Corona-Lockerungen:Das Lachen auf den Spielplätzen ist zurück

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Seit Mittwoch sind das Klettern, Schaukeln und Toben auf den Spielplätzen nicht mehr verboten. (Foto: Robert Haas)

Wochenlang waren die Spielplätze gesperrt. Jetzt sind sie wieder geöffnet, aber so richtig ausgelassen geht es dort noch nicht zu - viele Eltern sind lieber vorsichtig.

Von Laura Kaufmann, München

Paula konnte gestern Mittag nicht einschlafen. So sehr hatte sie sich über die Nachricht gefreut, dass die Spielplätze wieder öffnen. Jetzt sitzt die Dreijährige, Schlammhose gelb, mit ihrer kleinen Schwester Ines, Schlammhose rot, auf den Schaukeln. Ines will von ihrer Mutter Nina Hardwig gedreht werden, damit die Schaukel beim Lösen der Ketten lustig herumwirbelt. "Wir sind gleich nach dem Frühstück aufgebrochen, damit noch nicht so viel los ist", sagt Nina Hardwig. Der erste anvisierte Spielplatz war noch abgeriegelt, der nebenan war ihr zu gut besucht. Also ist sie auf den Kinderspielplatz im Hypopark gekommen. Eine kleine Grünanlage in Haidhausen, dem bei Familien so beliebten Viertel, in dem sich Spielplätze aneinanderreihen wie die Kastanienbäume im Hofbräukeller-Biergarten.

Mehr als 750 Spielplätze gibt es in der ganzen Stadt, in Haidhausen müssen grob geschätzt 749 davon angesiedelt sein. Hier ist es das Erste, was beim Streifzug durch die Straßen morgens auffällt: Die Kindergeräusche sind wieder da. Und jetzt, wo sie wieder da sind, fällt auf, wie unheimlich still es ohne sie war. Es lacht und ruft aus Dreikäsehochkehlen, aus den Kita-Spielplätzen in Höfen, auf den Spielgeräten zwischen den Häusern und auf den Grünanlagen, die wochenlang abgesperrt waren. Eine Geräuschkulisse, die Ausgelassenheit verspricht. Aber mit der Ausgelassenheit ist es nicht allzu weit her. Noch nicht. Zumindest bei den größeren Menschen.

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"Ein Mädchen aus dem Kindergarten", sagt Nina Hardwig, ihre Tochter Paula im Auge behaltend, die sich gerade mit einer Freundin unterhält. Was jetzt? Dazwischenspringen und die Dreijährigen auf Abstand zerren? Nicht wirklich praktikabel. Was Paula mehr vermisst hat als den Spielplatz, sind die gleichaltrigen Kinder, erzählt ihre Mutter. Ines, eineinhalb Jahre jünger, hat sich hingegen über mehr Zeit mit der großen Schwester gefreut. Geschwister eben.

Es ist ein vorsichtiges Herantasten für die meisten Eltern. Wie ein Bein zu benutzen, das gerade noch eingeschlafen war. Kribbelt es zu sehr oder geht auftreten schon wieder? Die Frühlingssonne scheint nach unwirtlichen Tagen bekräftigend, als wolle sie noch mehr Menschen hinaus und auf die Spielplätze locken. Zögerlich folgen die ersten, ein großer Ansturm ist es nicht. Die Menschen blinzeln in die Sonne, als wäre es der erste schöne Tag nach einem fünf Jahre langen Winter. Laster mit der Aufschrift "Baureferat Gartenbau" fahren zwischen den Spielplätzen umher und lassen die unheimlichen Stillleben der wie Tatorte mit Absperrbändern umwickelten Rutschen verschwinden, während die Sonne langsam das Gras erwärmt. Arbeiter entfernen Verbotsschilder, schneiden Unkraut zurück und werfen alte Äste und Gestrüpp auf die Wägen. Als wäre alle Belastung aufgehoben. Kitschiges Happy End mit Kinderlachen? "Wir waren jetzt sieben Wochen vorsichtig. Da muss man es nicht gleich herausfordern", sagt Nina Hardwig. "Das Virus ist ja nicht weg." Langsam wird es ihr zu voll auf dem Spielplatz.

Mugi Takai sitzt auf einer Picknick- Decke und liest Zeitung, seine beiden Mädchen toben mit dem Nachbarskind über die Wiese. Das Nachbarskind hat er mitgenommen, weil dessen Eltern im HomeOffice arbeiten. Mugi Takai hingegen ist Musiker, Geiger, wie auch seine Frau. Alle Engagements abgesagt. "Wir haben eine sehr intensive Zeit gehabt mit den Kindern, um es positiv zu sehen", sagt er. Manchmal haben sie aus dem Fenster Konzerte für die Nachbarn gespielt. Statt auf dem Spielplatz haben sie auf der Wiese hinter dem Hofbräukeller getobt, oder an der Isar. Takai gefällt es dort eigentlich besser als in der kleinen Parkanlage. "Aber die Mädchen kennen den Spielplatz sehr gut, er ist ihnen vertraut - das ist ein Stück normales Leben für sie."

Für Antonio Granziera, der seine breit strahlende Tochter Giulia auf einer Rundschaukel gen Himmel schubst, ist die Spielplatzöffnung vor allem wegen der anderen Kinder ein Segen. Seine Frau und er arbeiten Vollzeit. Um die Dreijährige in ihrer kleinen Wohnung ums Eck zu betreuen, haben sie sich im Home-Office in Vormittags- und Nachmittagsschichten eingeteilt. Granziera freut sich für seine Tochter, dass sie wieder Kontakt zu anderen Kindern hat.

Ein paar Spielplätze weiter hat Mina schon fertig geschaukelt. Mina ist drei Jahre alt und stolze Besitzerin eines grünen und eines roten Fahrrads, aber weil das grüne einen Platten hat, fährt sie heute mit ihrem roten spazieren. Und mit ihrem Vater Babou Bojhang. Auf dem Spielplatz am Johannisplatz haben sie die kurze Schaukel-Pause gemacht, weil Mina gerne schaukelt und dem Vater unterwegs eingefallen ist, dass man wieder darf. "Es fühlt sich trotzdem komisch an, den Spielplatz wieder zu benutzen", sagt Babou Bojhang. Mina hätte es eigentlich schön gerade, sagt er. Weil sie bald einen kleinen Bruder bekommt, ist ihre Mama schon im Mutterschutz und hat viel Zeit. Schaukeln geht wieder, das ist toll, aber worauf sich Mina noch mehr freut, sagt sie selbst: "Wir dürfen Oma und Opa im Garten besuchen und zu Hause!"

© SZ vom 07.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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