Café Zeitgeist:Der Mutant unter den Lokalen

Lesezeit: 3 min

Urbaner Dschungel: Im Café Zeitgeist hängen Pflanzen von der Decke. (Foto: Stephan Rumpf)

Im Zeitgeist in der Türkenstraße kommt Urwald-Feeling auf. Das Lokal ist ein Frühstückscafé, aber noch viel mehr.

Von Thomas Balbierer

Claudia Wassenegger überlegt lange hin und her, wenn man sie fragt, mit welchem Wort sie ihr Lokal in der Münchner Türkenstraße beschreiben würde. "Café Zeitgeist" steht zwar an der Fassade und in der Speisekarte. "Aber es ist ja kein klassisches Café", sagt Wassenegger. Das Lokal hat von morgens bis spät in die Nacht geöffnet, es gibt Frühstück, Kuchen, Burger, Pasta, Cocktails. "Es ist auch keine Bar", denkt Wassenegger weiter laut nach. In Google wird das Lokal als "Bar & Grillrestaurant" geführt, aber auch das trifft es nicht wirklich. "Es ist kein richtiges Restaurant", sagt Wassenegger, noch immer per Ausschlussprinzip auf der Suche nach dem richtigen Begriff.

Viele Möglichkeiten bleiben nicht mehr, schließlich gibt die Gastronomin auf. "Es gibt keine Bezeichnung für diese Art von Gastronomie", sagt sie. "Ich nenne das Lokal immer meinen Mutanten." Na also.

Mutant, das trifft es in mehrfacher Hinsicht. Nicht nur weil das Café einst als Modeladen startete, wie Wassenegger erzählt. Als das Geschäft mit der Kleidung nicht mehr lief, wandelte die Inhaberin, die aus einer Gastro- und Hoteliersfamilie stammt, den Laden um: Seit mehr als zehn Jahren firmiert er als Café Zeitgeist.

Sophia Wassenegger, Tochter der Inhaberin, ist auch im Zeitgeist beschäftigt. (Foto: Stephan Rumpf)

An einen Mutanten fühlt man sich auch beim Blick in die Speisekarte erinnert: Da gibt es neben südamerikanischen, indonesischen oder amerikanischen Einflüssen auch bayerische Klassiker wie Weißwurst. Im Café kommt Urwald-Feeling auf: Stühle sind aus Bambus, Tische aus Holz und unter der Decke wuchern Hängepflanzen (leider nur aus Plastik).

Ein wenig sei das Konzept auch noch von skandinavischen Einflüssen inspiriert, sagt Wassenegger. Hier kommt alles zusammen. Wie in angesagten Cafés in Kopenhagen kann man sich im Zeitgeist nach eigenem Gusto und Hunger ein breakfast board mit drei, fünf oder sieben items zusammenstellen, eine Art Mutantenfrühstück also. Zur Auswahl stehen neben dem klassischen Brotkorb mit Butter und Marmelade zum Beispiel: Croissants, Rührei mit Kresse, Avocado mit Nüssen, Brie mit Preiselbeeren, Lachs mit Sahnemeerrettich, Serrano-Schinken mit Melone oder Mascarponecreme mit Blaubeerkompott (unbedingt als Frühstücksdessert einplanen).

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Das Image von Mutanten hat während der Corona-Krise stark gelitten, weil das tückische Virus durch Mutationen immer wieder neue, noch ansteckendere Formen annimmt, zuletzt als Omikron-Variante. Als Gast eines Cafés kann es einem allerdings nur recht sein, wenn Einrichtung und Speisekarte nicht irgendwo in der Zeit stehen bleiben, sondern sich unter neuen Einflüssen immer weiterentwickeln. Das ist ja das Wesen des Zeitgeists.

Die Frühstücksauswahl ist üppig. (Foto: Stephan Rumpf)

Was gibt es da und was kostet es?

Die vielfältige Frühstücksauswahl reicht von der hippen Açai Bowl mit Banane, Granola, Chiasamen, Kokos und veganer Milch (8,90 Euro) über das klassische Omelette mit Tomate, Ziegenkäse und Kräutern (8,90 Euro) bis hin zu Weißwürsten mit Senf und Breze (7,90 Euro) - man muss sich ja nicht immer dem Zeitgeist beugen. Besonders zu empfehlen ist, sich den Brunch in Form eines breakfast boards individuell zusammenzustellen. Je nach Hunger und Gruppengröße können drei (8,50 Euro), fünf (12,90 Euro) oder sieben (15,90 Euro) Kleinspeisen gewählt werden. Sie werden wie beim Tapas-Essen in Schüsselchen serviert, die man auf dem Tisch hin- und herschieben kann, sodass jeder mal probieren darf. Richtig gut schmeckt das Rührei aus frischen Eiern, die laut Speisekarte aus Freilandhaltung eines Hofes am Rande von München stammen. Beim Avocadobrot mit Lachs (10,80 Euro) wirkte die dünne Brotscheibe unter dem üppigen Topping aus Avocadocreme, Lachsscheiben und Tomatenstücken ziemlich überfordert.

Wen trifft man dort?

Studierende, Touristen, Arbeitskolleginnen, Freundescliquen. Die Zielgruppe, sagt Inhaberin Claudia Wassenegger, sei zwischen 20 und 35 Jahren alt. Doch selbst manche Seniorengruppe steuert das Zeitgeist gerne an, weil dort zum Kaffee nachmittags leckere Kuchen gereicht werden. Abends sinkt der Altersdurchschnitt wieder, wenn vermehrt Erfrischungsgetränke und Cocktails auf den Tischen landen.

Auch draußen sitzen die Gäste im Grünen. (Foto: Stephan Rumpf)

Was besonders auffällt

Man kann nicht reservieren, weder online noch per Telefon. Früher sei das noch gegangen, sagt die Chefin, doch immer wieder hätten Gruppen einen Tisch gebucht und seien dann nicht aufgetaucht, der Tisch blieb leer - zum Ärger von Gästen, die keinen Platz mehr bekamen. Deshalb lässt Wassenegger das jetzt sein, es laufe auch so super, sagt sie. Wer am Sonntag vor Weihnachten kurz nach 9 Uhr ins Zeitgeist kam, musste sich über eine Reservierung allerdings keine Gedanken machen: Das Lokal war fast leer und füllte sich erst kurz vor 10 allmählich. Auch Mutanten brauchen mal Ruhe.

Café Zeitgeist , Türkenstraße 74, 80799 München, Mo. bis Do. 9 bis 1 Uhr, Fr. und Sa. 9 bis 3 Uhr, So. 9 bis 0 Uhr.

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