Freischankflächen in der Innenstadt:Mehr freier Platz auf den Gehwegen gefordert

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Zwischen Schanigärten, Freischankflächen und anderem Mobiliar kann es für Fußgänger schon mal eng werden. (Foto: Stephan Rumpf)

Für Gastronomen und ihre Gäste sind Schanigärten und Freischankflächen ein Segen, für Fußgänger jedoch kann es an vielen Stellen eng werden. Was Stadtviertel-Politiker nun gegen den Flächenfraß unternehmen wollen.

Von Julian Raff

Bei allem Verständnis für die Nöte der Gastronomie, in der Innenstadt wächst die Sorge um den verbleibenden Platz für Fußgänger, seit sich abzeichnet, dass Schanigärten und vergrößerte Freischankflächen über das Ende der Pandemie hinaus bleiben werden. Vor allem in den Ausgehvierteln wurden die Bezirksausschüsse (BA) in ihren jüngsten Sitzungen mit Dauer-Genehmigungsanträgen für bestehende oder neue Flächen überflutet - 121 im Stadtbezirk Altstadt-Lehel, 74 in der benachbarten Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt und immer noch 34 in Sendling. In der Maxvorstadt waren es zuletzt 63 Anträge.

In allen Stadtteilen haben die Lokalpolitiker den Großteil der Flächen genehmigt. Teilweise taten sie es unter Auflagen, auf jeden Fall aber mit Bauchschmerzen, schließlich schwindet der Platz zum konsumfreien Flanieren - oder schlicht zum Durchkommen für Spaziergänger, Rollstuhlfahrer, Menschen mit Rollator oder Kinder auf Laufrädern. Eine verbleibende Gehwegbreite von mindestens 1,60 Meter sehen sowohl die geltende Sondernutzungsrichtlinie wie auch eine Novellierung vor, die der Kreisverwaltungsausschuss in zwei Wochen verabschieden soll.

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Ebenso wie die BA-Vertreter weist der städtische Behindertenbeauftrage Oswald Utz darauf hin, dass diese theoretische Durchgangsbreite meist durch Fahrräder, E-Roller oder Werbeaufsteller weiter verengt wird. Spätestens, wenn sich zwei Rollstuhlfahrer oder Senioren mit Rollator begegneten, gehe oft gar nichts mehr.

Dabei, so Utz, könnten Schanigärten für mobilitätseingeschränkte Münchner doch mehr sein als ein weiteres Hindernis, schließlich ermöglichen sie die Einkehr, wo das eigentliche Lokal durch Schwellen versperrt ist - theoretisch jedenfalls. Praktisch bauen die meisten Wirte ihren Garten als unüberwindliches Podest, weil auch die neue Verordnung keine Barrierefreiheit vorschreibt, wie Utz kritisiert.

Mehr freien Platz auf den Gehwegen forderten die Lokalpolitiker bereits vor Corona. In der Ludwigs- und Isarvorstadt genehmigen sie seit Jahren nur noch Anträge, die eine Restbreite von 1,80 Meter belassen, wohl wissend, dass das Kreisverwaltungsreferat (KVR) das letzte Wort hat und im Konfliktfall der Oberbürgermeister. In Sendling beugten sich die BA-Mitglieder schon im Voraus diesem möglichen Veto und billigten auch Flächen mit geringerem Abstand - mit Ausnahme ihres Vorsitzenden Markus Lutz (SPD), der seinem Ärger über die Neuauflage der Verordnung Luft machte.

Auch in der Fußgängerzone soll der Flächenfraß begrenzt werden

Das KVR habe mit seinem 107-seitigen Papier schlicht "Mist gebaut", könne "den Schmarrn behalten" und künftig gleich allein entscheiden, so Lutz. Der BA-Chef beharrte - ausdrücklich gegen die geltende Rechtslage - bereits in allen aktuellen Abstimmungen auf der Mindestbreite von 1,8o Meter. Einigkeit herrschte schließlich bei der Forderung, diese Mindestbreite wenigstens in die neuen Vorschriften aufzunehmen. Der BA bittet um Aufschub für eine entsprechende Änderung.

Mehr Gehör bei der Erneuerung der Richtlinien wünscht sich auch Andrea Stadler-Bachmaier (Grüne), BA-Chefin in der Altstadt. Auch hier, wo ein Großteil der Schankflächen auf die Fußgängerzone entfällt, wollen die Viertelvertreter den Flächenfraß durch Speis und Trank begrenzen, allerdings nicht pauschal mit einer 1,80-Meter-Grenze.

Stattdessen haben sie für die Theatiner- und die nördliche Sendlinger Straße bis zur Hackenstraße "Freischank-Module" ausgewiesen, die einen Mindestabstand von drei Metern zur Fassade einhalten. Dieser gilt auch zwischen Hackenstraße und Sendlinger Tor, wo sich die Feuerwehr gegen die Modullösung ausgesprochen hatte. Ähnliche Seitenabstände verlangt der BA in der Kaufinger-/Neuhauser Straße und so weit möglich auch im Tal, das ebenfalls Module bekommen soll, falls es einmal Teil der Fußgängerzone wird.

Außerhalb der Fußgängerzone zeigt sich der BA Altstadt-Lehel flexibler und genehmigt auch einmal Durchgänge unter 1,80 Meter, falls diese nicht anderweitig verstellt sind. Zumindest E-Roller sollen in der City demnächst seltener im Weg stehen: Zusammen mit den fünf Leihanbietern hat der BA als Pilotversuch fürs ganze Stadtgebiet ein Konzept mit 40 Abstellflächen für 500 Roller erarbeitet, dem ungefähr 50 Parkplätze weichen sollen. An Initiativen, mobiles Gehsteiginventar zu Lasten von Parkplätzen auf die Straße zu bekommen, mangelt es auch im Nachbarbezirk Isarvorstadt-Ludwigsvorstadt nicht, der im Monatstakt neue Vorschläge für Radlstellplätze macht.

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