Wohnen:So hoch sind aktuell die Münchner Mieten

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Zwar hat sich die Pandemie nicht auf die Preise in München ausgewirkt, so aber doch auf die Art der Nachfrage: Gibt es einen Balkon? Ist ein Spielplatz in der Anlage? Habe ich Blick ins Grüne? (Foto: picture alliance / Tobias Hase/d)

Die Corona-Krise hat bisher keine spürbaren Auswirkungen auf die Preise in der Stadt. Der Immobilienverband IVD vermeldet erneut Steigerungen. Geändert hat sich allerdings die Nachfrage.

Von Bernd Kastner, München

Mag die Corona-Pandemie fast überall in Gesellschaft und Wirtschaft ihre Spuren hinterlassen, für die Mietpreise in München gilt dies nicht. Sie steigen weiter, Virus hin, Virus her. Die Hoffnung auf einen "Kollateralgewinn" durch die Pandemie, also fallende Mieten, habe sich nicht erfüllt, sagt Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland (IVD), als er am Donnerstag den aktuellen Marktbericht vorstellt. Diese Studie ist auf 60 Seiten eine große Zahlenschlacht, Kippes' Job ist es alle halbe Jahr, die Quintessenz herauszuarbeiten, was für München gar nicht so kompliziert ist, geschweige denn überraschend: die Stadt sei "der Hotspot schlechthin".

Allein seit Frühjahr, seit dem letzten Bericht, stiegen demnach die Mieten für Wohnungen um 1,2 bis 2,6 Prozent, für Doppelhaushälften und Reihenhäuser um rund fünf Prozent. Bei knapp 85 Prozent aller neuen Mietverträge liegt der Preis derzeit bei 15 Euro oder mehr pro Quadratmeter. Neugebaute Wohnungen mit gutem Wohnwert haben die Marke von 20 Euro pro Quadratmeter erreicht. Wer sich mehr leisten möchte, hat an der Isar kein Problem: Will man sehr guten Wohnwert im Neubau, ist man mit 27 Euro den Quadratmeter dabei. Eine familientaugliche Wohnung in dieser Kategorie käme locker auf rund 3000 Euro im Monat, kalt, wohlgemerkt, und ohne Nebenkosten. Für dieses Geld wären in etwa auch ein neues Reihenmittelhaus oder eine Doppelhaushälfte zu haben, aber "nur" mit gutem Wohnwert.

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Mit all diesen Daten bleibt München bundesweit spitze, ob sich darüber die Mehrzahl der Münchner freut, ist eine andere Frage. Während laut IVD die Durchschnittsmiete für Bestandswohnungen in zehn deutschen Großstädten bei 12,40 Euro pro Quadratmeter liegt, sind es in München 17,40 Euro. Zum Vergleich: Stuttgart 15,20 Euro; Frankfurt 13, Hamburg 13,45 Euro. Bremen oder Dortmund spielen mit 9,50 und 8,65 Euro in einer anderen Liga.

Aussagekräftig ist auch die langfristige Entwicklung: Seit 2010 sind in München die Mieten für Wohnungen und Häuser aller Art um rund die Hälfte gestiegen. Bei Altbauwohnungen war der Anstieg mit 38 Prozent am geringsten, bei neugebauten Reihenmittelhäusern am höchsten: 59 Prozent. Auch relativ gesehen wird das Wohnen immer teurer. Geht man 25 Jahre zurück ins Jahr 1995, so ist seither laut IVD das verfügbare Einkommen in München um 76 Prozent gestiegen, die durchschnittliche Miete aber um 90 Prozent. Einen gewissen Trost gibt es für Mieter nur, wenn sie die Preisentwicklung der Mietobjekte mit Kaufimmobilien vergleichen: Letztere stiegen in den vergangenen 20 Jahren um gut 200 Prozent, Mietwohnungen hingegen "nur" um knapp 70 Prozent.

Zwar hat sich die Pandemie nicht auf die Preise in München ausgewirkt, so aber doch auf die Art der Nachfrage, berichten Kippes und sein Kollege Martin Schäfer vom IVD. Interessenten schauten sich Wohnungen derzeit auf ihre Lockdown-Tauglichkeit an: Ob es einen Garten gibt, fragen zwar die wenigsten, weil nicht bezahlbar. Aber: Gibt es einen Balkon? Ist ein Spielplatz in der Anlage? Habe ich Blick ins Grüne? Kann ich in der Wohnung einen Schreibtisch fürs Home-Office unterbringen? Womöglich, sagt Kippes, wirke sich das vermehrte Arbeiten zu Hause mittel- und langfristig bei manchen auf die Wahl des Wohnorts aus: Wer nur noch einmal die Woche in die Firma kommen muss, könne auch weiter weg wohnen, dann fällt die Pendelzeit nicht mehr so ins Gewicht. Wobei, das betont Kippes auch: Noch seien überhaupt keine Karawanen von Umzugslastern raus aus München zu beobachten.

Schäfer, der selbst als Immobilienverwalter arbeitet, sieht für die Münchner Mieter immerhin einen Hoffnungsschimmer: "Irgendwann" werde es "auch in München" nicht mehr nach oben gehen. "Ich bezweifle, dass wir weiter steigende Mieten haben werden", sagt Schäfer. Ein Ende des Anstiegs täte dem Markt in München "vielleicht ganz gut". Allein, was ist "irgendwann"? Das sagt Schäfer nicht, bloß, dass er natürlich kein Hellseher sei, was wohl heißen soll: nicht zu früh freuen. Dass ein Mietenrückgang nicht völlig utopisch ist, zeigt sich in Ingolstadt: Dort sind, nach langer Zeit eines enormen Aufwärtstrends, die Preise für Wohnungen seit dem Frühjahr tatsächlich gesunken, nicht sehr, aber immerhin um zwei, drei Prozent. Kippes führt dies auf die Personalpolitik bei Audi in der Krise zurück.

Ein Marktforscher schaut nicht nur zurück, er wagt auch einen vorsichtigen Ausblick. Weil die Stadt München, um Mieter und Milieu zu schützen, wohl auch künftig die Flächen mit Erhaltungssatzungen ausweiten werde, vor allem innenstadtnah, könnte sich dies auf die Bewohner am Stadtrand auswirken - mit dann dort steigenden Preisen.

Besorgt und enttäuscht ist Stephan Kippes beim Blick auf die Kurve der Baugenehmigungen: Die sinke seit 2017 kontinuierlich. Die städtischen Statistiker hingegen haben in dieser Woche ganz aktuelle Zahlen veröffentlicht, die auf eine Trendumkehr hindeuten könnten: Die Zahl der genehmigten Wohnungen ist demnach in den ersten drei Quartalen 2020 um 5,5 Prozent gestiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum - auf gut 7600 Einheiten. Und die Zahl der fertiggestellten Wohnungen gar um gut 27 Prozent auf knapp 6800. Im ganz frischen Statistischen Jahrbuch findet sich auch eine Antwort auf die aktuellen Wohnungsgrößen: gut 71 Quadratmeter groß sind jene knapp 11 000 Wohnungen, die 2019 genehmigt wurden.

© SZ vom 18.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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