Kultur in München:Architekten-Streit über Umbau des Gasteig beigelegt

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Die Ursprungsarchitekten haben Urheberrechte an dem Gebäude und hätten eventuell gegen einen Umbau vorgehen können. Bleibt nun die Frage, ob ihn sich der Stadtrat in dieser Form leisten mag.

Von Susanne Hermanski und Michael Zirnstein, München

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Bis zu 450 Millionen Euro könnte das neue Kulturzentrum kosten. Angesichts der Corona-Sparzwänge erwägt die Stadt nun offenbar, auf ein Modell umzuschwenken, mit dem sie in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht hat.

Von Heiner Effern und Michael Zirnstein

Der Urheberrechtsstreit um die Gasteig-Sanierung ist beigelegt, die Planung liegt im Budget und somit unter der gedeckelten Summe von 450 Millionen Euro, von der Grundsubstanz des Baukörpers können 80 Prozent erhalten werden, und die Bauarbeiten auf dem Interimsgelände bewegen sich allen Widrigkeiten zum Trotz exakt im Zeitplan. Das sind die guten Nachrichten in diesen Tagen der Corona-Krise, die auch zur großen Krise der wichtigsten Kulturprojekte Münchens zu werden droht.

Stadträte quer durch die Parteien haben in der vergangenen Woche Zweifel angemeldet, ob man sich die Gasteigsanierung noch werde leisten können, wenn die Stadt bedingt durch den Lockdown und dessen wirtschaftliche Folgen weniger Einnahmen hat. Die erste Tagung des neuen Aufsichtsrats der Gasteig München GmbH wurde deshalb mit besonderer Spannung erwartet. Neu im Vorsitz ist Katrin Habenschaden (Grüne), die als Zweite Bürgermeisterin auch das Amt der Kulturbürgermeisterin bekleidet. Geschäftsführer Max Wagner und sein Team präsentierten den aktuellen Planungsstand, der gemeinsam mit dem beauftragten Architekturbüro von Gunter Henn ausgearbeitet worden ist. Im Herbst, so die Empfehlung, solle der aktuelle Stand dem Stadtrat zur Abstimmung vorgelegt werden.

Nicht zur Sprache gekommen ist ein Punkt, der Ende 2018 noch für helle Aufregung gesorgt hatte: Die Ursprungsarchitekten des Gasteig - Eike Rollenhagen, Gerd Lindemann, Günter Grossmann und Carl F. Raue - haben Urheberrechte an dem Gebäude und könnten in der Folge eventuell gegen einen Umbau vorgehen. Der Streit darum ist beigelegt. Das hat Peter Raue, der Sohn des verstorbenen Carl Raue, der Süddeutschen Zeitung bestätigt. Der bekannte Medienanwalt hat für die Architekten die Verhandlungen mit der Stadt und Max Wagner geführt. Man habe sich verglichen und eine finanzielle "Entschädigung für die potenzielle Urheberrechtsverletzung" akzeptiert. Die Stadt habe "eine schöne Sensibilität" im Umgang mit den künstlerischen Aspekten des Gebäudes an den Tag gelegt", sagt Raue. Er wünsche dem Projekt, dass die Münchner, nun wo man sich für den Umbau entschieden habe, "den Weg auch ganz gehen". "Denn zu einer Entstellung käme es nur, wenn das, was herauskommt, keine Verbesserung des bisherigen darstellt."

Katrin Habenschaden erklärte der SZ nach der Aufsichtsratssitzung: "Mein Ziel als Vorsitzende ist, den Sanierungs-Prozess und den Umzug ins Interimsquartier nach Sendling konstruktiv zu begleiten. Im Stadtrat liegt im Herbst dann die Entscheidungshoheit über das weitere Vorgehen." Ihr Kollege im Aufsichtsrat, Manuel Pretzl (CSU), sagte im Hinblick auf die Vorarbeit der Planer: "Die haben einen sehr guten Job gemacht. Die Vorgaben sind eingehalten. Die Frage ist nur, ob sich der Stadtrat in der gegenwärtigen Situation den Gasteig in dieser Form leisten mag."

So imposant Klaus Peter Rupp (SPD) den Entwurf auch findet, jetzt müsse man sich vertieft die einzelnen Punkte anschauen. "Wir wollen keine Kostenexplosion", sagte er, "vor dem Hintergrund der Pandemie muss man Investitionen generell hinterfragen." Das sei aber "kein Aufschrei", beim Gasteig laufe alles seinen Gang. Florian Roth (Grüne) gefielen besonders die schönen Perspektiven am Henn-Entwurf, "die Ausblicke auf die Stadt". Aber Roth betont, die politische Großwetterlage werde nicht im Aufsichtsrat bestimmt. "Unsere Fraktion war immer für die große Sanierung des Gasteig", sagt er. Er wolle sich aber "die Gesamtlage anschauen". "Falls der Freistaat wirklich Zweifel hat bei seinem Konzertsaal im Werksviertel, appelliere ich dringend dafür, dass sich Stadt und Freistaat an einen Tisch setzen." Dann könnte man eine Drillingslösung diskutieren, "also die gemeinsame Nutzung von Herkulessaal, Philharmonie und dem Interimssaal in Sendling".

© SZ vom 01.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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