Benefizlauf auf dem Altstadtring:Ein Sieg noch vor dem Startschuss

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Geschätzt 10 000 Teilnehmer folgten dem Aufruf von Till Hofmann vom Kulturzentrum Bellevue di Monaco. (Foto: Stephan Rumpf)

Tausende Menschen laufen am Sonntag beim zweiten "Giro di Monaco" mit. 125 000 Euro Spenden kommen zusammen - noch bevor es richtig losgeht.

Von Joachim Mölter

Es kommt nicht so häufig vor, dass jemand sein Ziel schon erreicht hat, ehe er überhaupt an den Start geht, und noch seltener schafft er das dann sogar im Schlaf. Dem Kulturmanager Till Hofmann ist dieses Kunststück gelungen mit dem "Giro di Monaco". 125 000 Euro an Spenden für diverse Geflüchtetenprojekte seines Kulturzentrums Bellevue di Monaco hatte Hofmann mit dem Benefizlauf einsammeln wollen - "die hatten wir heute Nacht erreicht", resümierte er leicht verschwitzt am Sonntagmittag. Da war Hofmann auch in sportlicher Hinsicht am Ziel angelangt, nach einer Runde zu Fuß über den Altstadtring, inmitten tausend anderer Läufer.

Wie bei der Premiere des "Giro di Monaco" im vorigen Jahr, war der Altstadtring erneut für ein paar Stunden komplett für den Autoverkehr gesperrt, solange dort eben die Läufer unterwegs waren. Mehr als 10 000 Menschen mögen mitgerannt, -gejoggt, -gewalkt oder auch einfach nur -gegangen sein, schätzte Hofmann. Rund 6000 hatten sich vorher angemeldet und gespendet; wie viel, war jedem selbst überlassen. 6000 zahlende Teilnehmer waren aber in jedem Fall schon mehr, als Hofmann T-Shirts hatte drucken lassen, himmelblau mit den von Olympia 1972 bekannten Pastellfarben und dem Aufdruck "Giro di Monaco - Run for Peace", Lauf für den Frieden. Die T-Shirts, bei gewöhnlichen Straßenläufen so etwas wie eine Teilnahme-Urkunde, reichten beim Münchner Giro nur für 4000 Läufer.

Viele kamen deshalb auch im Sinne der Nachhaltigkeit in den dunkelblauen Leibchen, die es im vorigen Jahr bei der Premiere gegeben hatte. Die meisten Läuferinnen und Läufer trugen freilich, was sie wollten, eine Frau sogar ein Clownskostüm. So entstand ein buntes Miteinander. Auch das war ja ein Ziel des Giro di Monaco gewesen: alle möglichen Leute mit allen möglichen Biografien zusammenzubringen.

Auf der Bühne spielte die Band Dreiviertelblut ... (Foto: Stephan Rumpf)
... auf der Straße liefen die Läufer ... (Foto: Stephan Rumpf)
... und auch der ein oder andere Clown wurde gesichtet. (Foto: Stephan Rumpf)

Wie es sich für einen Lauf für den Frieden gehört, fiel kein Schuss als Startsignal - Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zählte den Countdown an der Startlinie Ecke Blumenstraße/An der Hauptfeuerwache einfach herunter. Reiter hatte die Läufer vorher noch ermahnt: "Das ist kein Rennen, lasst euch Zeit!" Was natürlich gerade bei Kindern auf taube Ohren stieß: Da sprinteten einige los, als wäre das Ziel schon am Sendlinger Tor und nicht erst nach rund fünf Kilometern.

"Das war doch länger, als ich gedacht hatte", erinnerte sich Münchens Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) vor dem Start an die Premiere vor einem Jahr. Sie war damals schon dabei und machte sich nun wieder auf den Weg, an der Spitze des Starterfeldes. Der Erste im Ziel war dann freilich ein Parteifreund, der Stadtrat Florian Schönemann. Der 35-Jährige hatte etwa 16 Minuten für den Rundkurs gebraucht und dabei keine Abkürzung genommen, wie er glaubhaft versicherte. Schönemann war vor zehn, zwölf Jahren ein erfolgreicher Mittelstreckler für die LG Stadtwerke München mit einer 3000-Meter-Bestzeit von 8:43,83 Minuten.

Der Giro di Monaco habe ihn wieder zum Training motiviert, sagte Schönemann: "Man will sich ja keine Blöße geben, man hat ja doch noch ein bisschen Ehrgeiz." Aber im Grunde laufe er nur zum Spaß, "und wenn man den noch mit einer politischen Botschaft verbinden kann, ist er umso größer". Die Botschaft des gemeinsamen Laufens beim Giro ist ja, "ein starkes Zeichen gegen Krieg und Vertreibung zu setzen", wie es auf der Homepage von Bellevue di Monaco heißt.

Auch der Kabarettist Willy Astor war wie im Vorjahr dabei, "ich habe in meiner Wohnung einen Läufer liegen", scherzte er vor dem Start auf der Bühne eines Doppeldecker-Busses, "auf dem bin ich immer hin- und hergerannt und habe trainiert". Er habe tatsächlich für den Giro trainiert, bekannte er später im Ziel, allerdings natürlich im Freien, täglich drei, vier Kilometer, noch vor dem Frühstück: "Ich war schon immer ein Läufer, ich brauche das zum Wachwerden."

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Es waren aber nicht nur Prominente mit von der Partie, sondern tatsächlich auch Geflüchtete, "Refugee Runner", wie auf den hellgrünen Trikots stand, mit denen eine Gruppe von etwa 15 Teilnehmern in der Masse auffiel. Sie gehören zu einem Projekt namens TRIGG - eine Abkürzung für Traumapädagogische Intensiv-Gruppe für Geflüchtete - und werden im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen betreut. Dank einer Kooperation mit dem Bellevue di Monaco kommen die "Refugee Runner" einmal in der Woche zum gemeinsamen Laufen nach München. "Wenn man den ganzen Tag nichts zu tun hat, geht alle Energie in die Gedanken im Kopf", erklärt der Tutor Laurin Schulte die Idee, "in dem Moment, in dem man sich bewegt, wird der restliche Körper wieder mehr durchblutet und der Kopf wird freier."

Die meisten Teilnehmer hatten freilich keine schweren Gedanken mit sich zu schleppen, sie trabten locker über den Asphalt. Als sie am Viktualienmarkt auf die Zielgerade einbogen, hatten viele ein seliges Lächeln im Gesicht und erstaunlich viele sogar noch die Kraft für einen energischen Endspurt. Im Ziel wartete nebst Getränken und Obst dann noch ein Rahmenprogramm mit Livemusik. Nach dem Laufen stand für viele deshalb noch Tanzen auf dem Fitnessprogramm.

Till Hofmann sah das alles mit großem Wohlgefallen. Ursprünglich hatte er mit seinem Team den Giro di Monaco ja organisieren wollen, um mit den Spenden den Dachsportplatz auf dem Bellevue di Monaco in der Müllerstraße zu finanzieren. Dann verhinderte die Corona-Pandemie die Laufveranstaltung, das Geld für das Dachprojekt kam anderweitig zusammen. Den Lauf über den Altstadtring wollte Hofmann freilich nicht abschreiben, im vorigen Jahr bot der Krieg in der Ukraine einen neuen Anlass. Und die Corona-Maßnahmen waren inzwischen auch gelockert worden. Die ersten beiden Auflagen haben Hofmann bestärkt: "Jetzt wollen wir das jedes Jahr machen."

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