Münchner Stadtrat:Debatte um Impfpriorisierung von Schülern

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Das Gesundheitsreferat arbeitet an einem Impfkonzept für weiterführende Klassen - eine wirklich schnelle Lösung ist aber nicht in Sicht. Und einige Stadträte haben auch Bedenken.

Sabine Buchwald und Heiner Effern, München

Sollen Jugendliche unter 18 Jahren sofort geimpft werden, oder müssen sie sich weiter anstellen, bis sie regulär an der Reihe sind? Die Münchner Stadtpolitik tendiert mehr zum Abwarten, doch es gibt auch Stimmen, die Schüler in Abschlussklassen unverzüglich impfen würden. Nur mit welchem Impfstoff? Deshalb zögert man wohl auch noch bei der Stadt. Immerhin aber hört man aus dem zuständigen Referat für Bildung und Sport, dass man sich mit dem Gesundheitsreferat verständigt hat.

Dort habe man mit der Entwicklung eines Konzepts zur Impfung der Schüler an den weiterführenden Schulen begonnen und werde dies zeitnah verfeinern. Das allerdings klingt nicht nach einer schnellen Lösung. Druck kommt diesbezüglich auch nicht aus dem Kultusministerium. Hier begrüßt man zwar jede Impfung als einen "Fortschritt im Kampf gegen die Pandemie", aber setzt sich offensichtlich nicht dezidiert für Impfmöglichkeiten für Schüler ein.

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Dass die Frage heftig diskutiert wird, liegt auch am Feodor-Lynen-Gymnasium in Planegg. Das hat in Kooperation mit einer Praxis alle Schülerinnen und Schüler über 16 Jahre und deren Eltern auf einen Schlag an diesem Freitag impfen wollen. Dies wäre am ersten Tag nach der Aufhebung der Priorisierung rechtlich nicht zu beanstanden gewesen. Doch das Gymnasium geriet samt den beteiligten Ärzten so unter Druck, dass der Termin abgesagt wurde. Unter den Kritikern befindet sich auch Landrat Christoph Göbel (CSU), der von "mangelnder Sensibilität" spricht.

Sein Parteikollege in München, CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl, zeigt dagegen für die Idee Sympathie, Schülerinnen und Schüler schneller dran zu nehmen. Man müsse sie in jedem Fall zügig impfen, "Abschlussklassen fast sofort", findet er. Die Jugendlichen und insbesondere deren Bildung hätten in der Pandemie enorm gelitten. Diese sei aber "zentral für die Zukunft", man müsse diese nun "bestmöglich garantieren".

Auch die SPD denkt in diese Richtung, macht aber wegen der derzeitigen Probleme beim Nachschub der Impfstoffe keine Hoffnung auf schnelle Reihen- oder Schulimpfungen. "Natürlich wäre es sehr wünschenswert, Schülerinnen und Schüler besonders in den Abschlussklassen sofort zu impfen und auch ihnen in naher Zukunft ein Stück Normalität zurückzugeben. Bei der derzeitigen Mangelverwaltung aber erscheinen uns weitere Priorisierungen wenig sinnvoll", sagte Fraktionsvorsitzende Anne Hübner.

Die kleinen Oppositionsfraktionen zeigen sich gegenüber einer Priorisierung dagegen weitgehend skeptisch. Die Frage bewege sich zwar in einem "Spannungsfeld", weil die Jugendlichen auf vieles verzichten mussten und sich nun wieder hinten anstellen sollen, sagte etwa Tobias Ruff, Fraktionschef von ÖDP, Freien Wählern und München Liste. "Aber ich warne davor, diese Diskussion zu eröffnen." Der Impfstoff für eine Priorisierung von Schulen sei nicht vorhanden, "soll man den von anderen abziehen, die Prio drei haben?" Bei Menschen bis 20 Jahren gebe es so gut wie keine Todesopfer.

Auch Stefan Jagel, Vorsitzender im Stadtrat von der Linken und die Partei, findet, dass der Staat sich darum kümmern müsse, dass zuerst vulnerable Gruppen geimpft würden. Die gebe es bei jungen Menschen aber "nicht in Massen". Solange nicht genügend Impfstoff für alle da sei, müssten sich junge Menschen gedulden. Das finden auch FDP und Bayernpartei. "Wenn wir jetzt die Schulen impfen lassen, wo die jungen Menschen kein sehr hohes Risiko haben, passt das nicht zusammen", sagte Jörg Hoffmann.

Die SPD im Rathaus möchte Jugendlichen unter 21 Jahren, die noch länger auf ihre Impfdosis warten müssen, als Ausgleich wenigstens das Leben außerhalb der Schule leichter machen. In dieser Altersygruppe sollen sich bei der derzeitigen Inzidenzlage im Freien bis zu fünf Personen aus fünf verschiedenen Haushalten treffen dürfen. Das sei "überfällig", sagte Stadträtin Lena Odell. Da die Stadt das nicht entscheiden kann, werde sich OB Dieter Reiter (SPD) dafür bei Land und Bund einsetzen, heißt es von der Fraktion.

© SZ vom 20.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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