassen nach Süden, die sich westlich des Bahnhofs in die Strecken von U3 (nach Fürstenried West) und U6 (zum Klinikum Großhadern) aufteilen, zehn Meter weiter oben die Gleise Richtung Marienplatz, von denen östlich des Bahnhofs dann die neue U9 abzweigt.

Regionalzüge am Kolumbusplatz
:Ein Extra-Halt am Südring

Die Idee, am Kolumbusplatz den Regionalzugverkehr an U-Bahn, Bus und Tram anzubinden, gewinnt Befürworter. Das Konzept setzt auf optimierte Fahrpläne und Bahnsteige in Leichtbauweise.

Von Ilona Gerdom, Julian Raff und Patrik Stäbler

Diese 10,5 Kilometer lange Entlastungsstrecke führt über den Esperantoplatz im Osten der Theresienwiese zum Hauptbahnhof und über die Bahnhöfe Pinakotheken und Elisabethplatz, die allesamt neu gebaut werden müssen, zur Münchner Freiheit, wo die bestehende Station erweitert wird.

Am Stopp Dietlindenstraße schleift die U9 wieder in den Linienweg der heutigen U6 ein, die aber dann den Namen U9 bekommen soll. Nach Berechnungen der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) könnte dieser Bypass die am stärksten frequentierten Streckenabschnitte von U2, U3 und U6 in der Innenstadt um bis zu 44 Prozent und die Umsteigebahnhöfe im Zentrum um bis zu 30 Prozent entlasten.

Stadtbaurätin Elisabeth Merk sieht darüber hinaus auch noch Effekte für die Siedlungsentwicklung am Stadtrand, konkret für die geplante Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) Nord auf einem 900 Hektar großen Areal in Feldmoching. "Die zusätzlichen Kapazitäten auf der Linie U2 sind Vorbedingung für eine Siedlungsentwicklung im Bereich Feldmoching und Ludwigsfeld", heißt es in der Vorlage des Planungsreferats.

Die Bahn schichtet den Güterverkehr auf den Nordring um

Entlastung verspricht auch der andere Teil der geplanten Sendlinger Verkehrsdrehscheibe: Die Bahn richtet für etwa 40 Millionen Euro am Südbahnhof einen Haltepunkt für Regionalzüge aus Mühldorf und Rosenheim ein. Der letzte Personenzug hielt dort 1985, seitdem rollen nur noch Güterzüge, das historische Bahnhofsgebäude wurde 2005 abgerissen. Doch künftig will die Bahn ihren Güterverkehr hauptsächlich über den Nordring abwickeln, was am Südring Kapazitäten schafft. Baubeginn für den Regionalzughalt Poccistraße ist "nach derzeitigem Stand" im Jahr 2027, erklärt eine Sprecherin. Aus Sicht der Bahn wäre ein Zugang zu diesem neuen Halt von der Tumblingerstraße aus möglich oder von der Ruppertstraße aus östlich des Kreisverwaltungsreferats (KVR).

Wie der Bahnhof mit dem U-Bahnhof verknüpft wird, ist offenbar noch nicht ganz abgestimmt. Die Bahn plant laut der Sprecherin nur eine einzige Anbindung: beim Gehweg an der Lindwurmstraße, direkt nördlich der dortigen Eisenbahnbrücke, die 2024 oder 2025 erneuert werden soll. Auf der Webseite der MVG ist aber von einer "unterirdischen Passage" zur Ruppertstraße die Rede. "Der Übergang zum Regionalzughalt verläuft nach derzeitiger Planung zwischen KVR und Gleisfeld", erklärt ein Sprecher. Erste Strecken der U9 könnten nach seinen Angaben 2040 in Betrieb gehen. Die Kostenschätzung von 2019 liege bei 3,5 Milliarden Euro.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivSteueranklage
:Rätsel um Schuhbeck und die Millionen

Der Steuerfall des 73-jährigen Starkochs wird nach seiner Pleite immer undurchsichtiger: Wo soll das viele Geld geblieben sein, um das der Prominentenfreund und Küchenstratege das Finanzamt angeblich geprellt hat?

Von Klaus Ott

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: