Prozess in München:Soldat verweigert Corona-Impfung - zu Geldstrafe verurteilt

Lesezeit: 2 min

Soldaten dürfen verpflichtende Impfungen nicht verweigern (Archivbild). (Foto: Marijan Murat/dpa)

Der Taktikoffizier wird mehrmals vergeblich zur Impfung aufgefordert. Nun steht er wegen Gehorsamsverweigerung vor dem Amtsgericht. Und die Bundeswehr prüft, ob sie den 27-Jährigen entlässt.

Von Susi Wimmer

Die Antworten, die Emanuel B. vor Gericht auffährt, klingen verschwurbelt, einstudiert: Er habe nie einen Befehl verweigert, der Strafbefehl sei unklar gefasst, es gehe um die Abgrenzung zwischen Corona-Impftermin und Corona-Impfung und so weiter. "Mir reicht das nicht", sagt schlichtweg Amtsrichter Kai Dingerdissen und verurteilt den suspendierten Bundeswehrsoldaten wegen Gehorsamsverweigerung zu einer Geldstrafe von 900 Euro.

Im Alltag spielt Corona längst keine große Rolle mehr, vor den Gerichten ist das Thema allerdings noch längst nicht aufgearbeitet. Mal geht es um Maskendeals, mal um Betrug mit Corona-Hilfen - oder, wie in diesem Fall, um Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr, die eine verpflichtende Impfung verweigert hatten.

Staatsanwältin Juliane Grotz ist in München zuständig für Strafsachen nach dem Wehrstrafgesetz. Zum einen, sagt sie, seien das unerlaubte Abwesenheiten von Bundeswehrangehörigen, Soldaten, die zwei bis drei Wochen der Dienststelle fernbleiben. Zum anderen verfolgt sie auch Gehorsamsverweigerungen, "und das sind zu 100 Prozent Soldaten, die eine Corona-Impfung verweigern".

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Zum Beispiel der 27-jährige Emanuel B. Er studierte an der Bundeswehruni Neubiberg und war zuletzt als Taktikoffizier im Gefechtssimulationszentrum tätig. Bis er vom Dienst suspendiert wurde. Seitdem darf er keine Uniform mehr tragen, erhält nur noch die Hälfte seiner Bezüge und wohnt im heimatlichen Elternhaus, wo er seine Zeit mit "Sport und Holzhacken" verbringt, wie er sagt.

Ende November 2021 wurde der Leutnant schriftlich darüber informiert, dass eine Covid-Impfung unter die Duldungspflicht falle, er einen Termin ausmachen müsse und diesen dem entsprechenden Vorgesetzten mitzuteilen habe. Laut Staatsanwältin Grotz reagierte B. nicht auf die Aufforderung, sodass ihm zum 6. Dezember ein Termin zugewiesen wurde. Am Tag der Impfung soll sich der Soldat krank gemeldet haben.

Wie sein damaliger Disziplinar-Vorgesetzter im Zeugenstand erklärt, habe er mit B. ein Gespräch im Büro geführt und ihm schriftlich einen neuen Termin zugeteilt. Es gab sogar zwei weitere Termine, zu denen Emanuel B. zwar im Impfzentrum erschien, jedoch die Aufklärungsblätter zur Impfung nicht unterschrieb und in der Folge seinen Impfstatus nicht meldete. Warum sich der 27-Jährige nicht impfen lassen wollte, darüber habe er kein Wort verloren, sagt der Zeuge.

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"In den vergangenen drei Jahren gab es 68 Entlassungen"

Ein Sprecher des Bundesministeriums der Verteidigung erklärt auf SZ-Anfrage, dass die Duldungspflicht für gewisse Impfungen eine militärische Besonderheit sei, die im Soldatengesetz verankert ist. Ziel der Impfpflicht bei der Bundeswehr sei es, "den Schutz der Einsatzbereitschaft des Individuums und der militärischen Gemeinschaft" vor der Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu gewährleisten. Soldaten wissen, dass bei einer Impfverweigerung die Entlassung droht. "In den vergangenen drei Jahren gab es 68 Entlassungen" wegen Covid-Impfungen, sagt der Sprecher.

Emanuel B., der ohne Anwalt erschienen ist, fordert für sich einen Freispruch. Staatsanwältin Grotz sagt, der Befehl sei ohne jeden Zweifel so formuliert gewesen, dass er sich impfen lassen solle, und nicht nur "einen Termin wahrnehmen". Soldaten müssten sich gegen viele Krankheiten impfen lassen, sagt Richter Dingerdissen im Urteil, "das weiß jeder, der zur Bundeswehr geht". Die nachhaltige Weigerung von B. könne er nicht nachvollziehen. "Dann müssen Sie halt Ihren Dienst quittieren und in der freien Wirtschaft arbeiten", gibt er B. mit auf den Weg. Die Bundeswehr wird jetzt seinen Fall prüfen und entscheiden, ob er entlassen wird.

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