Olympiapark:"Eine Veranstaltungsstätte, die nicht mehr veranstalten darf"

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Wann es hier die nächste Großveranstaltung geben kann, ist ungewiss. (Foto: Catherina Hess)

Munich Mash, der Sommernachtstraum, das Superbloom Festival - alles abgesagt. Die Corona-Pandemie trifft auch den Olympiapark hart. Bis Jahresende droht ein Verlust von zehn Millionen Euro.

Von Ralf Tögel

Am Wochenende wird wieder einiges los sein im Park, sagt Marion Schöne. Aber keinesfalls so, wie es sich die Geschäftsführerin der Olympiapark München GmbH (OMG) wünschen würde. Vielmehr spricht sie ausschließlich von Spaziergängern und Joggern, immerhin seien die Abstände weitgehend eingehalten worden, "grundsätzlich haben sich alle ein Plätzchen gesucht, wo sie fünf bis zehn Meter Abstand zum nächsten hatten". Man merke allerdings, dass "der Unmut der Leute immer größer wird, sie wollen sich bewegen, rausgehen, etwas unternehmen". Doch bis auf Weiteres werden sich die Freizeitaktivitäten nicht nur im Olympiapark auf Spaziergänge und Läufe beschränken.

Denn all das, was den Olympiapark sonst ausmacht, ist "bis Ende August lahmgelegt", wie Schöne feststellt. Das gilt zuvorderst für die Großveranstaltungen wie Munich Mash oder den Sommernachtstraum, gerade wurde das Superbloom Festival storniert, das Anfang September hätte stattfinden sollen. Erste Folge der Absage des Oktoberfests, erklärt die OMG-Chefin, sie fürchtet, dass weitere Open-Air-Veranstaltungen folgen werden. Das gilt aber auch für sämtliche Konzerte, Queen, Pet Shop Boys, Eric Clapton oder Andreas Gaballier waren angekündigt, um nur ein paar zu nennen: "Bis Jahresende war der Konzertkalender voll", auch der Park und das Stadion waren gut gebucht, und nun? "Uns wurde die Geschäftsgrundlage entzogen", sagt Schöne, "eine Veranstaltungsstätte, die nicht mehr veranstalten darf, das ist natürlich schwierig."

Der Olympiapark darf aktuell kein zahlendes Publikum empfangen. (Foto: Catherina Hess)

Alles verschieben sei auch keine Option, "weil wir zum Glück eine gut ausgelastete Veranstaltungsstätte sind". Für das kommende Jahr gebe es bereits "enorm viele" Buchungen und Reservierungen, außerdem könne man "ein Konzert nicht eben mal verschieben". Neben der reinen Terminfindung würden auch zahlreiche kleinere Unternehmen an solchen Veranstaltungen hängen. Das Vertriebsteam sei langsam am Verzweifeln, aber: "Wir können nicht mehr Kapazitäten schaffen, als da sind."

Die zweite Verschiebewelle habe kürzlich eingesetzt, ein Ende sei nicht abzusehen. Beispiel Public Viewing zur Fußball-EM: die wurde bekanntlich auf Sommer 2021 verschoben, "aber wir können jetzt nicht einfach den Bleistift nehmen und den neuen Termin in unseren Kalender reinschreiben". Die geplante Fanzone hätte einen großen Teil des Parks belegt, 2021 sind aber viele Areale durch Stadionkonzerte und andere Veranstaltungen besetzt. "Es wird eine Fanzone geben", verspricht Schöne, "aber nicht wie heuer geplant." Was auch zahlreiche Pächter treffe, vom Foodtruck bis zur T-Shirt-Bude. "Man darf auch die kleineren Kulturschaffenden nicht vergessen, und den Betrieb, der daran hängt", sagt Schöne. Sie befürchte gar ein "Sterben von kleineren Kulturbetrieben, die Kulturlandschaft leidet extrem".

Doch das ist nur ein Teil der Probleme, die auf die städtische Gesellschaft zukommen. Der gesamte Freizeitbetrieb im Olympiapark ruht seit der ersten Allgemeinverfügung des Freistaats ebenfalls. Schöne nennt den Olympiaturm, die Touren durch den Park und auf das Zeltdach oder den Publikumslauf im Eissportzentrum. Und was geschieht mit dem Personal ohne Veranstaltungen? Mit dem Olympiastützpunkt und dem Ruder-Leistungszentrum in Oberschleißheim habe die OMG etwa 150 Angestellte, Schöne sieht es als vordringliche Aufgabe, diese Arbeitsplätze zu schützen. Derzeit werde mit dem Betriebsrat über Kurzarbeit verhandelt, darüber hinaus ist sie aber zuversichtlich, alle Arbeitsplätze langfristig zu erhalten.

Nichts geht mehr - außer Joggen und Spazierengehen. (Foto: Catherina Hess)

Auch wenn die Verluste jetzt schon enorm seien. Bis Ende Juli, so hat die OMG errechnet, würden elf Millionen Euro Umsatz wegbrechen. Sollte die Krise bis Ende des Jahres andauern, was äußerst wahrscheinlich erscheint, "würde der Verlust zehn Millionen betragen", so Schöne, "wir haben keine Einnahmen und können nur in geringem Maße einsparen". Das Eis etwa wurde sofort abgetaut, als die Deutsche Eishockey Liga die Playoffs abgesagt hatte, aber die Freiflächen müssten ja weiter betrieben werden. Immerhin habe die OMG in den vergangenen Jahren ein gutes Polster erwirtschaftet, 2019 war das beste Geschäftsjahr seit Bestehen des Parks. Die Rücklagen waren eigentlich für anstehende Sanierungsmaßnahmen vorgesehen, das Stadion und der Turm standen auf der Agenda. Jetzt helfen diese Rücklagen über ein Jahr Pandemie-Stillstand.

Das schlimmste an der Situation aber sei die Ungewissheit. Die einzige Perspektive derzeit sind die European Championships im Jahr 2022, für die Multi-EM arbeite man weiter mit Volldampf. Müsste man bis dahin die Zeit überbrücken, "würde der Olympiapark das finanziell nicht durchhalten", sagt die OMG-Chefin. Bleibt die Hoffnung, dass die nun angekündigten Lockerungen auch dem Park neue Möglichkeiten geben. "Vielleicht können wir als erstes unsere Freizeiteinrichtungen wieder aufmachen", so schöne, Touren anbieten etwa, das seien zehn bis 15 Teilnehmer. Oder reduzierter Publikumslauf in der Eishalle, normalerweise beginnt der Ende August. Den Turm wieder öffnen, Ideen gebe es genug. Dort haben sie sogar schon anhand der geltenden Abstandsregeln abgemessen, wie viele Leute mitfahren dürften: "Drei plus Aufzugführer", sagt Schöne, da stelle sich ganz schnell die Frage der Wirtschaftlichkeit.

"Wir hängen einfach total in der Luft", sagt sie noch, es gebe keinen Fahrplan, wie man den Betrieb wieder hochfahren könne. Schöne hofft auf "kleine Schritte", man sei jedenfalls vorbereitet. Mundschutz und Schutzkleidung für das Personal, Spuckschutzgläser, Desinfektionsmittel - alles bestellt. "Wir sitzen alle in Warteposition, das macht uns schon langsam mürbe." Einen positiven Ausblick wagt sie dann doch: "Wenn alles vorbei ist, machen wir eine große Dankeschönfeier für alle, die mitgeholfen haben, alles zu überstehen." Sie denke an Krankenpflegerinnen, Paketdienstleister, Kassiererinnen, alle, "die systemrelevant sind, wie man so schön sagt". Und alle Münchner sollen mitfeiern.

© SZ vom 24.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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