Als Irene Miziritska die Bühne betritt, ist alles schon gesagt, könnte man meinen. Politiker haben ihre Solidarität mit Israel bekundet und dessen Vorgehen im Gazastreifen verteidigt, der US-Generalkonsul zum Kampf gegen Antisemitismus aufgerufen. Dann aber geht Irene Miziritska ans Mikro, sie ist Mitglied der "Werteinitiative jüdisch-deutsche Positionen". Vor ihr wehen viele israelische Fahnen, Menschen halten Plakate mit Fotos der Hamas-Geiseln in Händen, und die junge Frau sagt, dass sie eigentlich in einem Hörsaal der Uni in Be'er Sheva sitzen sollte, Münchens israelischer Partnerstadt. Von ihrem Auslandssemester blieben nur zwei Wochen. In der ersten Woche fröhliches Feiern, in der zweiten Raketenalarm, Bunker, Tränen. Das Erste, was sie von ihrer Uni mitbekommen habe, war ein Trauerschreiben, darin die Namen von Studierenden und Professoren, Opfer des Hamas-Massakers am 7. Oktober. Insgesamt 23 Namen liest sie vor. "Wir sind uns auf dem Campus nicht begegnet und wir werden es auch nicht mehr."
Es ist keine der üblichen Kundgebungen am Sonntagnachmittag vor der Feldherrnhalle. Keine Sprechchöre, keine Musik und kaum Plakate, dafür viele weiß-blaue Flaggen mit Davidstern. 1000 Menschen sind gekommen zu dieser leisen Versammlung, zählt die Polizei. Die Reden werden nur unterbrochen von mitunter lautem Beifall. Die politischen Botschaften und Forderungen sind klar: Solidarität mit Israel, Kampf gegen Terror, Hass und Antisemitismus. Organisiert hat die Kundgebung Sophie Griesbacher von der Partei Volt.
CSU-Ministerin Melanie Huml stellt weitere Hilfsgelder an Palästinenser in Frage. Ihr Minister- und Parteikollege Georg Eisenreich plädiert dafür, die Werbung für Terrororganisationen wieder unter Strafe zu stellen, und auch Sprüche wie "From the river to the sea", mit dem das Existenzrecht Israels bestritten werde.
Dominik Krause von den Grünen hat seinen ersten öffentlichen Auftritt als neuer Zweiter Bürgermeister. Zwar werde die Solidarität mit Israel als Staatsräson von der politischen Spitze gelebt, sagt er, aber die Bevölkerung dabei mitzunehmen, habe man in den vergangenen Jahren versäumt. Es gebe eine "Leerstelle" in Deutschland: das rudimentäre Wissen über den Staat Israel und seine Geschichte. Diese Unkenntnis mache es Terrorpropaganda und Israelfeinden leicht. "Die stärkste Waffe gegen Propaganda ist Wissen."
Deutlich kritisiert Krause die Bundespolitik, die sich zu oft auf den Standpunkt stelle: "Beide Seiten haben irgendwie Unrecht." Das sei schon immer "absurd" gewesen, jetzt sei es "besonders perfide". Dass sich Deutschland bei der jüngsten Abstimmung über eine UN-Resolution, in der Israel zu einer Feuerpause aufgefordert wird, enthalten habe, sei "beschämend". Deutschland hätte mit Nein stimmen müssen, um sich klar auf die Seite Israels zu stellen, das sich selbst verteidige.
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Ludwig Spaenle (CSU), Antisemitismusbeauftragter der Staatsregierung, thematisiert indirekt, was vor allem im Vergleich zu den Pro-Palästina-Demos des Vortages auffällt: Am Samstag gingen etwa 7000 Menschen auf die Straßen; im Vergleich dazu ist die Pro-Israel-Kundgebung klein. "Wo sind die anderen?" fragt Spaenle und ruft denen zu, die nicht da sind: "Wacht auf!"
Dann wendet sich Irene Miziritska auf, die in Be'er Sheva studieren wollte, mit einer Frage an jene, die pro Palästina demonstrierten. "Wir weinen auch um eure Kinder, wenn sie von Hamas als Schutzschilde missbraucht und getötet werden. Warum weint ihr nicht um unsere Kinder, die von Hamas-Terroristen entführt, getötet, enthauptet werdet?" Man müsse nicht politisch sein, um Terror zu verurteilen, "es reicht, menschlich zu sein".
Israel kämpfe als einzige Demokratie im Nahen Osten "auch für uns alle, für den Westen und alle liberalen Gesellschaften". In gut einem Monat ist Chanukka, das Fest des Lichts und der Wunder, sagt Irene Miziritska: "Das Licht wird siegen über die Dunkelheit."