Steigende Kosten:Politik will Fernwärmepreise auf den Prüfstand stellen

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Die Rathauskoalition stellt den Energieträger-Index, der dem starken Anstieg zugrunde liegt, infrage. Die Fraktionen planen aber auch, hilfsbedürftigen Familien unter die Arme zu greifen.

Von Heiner Effern

Die Rathauskoalition will hilfsbedürftige Familien in München unterstützen, die durch die explodierenden Fernwärmepreise in finanzielle Bedrängnis geraten. Die Fraktionen Grüne/Rosa Liste und SPD/Volt wollen zudem mehr Transparenz und Klarheit von den Stadtwerken München (SWM) als einzigem Anbieter, wie die Steigerung zustande kommt. Der Arbeitspreis für Fernwärme hat sich innerhalb eines Jahres verdreifacht. Einem durchschnittlichen Haushalt könnte eine Verdoppelung der jährlichen Kosten von 1304 auf 2273 Euro drohen, rechnete die Fraktion Die Linke/Die Partei in einer Anfrage an die Stadt vor.

Eine "enorme Sprengkraft" hätten die steigenden Energiepreise allgemein, sagte SPD-Stadtrat Christian Köning. Diese dürften nicht zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft beitragen. Die Stadt habe schon ein erstes Hilfspaket auf den Weg gebracht, das vom 1. Juli 2022 an greifen soll. Profitieren könnten 17 500 Münchner Haushalte, sagte Köning. Sollte sich die Situation durch weitere Preissteigerungen wie nun bei der Fernwärme verschärfen, "dann werden wir nochmal nachlegen". Das versprach auch Dominik Krause, Fraktionsvize der Grünen. Man müsse einkommensschwache Haushalte unterstützen, weil man nach Auskunft der Stadtwerke bei den Preisen kaum etwas machen könne.

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Offensichtlich hat die städtische Tochter die Koalition vorbereitet, dass mehr als hunderttausend Münchner Haushalte bald mit stark steigenden Fernwärmepreisen rechnen müssten. Auf Anfrage der SZ hatten die SWM Ende vergangener Woche darauf verwiesen, dass die Rohstoffpreise daran schuld seien, die man "nicht selbst beeinflussen" könne. Diese Auskunft habe auch die Stadtpolitik bekommen, sagte Grünen-Stadtrat Krause. Die SWM argumentierten mit "klaren gesetzlichen Regelungen", denen sie bei der Preisgestaltung unterworfen seien.

Der Index, den die Stadtwerke zur Ermittlung ihres Fernwärmepreises heranziehen, enthält offenbar ausschließlich die fossilen Energieträger Gas, Öl und Kohle. Nicht nur Linken-Stadtrat Stefan Jagel fragt sich, warum nicht auch die Geothermie und das Verbrennen von Müll und Klärschlamm eingerechnet wird. Denn in der angewandten Kraft-Wärme-Kopplung wird nicht nur Strom produziert, sondern auch Wärme. Die Grünen und die SPD wollen jetzt bei den Stadtwerke nochmals nachhaken, ob es nicht doch einen Spielraum bei der Preisgestaltung der Fernwärme gibt.

An der Spitze des Aufsichtsrats kann der Oberbürgermeister Ansagen machen

"Das müssen wir uns ganz genau anschauen, auch im Aufsichtsrat", sagte SPD-Stadtrat Köning. An der Spitze steht mit seinem Parteikollegen Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) der Mann, der als Vertreter des alleinigen Eigentümers, nämlich der Stadt, eindeutige Ansagen vorgeben könnte. Auch die Grünen sehen noch Bedarf an Nachbesserung. Insbesondere bei der Kommunikation der Preiserhöhungen an die Münchner Bürgerinnen und Bürger sieht Krause Potenzial. Die mangelnde Transparenz habe "viel Unmut" ausgelöst, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende: "Ich verstehe nicht, warum man das nicht besser erklärt."

Dass die Stadtpolitik an den steigenden Preisen noch viel drehen könne, glaubt er eher nicht. Er fürchtet vielmehr, dass auch die Menschen, die auf Gas angewiesen sind, mit weiteren Anstiegen rechnen müssten. Neben dem Abfedern in sozialen Notlagen sieht Krause aber noch einen Punkt, bei dem die Politik reagieren müsse: beim Dämmen und damit Energiesparen bei den Gebäuden in der Stadt. Eine zentrale Reaktion auf die Energiepreise müsse deshalb sein: "Sanieren, sanieren, sanieren."

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