Unistart:Endlich echte Kommilitonen

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Männer in gelben Westen kontrollieren an den Eingängen der LMU die Impfzertifikate der Studierenden. (Foto: Bernhard Faber)

Das Wintersemester hat begonnen. Nach einem Jahr sehen die Studierenden die Hörsäle wieder von innen. Über Vorfreude und Verwirrung zum Uni-Start.

Von Ben Bergleiter und Franziska Ruf

Wie eine neongelbe Wand stehen die sieben Security-Mitarbeiter auf dem Geschwister-Scholl-Platz am Haupteingang der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Sie sind nicht da, um Menschen fernzuhalten, sondern um sie geordnet reinzulassen. Das Wintersemester hat an diesem Montag an den Münchner Universitäten angefangen. Offenbar wurde mit einem Ansturm an Studierenden gerechnet, zumindest vormittags bleibt dieser aber aus. Nur vereinzelt und recht schüchtern trauen sich die ersten in das Gebäude, wo die Männer in gelben Warnwesten kontrollieren, ob die 3-G-Regel eingehalten wird. Sie gilt an allen bayerischen Hochschulen. Unbeholfen stehen auch die Studierenden an der Technischen Universität München (TUM) im Eingangsbereich herum. Der Nebel über der Stadt wirkt wie ein Sinnbild für ihre Stimmung.

"Als erstes muss ich noch herausfinden, wo ich hin muss", sagt Johann Engelhardt. Der 19-jährige Japanologie-Student startet heute seinen ersten Tag an der Uni. Von der Raumfinder-Anwendung hat er bereits gehört, einer Online-Karte, die eigentlich zeigen soll, wo welcher Hörsaal ist. Doch viel Klarheit bringe auch die nicht. Bevor er aber loslegen kann, muss er noch auf sein Testergebnis warten. Er hat noch zwei Minuten bis die Vorlesung losgeht, hetzen lässt er sich aber nicht. "Am ersten Tag fängt sowieso alles später an."

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Knapp 100 000 Menschen an TUM und LMU starten ins Wintersemester, davon sind 22 000 Erstsemester. Sie betreten in dieser Woche das erste Mal die Uni - genau wie viele Studierende aus höheren Semestern. Um die 3-G-Regel einzuhalten, haben sich die Unis verschiedene Konzepte ausgedacht. Während die LMU direkt am Eingang filtert, setzt die TUM auf stichprobenartige Kontrollen: Die Dozierenden selbst sollen in ihren Veranstaltungen etwa zehn Prozent der Teilnehmenden auf einen Nachweis kontrollieren.

Die Pandemie beschäftigt die Studierenden auch weiterhin. Viele haben Angst, dass es mit den gefüllten Hörsälen wieder zu höheren Fallzahlen kommen wird. "Ich hoffe, sie übertreiben es nicht gleich wieder", sagt eine Studentin, die schon im dritten Semester ist. Sie hofft, dass die Sicherheitsvorkehrungen der Unis reichen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch einige, die sich gegen eine schärfere Regel, wie zum Beispiel ein 2-G-Konzept, aussprechen.

Was sich Studierende wünschen? Hörsäle von innen sehen

Die Universitäten kombinieren im Wintersemester das Angebot aus Online- und Präsenzkursen. Die Entscheidung darüber liegt bei den Dozierenden. Bei Beachtung der 3-G-Regel und mit Maske dürfen die Räume bis zu ihrer tatsächlichen Kapazität genutzt werden. Bei den meisten Studierenden, die sich am Montagvormittag auf dem Universitätsgelände herumtreiben, steht die Hälfte der Kurse in Präsenz auf dem Stundenplan. Manche hätten sich mehr gewünscht, schließlich sind sie für die Uni nach München gezogen.

Anderen kommt das virtuelle Studium gelegen: "Ich fahre drei Stunden zur Uni hin und zurück", erzählt eine 24-Jährige Studentin. Sie hofft auf ein Hybrid-Angebot, in dem die Kurse sowohl in Präsenz als auch online angeboten werden. Der Bauingenieur-Student Jan Singhof bemängelt allerdings Planungen, in denen sich Präsenz- und Online-Kurse abwechseln: "Wenn ich gerade noch in der Uni bin, kann ich schwer 15 Minuten später zu Hause am Online-Seminar teilnehmen." Überwiegend stimmten sich die Studierenden hoffnungsvoll auf ein Jahr ein, in dem sie die Hörsäle wieder von innen sehen können.

Mit einer Rückkehr zur Präsenz-Lehre verbinden viele die Hoffnung auf "Normalität", also ein Uni-Leben, wie man es sich vorgestellt hat: Leute treffen, Kaffee trinken, mit anderen diskutieren, ein belebter Austausch. Auch das Nachtleben gehört dazu, Clubs, Bars, Kneipenbesuche. So etwas war die vergangenen Semester kaum vorstellbar.

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Generell wirkt der Neustart an den Universitäten etwas holprig und unstrukturiert. Weil Dozentinnen und Dozenten selbst entscheiden, wie die Veranstaltungen stattfinden, kann niemand sagen, wie das Semester ablaufen wird.

Auch wenn vieles unklar bleibt, freuen sich die Studierenden auf ein Stück Normalität in dieser verrückten Zeit. Raumfindungsprobleme, organisatorische Unklarheiten und Verwirrung haben auch schon vor Corona zu jedem Semesterstart gehört, das liegt einfach in der Natur der Sache: Die verwirrten Gesichter der Erstsemester gehören im Oktober schon fast zum Stadtbild. Es ist nun Aufgabe der Unis, die verwirrten Stirnfalten zu glätten und aus Unwissenden Wissende zu machen. Am Ende des Tages zieht der allumfassende Nebel ab und die Sonne erstrahlt über München, hoffentlich ein gutes Zeichen für das beginnende Semester.

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